Opernintendant Florian Lutz: Nach Kontakt mit der Stadt suchen und die Leute begeistern

Mit einer Themenwoche unter dem Motto „Doppelgänger – Von Puppen, Menschen und Maschinen” feierte das Puppentheater Halle vom 24. April bis zum 4. Mai 2014 sein 60-jähriges Bestehen. Dabei wird das gewählte Thema erstmals in Kooperation mit wichtigen kulturellen und wissenschaftlichen Institutionen der Stadt Halle gestaltet. Kulturfalterredakteur Martin Große sprach mit dem Intendanten des Puppentheaters Christoph Werner im Vorfeld über die Festwoche.

Kulturfalter: Was sind ihre persönlichen Highlights im Festivalprogramm?

Christoph Werner: Das ist so, als ob Sie einen Vater fragen, welches seiner Kinder er am liebsten hat. Natürlich freue ich mich auf die Carlo Colla e figli und das Festkonzert, aber ich bin auch überaus gespannt auf alle Veranstaltungen der Leopoldina, auf die Ausstellungen und gestern habe ich die Filmtitel aus dem Werkleitz-Programm zum ersten Mal gesehen und auch das klingt alles sehr spannend. Also ich kann's nicht sagen.

Gibt es Produktionen, die man auch nach der Festwoche in Halle erleben kann?

Ja, "1000 und eine Puppe" werden wir in den regulären Spielplan übernehmen und natürlich laufen die Ausstellungen länger als eine Woche.

Viele Veranstaltungen finden drinnen statt, sprich die Kapazitäten sind begrenzt. Gibt es auch einen Programmpunkt für alle Hallenser?

Wir schenken der Stadt zur Walpurgisnacht und am 1. Mai ein Openairspektakel auf dem Hallmarkt. Die Pyromantiker aus Berlin verbinden poetisches Theater, Klamauk und Feuerwerk auf das Hinreißendste. Nicht verpassen! Der Eintritt ist frei!

Florian Lutz ist der Neue. Der Regisseur ist seit Herbst der erste Mann an der Oper Halle. Bekannt ist Lutz nicht unbedingt für seine Arbeit an einem festen Haus sondern vielmehr für seine Projekte an verschiedenen Bühnen, etwa dem HAU in Berlin, in Bonn, Dessau oder etwa Braunschweig. Besonders freut sich der neue Intendant auf die Interaktionen zwischen Stadt und Bühne. Kulturfalter-Redakteur Martin Große sprach mit dem Intendanten über seine Ideen, Projekte und vieles mehr…

Kulturfalter: Seit Jahren arbeiten sie als freischaffender Regisseur für ganz verschiedene Projekte an diversen Bühnen. Jetzt haben sie einen Job an einem Haus in einer Stadt – welches Gefühl überwiegt: Freude über das nun endlich feste Engagement oder der Druck wegen der lokalen Publikumserwartungen?

Florian Lutz: Einerseits ist es entlastend, wenn man einen festen Job hat und weiß: Man hat ihn für fünf Jahre, man kann längerfristiger planen, sich auch auf eine finanzielle Sicherheit und gewisse Kontinuität verlassen - gerade, wenn man aus der Perspektive eines freischaffenden Regisseurs reinwächst, der sich für jeden neuen Auftrag neu bewerben muss.

Also überwiegt die Freude?

Es ist künstlerisch eine tolle Perspektive, mehrere Jahre planen zu können, zu gucken, welche Projekte möglich sind und dann selber die Stücke auswählen und die Arbeitsbedingungen beeinflussen zu können. Das kann man als freischaffender Künstler sehr viel weniger als in leitender Position einer Institution. Gleichzeitig bringt natürlich jeder feste Job auch andere Zwänge mit sich, wobei die Tatsache, dass ich momentan 16 Stunden am Tag für die Oper Halle arbeite, nicht nur dem Status des festen Jobs geschuldet ist, sondern einfach auch, weil es faszinierend ist und es so viele tolle Herausforderungen und Aufgaben gibt.

Sie sind jetzt Künstler und Chef.

Nun, es ist eine super Möglichkeit, umfassend Kunst, Kultur und Musiktheater zu gestalten. Gleichzeitig muss man dazu sagen: Als Intendant der Oper Halle kann ich natürlich nicht alle Arbeitsbedingungen selber definieren. Erst einmal gibt es ein klar begrenztes Budget, eine begrenzte Arbeitszeit für alle beteiligten Mitarbeiter. Es gibt auch eine Grenze bei dem, was man selber hinkriegt und arbeiten kann. Aber die praktische Umstellung ist am Ende dann vielleicht doch gar nicht so groß: Auch als freischaffender Regisseur – wenn man in einem Projekt drin ist – arbeitet man oft rund um die Uhr – zumindest bis zur Premiere. Jetzt ist dieser Prozess kontinuierlicher.

Sie sprechen von „Arbeitsbedingungen“, „Budget“ und „Arbeitszeiten“. Sorgen Sie sich um zu große Einschränkungen in ihrer neuen Position?

Was heißt „Einschränkungen“? Die Grundlagen der Arbeit sind ein Stück weit durch äußere Bedingungen definiert – die Zahl der Mitarbeiter und die Höhe des Budgets sind ja Vorgaben, mit denen man umgehen muss. Gleichzeitig ist es natürlich faszinierend, mit einem neuen Blick von außen dazuzukommen und teilweise Sachen realisieren zu können, die weder hier in den letzten Jahren so stattgefunden haben noch an anderen Häusern, wo ich gearbeitet habe. Gerade das Eröffnungsfestival mit der "Raumbühne" kenne ich so von keinem anderen Haus in vergleichbarer Größe, und die Idee, die wir für die Eröffnung hatten, eben auch Ballett und Schauspiel und Orchester und freie Künstler und Performance-Gruppen einzuladen, in dem Eröffnungsfestival wirklich zwei Wochen fast jeden Tag mit einer neuen Premiere herauszukommen, das ist singulär für ein Opernhaus. Das ist eine Freiheit, die wir uns einfach genommen haben mit dem neuen Leitungsteam. Wir wollten zum Start etwas Außerordentliches und Spannendes machen.

Was sind Ihre Beobachtungen in den ersten Wochen in Halle: Wie ticken hier die Besucher?

Das Publikum ist sehr heterogen. Ich beobachte das, seit ich angefangen habe, mich hier vor fast zwei Jahren zu bewerben. So gibt es ein spezifisches Publikum für die Händelproduktionen. Da kommt dann auch ein großes, internationales Fachpublikum für Festspiele. Und weil in den letzten Jahren dabei immer weniger klassische Opern oder neue Musik auf dem Plan stehen, sondern eher Musicals gespielt wurden, gibt es da nun eine Art Laufkundschaft für die Musicals und solche Formate. Und es gibt hier ein klassisches Opern- und Operettenpublikum mit einem sehr treuen Stamm an Freunden, Förderern und Fans.  

Die Alteingesessenen, also das Stammpublikum, sind für Sie eine feste Säule?

Ja, dieser Stamm ist natürlich die Basis, also die Besucher, die in den letzten Jahren fast immer gekommen sind und die auch hoffentlich weiter kommen und für die wir auch eine Art zentrale Säule mit Klassikern im Spielplan haben. Doch das Problem ist, dass dieser Stamm in den letzten Jahren – wie in den meisten Theatern, die ich kenne – kontinuierlich geschrumpft ist. Da ist also diese immer älter werdende Klientel von Leuten, Besuchern, die traditionell in die Oper gehen, weil es eben üblich war und weil sie mit diesem Genre sozialisiert wurden und es kennen.

Nun aber wächst eine neue Generation nach, die ein sehr viel geringeres Interesse an Oper hat oder damit nicht so vertraut ist. Und dann ist da noch ein erstaunliches Phänomen: Nur wenige Studenten kommen in die Oper. Das aber wollen wir hinterfragen und ändern.  

Wie soll das passieren, wie wollen Sie die Oper für das junge Publikum öffnen, wie wollen sie Operngäste von außerhalb ins Haus locken?

Was gut funktioniert, sind Stücke für Kinder und Jugendliche. Das ist einer unserer Schwerpunkte. So haben wir an den Schulen bereits eine gewisse Stammkundschaft. Neben der weiteren Säule der Spielplanklassiker machen wir das sogenannte Bürgertheater und die Partizipationsprojekte zu einem Spielplanschwerpunkt. Da ist etwa „Spring Awakening“, das Rock-Musical nach Wedekinds „Frühlingserwachen“. Allerdings wendet es sich nicht nur speziell an ein jugendliches Publikum, sondern wirkt eben auch dadurch, dass die 24 Darsteller auf der Bühne selbst jugendliche Laien im Alter der Figuren sind. Sie bekommen ein knappes Jahr Tanz-, Schauspiel- und Gesangsunterricht, um dann am Ende an diesem Projekt mitzuwirken. Das sucht stärker nach Kontakt mit der Stadt und den Leuten und es begeistert auch für die große Bühne durch die eigene Mitwirkung. Das letzte Projekt dieser Art, „13“, war einer der größten Erfolge in den letzten Jahren.



Theater, an dem das Publikum teilnimmt, statt nur auf die Bühne zu starren?

Ja, die „partizipative Schiene“! Ein weiteres dieser Projekte ist das Luther-Kantatenprojekt. Wir arbeiten hier mit Laienchören, sangesbegeisterten Menschen der Stadt Halle durch alle Generationen von Kindern bis Rentnern, mit denen wir uns am großen Luther-Projekt der Oper Halle, das am 1. April Premiere haben wird, beteiligen: Die Staatskapelle als Orchester und Solisten aus unserem Ensemble sollen also zusammen mit einem großen Projektchor aus Laien auf der Basis von Bach-Kantaten ein Luther-Projekt auf die Bühne bringen. Anlass ist natürlich das Reformationsjubiläum. Das Tolle dabei ist, dass das dann nicht nur bei uns im Opernhaus gezeigt wird, sondern zum Kirchentag auch auf dem Marktplatz.

Bühnenarbeit mit Bürgerbeteiligung also?

Wir haben mehr als 100 Mitwirkende. Und das hat natürlich auch eine große Ausstrahlungskraft – gerade bei Leuten, die bisher eher nicht in der Oper waren. – Also wir haben diese beiden partizipativen Projekte, mit denen wir unmittelbar in die Stadt gehen und dabei mit neuen Leuten in der praktischen, künstlerischen Arbeit zu tun haben. Ebenso wichtig aber ist uns auch das neue politische Musiktheater, das sich nicht nur um Zeitgenossenschaft und Relevanz bemüht, sondern auch darum, neue Zuschauer anzusprechen – im studentischen oder bildungsbürgerlichen Bereich, in dem Leute eher ins Konzert gehen, weil sie Musik schätzen, oder ins Schauspiel gehen, weil sie die zeitgenössischen Themen schätzen.

Diese drei Formen sind die neuen Formate, an denen wir arbeiten, sozusagen „zeitgenössisches Musiktheater“. Wir als Oper Halle stehen jetzt schon – neben der Repertoire-Pflege – als Laboratorium für neue Stoffe und Musikformen.

Gibt es konkrete weitere Projekte, um auf aktuelle Geschehnisse einzugehen?

Das Projekt „Kein schöner Land“ entstand sehr kurzfristig aufgrund der Landtagswahlen und des Aufkommens der AfD, die propagiert, deutsche Werke sehen zu wollen, die Heimatgefühl ausdrücken sollen. „Kein schöner Land“ entstand mit einem riesigen Aufwand: deutsche Musik und deutsche Texte, aber so gegen den Strich gebürstet, dass wir uns auf die Reaktionen der neuen Parteien freuen und sie dazu einladen, mit uns ins Gespräch zu kommen. Spannend ist der Diskurs darüber, was an der deutschen Musik eigentlich national verortet ist. Musik war immer eine internationale Disziplin. Die Beeinflussung zwischen regionalen Werken ist und war immer massiv. Gibt es da überhaupt so etwas wie „deutsche Musik“? Und wenn ja: Was ist das? Aber das Stück ist klar eine Kampfansage gegen solche politische Strömungen.

Ein weiteres Projekt – „Das Kunstwerk der Zukunft“ – passiert im Operncafé, was ab jetzt bis spät in die Nacht für die Öffentlichkeit geöffnet ist und eine interaktive "Raumbühne" werden soll. An jedem ersten Dienstag im Monat findet ein neuer Teil einer Musiktheater-Serie statt – wie eine Serie im Fernsehen – auf der Basis des „Ring der Nibelungen“ von Wagner und des „Kapitals“ von Marx – werden zwei Kammerformate neu aufgestellt und zum heutigen Geschehen in Bezug gesetzt. Über die Spielzeit entsteht so eine Reihe von Neuinszenierungen, die auch das Operncafé als Ort beleben sollen.

Mit der „Raumbühne“ haben Sie gleich zur Spielzeiteröffnung etwas neues ausprobiert. Am 24. Februar bauen Sie sie wieder auf. Was ist das besondere an der „Raumbühne“?

Viele, die die Oper mögen, finden die „Raumbühne“ sehr interessant. Aber auch Leute, die sonst nichts mit Oper am Hut haben, können sich begeistern, dass eine Bühne für verschiedene Stücke funktioniert, da sie für verschiedene Seiten offen steht und bespielt wird. Das ist Oper als Raum-Klangerlebnis. Man sitzt mittendrin und erlebt alles hautnah. Wir sind total happy und begeistert, dass wir es so hinbekommen haben, einen eigenen Kompositionsauftrag auszuüben. Mit der großen „Raumbühne“ können wir dem Hallenser auch ein Stück eines aus Halle stammenden Dichters geben: Mit „Sacrifice“ zeigen wir eine Oper, deren Text von Dirk Laucke ist, der hier auch im Schauspiel viel gemacht hat. Die Musik stammt von der Berliner Komponistin Sarah Nemtsov. Das Stück verhandelt politische Radikalisierungsprozesse, die sich in diesem Jahr vollziehen und die uns rund um den Globus umgeben, all das immer in Bezug zur Stadt. Das ist ein Thema, das versucht, zeitgenössisches Lebensgefühl auszudrücken und politische Tendenzen in einer neuen Musiktheaterform zu positionieren.

Der Ruf der Oper Halle hat in den letzten Jahren gelitten. Was war für Sie der ausschlaggebende Grund, den Job anzunehmen?

Ich hab zwei Mal an der Oper Halle gearbeitet: einmal 2009 nach der Fusion – damals mit dem Stück „Arabische Nacht“ und dann 2015. Beide Male habe ich hautnah mitbekommen, was die gravierenden Einsparungen für die Kunst bedeuten und was sie mit den Mitarbeitern machen. Beide Male habe ich auch das aufgeschlossene Publikum miterlebt. Hier sind die Menschen nicht mit einem alten Opernbild aufgewachsen sondern eher mit dem neuesten Schrei. Das fand ich faszinierend. Beide meiner Aufführungen damals wurden genauso wohlwollend aufgenommen wie die klassischen Stücke. Das macht Lust. Was das Haus betrifft – es ist sehr traditionsreich und gleichzeitig – etwa mit dem Bau vom Ende des 19. Jahrhunderts - eines der modernsten in Europa. Was die Einsparungen betrifft, habe ich mich bei der Stadt und dem Land versichert, dass in dieser Richtung nichts weiter geschieht. Mit diesem Stand können wir so auch immer noch tolles Musiktheater machen.

Also ist die Lage noch gut?

Das ist relativ. Im Vergleich zu vor zehn Jahren – kurz bevor die Einschnitte losgingen – ist die Ausstattung viel schlechter. Im Vergleich zu anderen, kleineren Häusern ist die Ausstattung noch sehr gut, um spannende Aufführungen zu machen. Wir haben uns auch vorgenommen, mit den begrenzten Mitteln an spannenden und innovativen Projekten zu arbeiten. Wir haben zehn neue Projekte und die Grundlage dafür sind zwei Dinge: die neue "Raumbühne" und das neue Leitungsteam. Wir können so aus dem Haus heraus deutlich mehr produzieren.

Braucht die Oper Halle vielleicht ein klareres Profil, um sich zu positionieren - auch im Vergleich zu Leipzig?

Im Vergleich zur Oper Leipzig hatte Halle immer ein klares Profil. In Leipzig wird jetzt auf eine Ästhetik gesetzt, die nicht den Anschluss an das Aktuelle sucht. Es ist eher traditionell. Die Leipziger finden das sehr gut. Die Hallenser gehen eher nicht nach Leipzig. In der Fachwelt wird dies auch nicht so gut geheißen. Ich glaube, die Oper Halle hat die riesige Chance, an die großen Zeiten – an die sich viele erinnern – anzuknüpfen, aber auch weiterzugehen. In einer Universitätsstadt und mit den vielen kulturellen Angeboten in der Stadt nebenbei kann man den Schritt wagen, auf der Basis des Ensembles und der Staatskapelle an die wichtigen Diskurse und aktuellen ästhetischen Entwicklungen anzuknüpfen.

Woran misst man eigentlich, wie gut ein Opernhaus ist?

Das ist sicher sehr subjektiv. Ich als Regisseur und Künstler bin auch subjektiv. Ich kann nur sagen, was mich umtreibt und was ich spannend finde. In der Fachwelt wird ein gutes Opernhaus an der gerade neuen, wichtigen Tendenz gemessen und wie man es schafft, diese mitzuprägen und gleichzeitig das Publikum mitzunehmen. Es muss die Leute interessieren. Das „Schöne“ bleibt der kommunikative Charakter: Eine Menge von Menschen in einem Raum, die das gleiche sehen und unmittelbar reagieren können. Ich bemesse es damit, wie uns eine eigene, neue Art Kunstproduktion gelingt. Der Austausch mit den Menschen ist mir dabei sehr wichtig. Die Leute hier werden nicht vorrangig wehmütig, wenn sie an die „alte Oper“ denken. Damals war die Oper oftmals viel verrückter als heute. Da gab es regelrechte Skandale, vor allem in Halle. In der Kunst hat nur Bestand, was zum richtigen Zeitpunkt relevante Fragen stellt und Grenzen sprengt. Und diese Meisterwerke bleiben in Erinnerung.

Was ist dabei ihr Ziel? Wann sagen Sie: „Cool, alles richtig gemacht“?

Ich glaube, alles macht man nie richtig. Natürlich planen wir Projekte, die in ein paar Jahren liegen. Trotzdem denke ich im Moment über die nächsten Tage und Wochen nach. Die sollen erfolgreich sein und die Menschen sollen kommen. Ein lebhafter Diskurs soll entstehen, auch mit diesem antiquierten Medium wie dem Musiktheater. Ich war mit fünf Jahren das erste Mal mit meinen Eltern in der Oper und habe schnell die Sehnsucht entwickelt, mit dieser wunderbaren Kunstform ins Gespräch zu kommen. Es ist natürlich ein Stück weit immer Geschichte und Verwaltung, aber die Hoffnung ist, dass man mit dieser scheinbaren Verstaubtheit etwas Neues anfangen kann.

Gibt es neue Plattformen für die Kommunikation über die Oper?

Die Oper Halle ist natürlich bei Facebook vertreten, hat eine Homepage und twittert. Wir legen das Augenmerk auf die Kampagne „Alles brennt“. Wir wollen uns mit den aktuellen, brenzligen Zustand beschäftigen - hier und auf der Welt. Und wir brennen für die Oper und wollen das vermitteln. Unsere Imagekampagne ist es, zu irritieren und Interesse zu wecken.

Liest man Kritiken über ihre eigenen Inszenierungen, dann tauchen oft Adjektive wie „lebendig“, „unkonventionell“, „bunt“ auf. Wollen Sie damit verbunden werden?

Oper kann langweilig sein. Und das ist auch das Klischee und oft der Grund, nicht hinzugehen. Aber ich will in der Oper unterhalten, will mit sinnlichen Formen und Inhalten umgehen. Dazu gehört auch, mit Opernformen alter Zeiten umzugehen und auf das „Heute“ anzuwenden. Diese Sprengkraft möchte ich herauskitzeln und auf die eigenen Lebenswelt übertragen. Man soll das Gefühl haben, dass auch alte Themen im gesellschaftlichen Engagement oft mit dem zu tun haben, was uns heute umtreibt. Bei einer inhaltlichen Lebendigkeit wird es für mich interessant.

Was ist ihre ideale Vorstellung von einem Opernhaus? Was muss sie leisten?

Die Oper muss ein Haus sein, an dem exzellent gesungen und gespielt wird und tolle Inszenierungen zu sehen sind. Aber das muss in einem Zusammenhang passieren, der mehr als nur die formelle Freude erfüllt. Oper ist ein Ort, an dem man über Stoffe diskutiert und sinnlich wie intellektuell angeregt wird.

Vielen Dank für das Gespräch.