Christoph Werner - Sie erliegen dem Zauber

Seit 25 Jahren ist Christoph Werner nun schon Intendant des Puppentheaters in Halle. Unter seiner Leitung formierte sich das Theater neu und ging große Koproduktionen mit den Wiener Festwochen oder dem Staatstheater Stuttgart ein. Zu seinem Jubiläum hat sich Kulturfalterredakteurin Elisa Schulz mit Christoph Werner getroff en und mit ihm über die letzten 25 Jahre gesprochen.

Kulturfalter: Mit 17 hat man noch Träume, heißt es. Was war Ihr Berufswunsch mit 17?
Werner: Da waren noch DDR-Zeiten. Da war man noch nicht so sehr auf Berufswünsche programmiert, sondern hat eher versucht das Machbare zu verstehen. Aber mit 17 wollte ich Nobelpreisträger für Literatur werden.

Kulturfalter: Wie sind Sie zum Theater gekommen?
Werner: Eigentlich wollte ich Schriftsteller werden. Dann wollte ich am Theater Bühnenarbeiter werden. Nur hat mich keiner genommen – nur das Puppentheater in Halle hatte eine Stelle frei. Nach einer Weile war ich auf einem Festival und hab die gesamte Szene des DDR-Puppentheaters gesehen. Als ich das sah, wollte ich das studieren.

Kulturfalter: Wie sind Sie dann wieder nach Halle ans Puppentheater gekommen?
Werner: Ich bin nach dem Studium nach Erfurt gegangen und habe inszeniert und gespielt. Die Hallenser sind dann nach Erfurt gekommen und haben mich gefragt, ob ich als künstlerischer Leiter arbeiten will. Meine Familie hat schon hier gewohnt und in Erfurt hatte ich sowie den Eindruck an ein
Ende gekommen zu sein. Somit bin ich dann zurück nach Halle gegangen.



Kulturfalter: Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag am Puppentheater in Halle?
Werner: Nein. Ich weiß nur noch, dass ich am Anfang kein Büro hatte. Also gar keins – nicht ein kleines, nicht ein hässliches, sondern gar keins. Damals hatten wir noch eigene Werkstätten und ich habe mir dann einen Schreibtisch in die Schneiderei gestellt.

Kulturfalter: Hätten Sie an Ihrem ersten Arbeitstag gedacht, dass sie noch 25 Jahre bleiben?
Werner: Nein, natürlich nicht. Über so etwas hab ich überhaupt nicht nachgedacht. Ich habe nicht über Geld nachgedacht, nicht über Zahlen, nicht über Zuschauer. Das war mir alles fremd. Ich hatte davon einfach keine Ahnung. Ich hatte in dem Beruf noch nicht so lange gearbeitet und  war noch recht grün hinter den Ohren. Was bedeutete, dass ich einfach dachte, wir müssen schöne Stücke machen. Und auf eine bestimmte Art, stimmt es ja auch.

Kulturfalter: Was ist das Besondere am Puppentheater für Erwachsene?
Werner: Ein Puppentheater für Erwachsene zu machen, ist anders als bei den Kindern. Den Kindern ist es egal ob da ein Mensch oder eine Puppe steht. Für sie ist das gleich. Erwachsen machen einen Unterschied. Sie wissen oder sehen, dass es Puppen sind und erliegen dann diesem Zauber der Animation.
Das Faszinierende ist, das alles gleichzeitig passiert. Ihre Wahrnehmung permanent herausgefordert wird. Damit zu spielen macht Spaß und ist ein unendlich weites Feld.

Kulturfalter: Hat sich das Publikum in den 25 Jahren verändert?
Werner: Ja – extrem. Es ist anspruchsvoller geworden. Es sind zwei Dinge die sich geändert haben. Zum einen war es anfangs ein junges Publikum.
Es waren viele Studenten, das bedeutet aber auch, dass wir davon nicht viele hatten. Mit „Dorian Grey“ änderte sich das. Jetzt sind wir in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Man geht in Halle in die Oper und ins Puppentheater.Wir gehören in dieser Stadt zum Bildungskanon der oberen Gesellschaft. Hier gehört es zum guten Ton ins Puppentheater zu gehen – das ändert vieles. Die Leute haben schon viel von uns gesehen und haben gewisse Erwartungen an uns.



Kulturfalter: Haben Sie heute noch Lampenfieber?
Werner: Ja! Na klar. Aber das ist mal mehr, mal weniger. Man lernt damit umzugehen.

Kulturfalter: Mit wem würden Sie gern mal ein Stück inszenieren?
Werner: Ich fi nde Christoph Waltz sollte nach Halle kommen und mitspielen. Oder Musiker, wie Annett Louisan. Vielleicht so ein bisschen wie eine Muppet-Show – da kommt ein Superstar und dann die Puppen drumherum.

Kulturfalter: Gib es besondere Herausforderungen für die Zukunft?
Werner: Oh ja. Viele. Wir werden versuchen mehr spartenübergreifend zu machen. Vielleicht mal mit dem Ballett, das haben wir noch nie gemacht. Mit dem Orchester würde ich gern mal etwas machen. Ich möchte gerne, wenn wir 70 werden, was gar nicht mehr so lange hin ist, dass die Puppen von Royal Deluxe durch Halle laufen. Das sind die zehn Meter hohen Puppen, die in Berlin an der Spree waren. Die hätte ich gern durch die Große Ulrichstraße bis runter zur Peißnitz-Insel laufen lassen. Dafür sollten dann bitte 500.000 Zuschauer in Halle sein. (lacht) Na gut, 200.000 reichen auch.

Kulturfalter: Welche Highlights kommen 2020?
Werner: Das darf ich natürlich noch nicht verraten. Jetzt kommt das „Geheimnis des alten Waldes“ zurück. Das haben wir über 100 Mal gespielt. Es hat alle Preise gewonnen, die man damals gewinnen konnte. Wir haben aber die Puppen noch und die werden nicht älter. Die Spieler sind auch
noch fast alle da. Wir wollen es jetzt noch einmal aufnehmen um zu sehen, was ist passiert in der Zeit – mit uns und mit dem Publikum. Dann soll es einen
zweiten Teil davon geben. Viele Sachen worauf man sich freuen kann.

Kulturfalter: Herr Werner, Danke für das Interview.