Halle zwischen Rückbau und Zukunft - Ein Interview mit Experten

Was hat Halle, was andere Städte nicht haben? Warum gibt es in Halle zu wenig Parkplätze? Diese und andere Fragen zum Thema Wohnen in Halle beantwortete uns Wolfgang Berger, Justitiar beim Bauverein Halle & Leuna eG und Herr Möhner, Leiter Mitgliederservice der Halle-Neustädter Wohnungsgenossenschaft e.G.

Kulturfalter: Wo sehen Sie Halles Potentiale im Bezug auf Wohnungsqualität im Vergleich mit anderen Städten?

Wolfgang Berger: Halle hat eine sehr schöne Altstadt. Das hängt damit zusammen das Halle vom 2. Weltkrieg weniger betroffen war, als andere Städte. Dadurch hat Halle viele Gründerzeithäuser und ist so eines der größten Flächendenkmale Deutschlands. Dadurch gibt es in Halles viele geschlossene Wohnviertel, wie das Lutherviertel um den Johannesplatz oder auch die Gartenstadt Thaerviertel. Das sind Viertel mit bis zu 1000 Wohnungen.

Wolfgang Möhner: Halle ist eine Doppelstadt bestehend aus Alt- und Neubau. Im Westen sieht man soetwas nicht. Die Plattenbauten, die wir haben sind so schlecht nicht. Die Platte wird oft verteufelt, aber die haben alle einen Balkon, das hat man im Altbau nicht. Auch ist Halle Kulturhauptstadt, Uni-Stadt mit 18.000 Studenten und ein Ballungsgebiet mit Zukunft.

Was hat sich in der Stadt in den letzten Jahren am meisten verändert?

Wolfgang Berger: Es ist überall viel saniert worden, aber besonders natürlich in der Altstadt. Zu DDR-Zeiten wurde viel auf der grünen Wiese investiert, also in Halle-Neustadt oder die Silberhöhe, während in der Innenstadt Renovierungen nur notdürftig durchgeführt wurden. Auch wenn in diesen Vierteln auch investiert wurde, ist im Verhältnis gesehen in der Innenstadt am meisten geschehen und jetzt ist sie sehr ansehnlich und auf einem modernen Wohnstandard.

Wolfgang Möhner: Die sterilen Plattenbausiedlungen haben sich geändert. Halle ist sehr grün geworden,ist  freier und lichter. Gerade Neustadt wird man in 15 bis 20 Jahren nicht wiedererkennen. Die Politik fördert jetzt nicht mehr nur den Totalabriss, sondern mehr auch den Rückbau. Aus sechs Etagen werden drei Etagen. Es entstehen kleinere Häusergruppen, wenn diese fertig sind und mit einem neuen Dach versehen sind, erkennt man das nicht mehr als Plattenbau.

Halle wird als schrumpfende Stadt bezeichnet. Ist das ein Trend mit dem man Leben kann oder der umgekehrt werden muss?

Wolfgang Berger: Aus unternehmerischer Sicht muss dieser Trend umgekehrt werden. Viele arbeiten daran und versuchen es. Ich denke es geht vor allem über die Schaffung von Arbeitsplätzen. In Sachsen Anhalt sind wir da auf einem guten Weg. Wir müssen allerdings mit dem Leerstand leben. Es gibt die Förderung des Abrisses und darauf stellen wir uns ein, in dem wir abreißen. Das machen alle Unternehmen, die unter diese Regelung fallen. Grundsätzlich haben wir in Halle keinen Vermietermarkt, sondern einen Mietermarkt. Dies führt zu erheblichem Konkurrenzkampf der einzelnen Mitbewerber, der jeden dazu zwingt sich auf die Situation einzustellen. Das bedeutet, dass man sich auf bestimmte Zielgruppen einstellen muss. Das fängt an bei Familien mit Kindern an, geht über Studenten und Menschen mittleren Alters, die im Arbeitsleben stehen, bis hin zu Rentnern.

Wolfgang Möhner: Umkehren können wir diesen Trend nicht. Es wird in den nächsten Jhren weiter geben. Es wird aber irgendwann eine Bodenbildung geben. Im Jahr 20011/12 gewinnt die Abnahme durch den Geburtenknick noch einmal an Fahrt, doch wieviele Menschen einmal in Halle leben werden, das ist wie das Schauen in eine Glaskugel. Doch das ist ein Trend mit dem andere Städte auch leben müssen. Ein positives Signal ist aber, dass Halle weitaus weniger geschrumpft ist, als die Statistiken erwarteten.



Sind die Mietpreise in Halle im Vergleich zu anderen Städten niedrig oder hoch?

Wolfgang Berger: Halle ist zum Beispiel teurer als Leipzig. Das unterschiedliche Preisniveau ergibt sich aus den verschiedenen Situationen. Wird Wohnraum gefördert, gibt es für einen bestimmten Zeitraum eine Obergrenze, die ist momentan bei 4,60 Euro kalt. Hat man in den 90er Jahren im Paulusviertel 14 bis 16 Euro Kaltmiete gehabt, dann saniert, dann hat man mit einer Hochpreismiete kalkuliert und finanziert. Jetzt gibt es mehr Wohnungen als Nachfrage und dann sinken die Preise. Im Vergleich zu westlichen Städten ist es hier schon sehr günstig, auch wenn Leipzig noch ein wenig billiger ist.

Wolfgang Möhner: Das hängt natürlich immer mit der Lage zusammen. Im Vergleich zum Westen sind wir schon sehr günstig und das wird wohl auch eine Weile so bleiben. Erstens haben wir einen sehr harten Wettbewerb. Zweitens entwickelns sich die Einkommen moderat und drittens werden die Betriebskosten die zweite Miete werden. Deswegen wird die Kaltmiete absehbar moderat bleiben.

In Halle gibt es zwei Dauerbrenner: Parken und Straßenführung. Was muss in die Richtung getan werden?

Wolfgang Berger: Das sind die größten Probleme die schwer zu lösen sind, wenn es DIE Lösung gäbe, wäre die Stadt sehr dankbar und wenn man das nötige Kleingeld hätte, dann natürlich noch mehr. Aber DIE Lösung gibt es nicht. Die Eigentümer, die sanieren, stellen sich darauf ein und bieten oft Stellplätze an. Wir haben als Bauverein zum Beispiel ein Parkhaus in der Silberhöhe, eines im Lutherviertel in einem Hof. Außerdem sanieren wir gerade ein Parkhaus in der Pfännerhöhe. Das ist übrigens eines der ältesten Parkhäuser Europas. Es wurde von 1927-29 erbaut und steht unter Denkmalschutz. Mit Hilfe von Fördermitteln richten wir es wieder her und erhalten den Charakter des Gebäudes.

Wolfgang Möhner: Einiges liegt an den Pförtnerampeln, die nur in die Stadt nur soviele Autos reinlassen, wie auch herausfahren. Aber der LKW-Verkehr hat abgenommen und wenn die Westumfahrung fertig ist, dann wird es bestimmt noch besser. Aber die Stadt hat sich da viel Mühe gegeben. Was bestimmt helfen würde, wäre wenn nicht soviele Sachen parallel gebaut werden, aber soetwas wissen die Planer auch und das kann man nicht immer perfekt koordinieren. Aber die Planer vom Riebeckplatz hatten das schon sehr gut im Griff.

Gibt es Gründe für die Parkplatzarmut in Halle?

Wolfgang Berger: Halle ist eben nicht zerstört worden. Wir haben alte Bilder aus dem Jahr 1910. Da sieht man, dass im Lutherviertel drei Autos stehen. Als die Häuser zwischen 1850 und 1920 gebaut wurden, hat man einfach nicht an solch einen Verkehr gedacht.

Wolfgang Möhner: Ich weiß nicht, ob es die gibt. Wenn ich in die Innenstadt fahre, habe ich immer in einem Parkhaus einen Parkplatz gefunden. Nur kostenloses Parken, das geht nicht mehr, aber Parkplätze an sich gibt es meiner Meinung nach genügend.

Vielen Dank für das Gespräch.

(Martin Große, Kulturfalter)