Das Schöne nach außen tragen

Zwei Männer haben in den letzten Jahren das kulturelle Bild von Halle entscheidend mitgeprägt. Der eine ist Rolf Stiska, welcher bis 2006 Generalintendant der Theater Chemnitz war. Als Gründungsgeschäftsführer der neuen Kultur-GmbH sollte er ab 1.1.2009 die Oper, Staatskapelle, das Thalia-Theater und die Kulturinsel mit ihren Spielstätten unter einem Hut vereinen und diese gemeinsam verwalten. Der GmbH-Gründung vorausgegangen war bereits die Fusion des städtischen Opernorchesters und der Staatskapelle Halle im vergangenen Jahr. Der andere ist Stefan Voß, welcher seit 1. August 2008 neuer Chef der Stadtmarketing GmbH in Halle ist. Bis dahin bekleidete der 42-Jährige seine derzeitige Stelle als Marketingleiter des Düsseldorfer Schauspielhauses. Kulturfalter führte beide Männer zu einem Gespräch zusammen. Das Treffen war auch gleichzeitig das erste Treffen der beiden Macher, welchem in Zukunft sicher noch viele folgen werden.

Kulturfalter: Was hat Sie beide neben der beruflichen Herausforderung bestärkt, nach Halle zu kommen?

Rolf Stiska: Ich habe mich umgeschaut und mich gleich wohlgefühlt und je mehr ich mir die Sache angeschaut habe, dachte ich mir, dass es notwendig ist, diese kulturelle Vielfalt zu erhalten und das ist eine reizvolle Aufgabe.

Kannten Sie Halle vorher?

Rolf Stiska: Nein, wirklich nur flüchtig. Für mich war Halle überwiegend negativ besetzt, ich war aber wirklich jedes Mal positiv überrascht und das muss man rüberbringen, gerade nach außen. Halle ist zwar nicht so negativ besetzt wie Chemnitz, aber eben doch. Hier gibt es Chemie und Dreck, aber das ist eben nicht alles. Es gibt viel Schönes in der Stadt und das muss man nach außen tragen.



Stefan Voß: Es gab natürlich viele Gründe. Ich hatte noch andere Angebote. Das Reizvolle an Halle war, dass die wichtige Aufbauarbeit schon getan war und man darauf wunderbar etwas weiterentwickeln kann.

Und warum Halle?

Stefan Voß: Ich war 1992 während meines Studiums für einen halben Tag in Halle gewesen. Damals war noch alles grau in grau. Wir waren auf den Spuren Martin Luthers hier. Bis dahin wusste ich noch gar nicht, dass Martin Luther eine Geschichte in der Stadt hat. Ich denke, das wissen viele auch jetzt noch nicht. Kurioserweise war das Einzige, was ich mit Halle verbunden habe, Genscher. Dass Genscher aus Halle kommt, hat mir erst mal klargemacht, dass es noch ein anderes Halle als das Halle in Westfalen gibt. Dass es hier aber noch viel mehr gibt, was es dann wieder auch nach außen zu tragen gilt, das finde ich ist eine reizvolle Aufgabe.

Hat Halles Kultur eine überregionale Wirkung? Womit kann Halle gegenüber anderen Städten punkten?

Stefan Voß: Echte Markenzeichen hat man nicht und das ist diametral zu dem, was man empfindet, wenn man einen Tag in dieser Stadt ist. Halle ist die heimliche Landeshauptstadt. Halle ist eine der wenigen richtigen Großstädte, die nicht im Krieg zerstört wurden. Aber darauf kann man aufbauen. Wir haben nächstes Jahr das Händeljubiläum mit der Schirmherrschaft des englischen Königshauses. Wir haben Martin Luther, mit dem man viel machen kann, auch wenn der Zug eigentlich schon lange abgefahren ist. Es gibt die Himmelsscheibe und sehr viel Archäologie. Vielleicht spricht man ja mal nicht mehr vom „Land der Frühaufsteher“, sondern vom „Dinoland“. Für all diese Vielfalt muss man Labels finden, die einzelnen Produkte stärken und auch das vorhandene Sammelsurium beenden.

Rolf Stiska: Ein Botschafter der Stadt zu sein, das funktioniert nur, wenn die einzelnen Träger mitmachen. In Halle ist vieles auseinandergedriftet. Einige Leute sind miteinander verzankt und reden nicht mehr miteinander. Es gibt kaum Gemeinsamkeiten, fast nur Konkurrenz. Aber zum Beispiel die Händelopern, die jedes Jahr gespielt werden, das ist schon eine gute Sache, die auch überregional wahrgenommen wird.



Herr Voß - Was für einen Beitrag zum Marketing würden Sie sich von der Kulturseite her wünschen? Stichworte: Events/Händelfest/Salzfest etc. – neue Sachen?

Stefan Voß: Wir müssen unsere Vielfalt mit Geschichten transportieren. Vielleicht, dass Tagungsgäste von Händel empfangen werden und zum Kongress gebracht werden. Die Kultur braucht ein Corporate Design, eine Fahrkarte, auf der alle mitmachen. Wir brauchen Qualität und die vermarkten wir dann gemeinsam. 

Rolf Stiska: Die Kultur kann auf vielen Wegen das Marketing unterstützen. Sei es, dass wir Gastspiele machen, dann sind wir immer Botschafter der Stadt. Die jährlichen Händelfestspiele tragen ebenso zur Bekanntheit der Stadt bei und und und... Aber wie schon vorhin gesagt, das Wichtigste ist das gemeinsame Auftreten.

Herr Stiska, Herr Voß, vielen Dank für das Gespräch!

(Martin Große, Kulturfalter Oktober 2010)






Das Schöne nach Außen tragen

  • Rolf Stiska, Gründungsgeschäftsführer der Bühnen Halles
  • Stefan Voß, Chef der Stadtmarketing GmbH