Wichtig ist, dass man Spaß dabei hat

René Marik ist Puppenspieler und vielen Menschen vor allen Dingen durch seine Figuren 'Maulwurfn', 'de Babe', Herr Falkenhorst oder dem Eisbären Kalle bekannt. Doch der Puppenspieler steht auch als Schauspieler auf der Bühne und dürfte einigen Hallensern noch durch seine Torpedo Royal Show im Riffclub ein Begriff sein. Seine bekannten Puppenfiguren hat er vorläufig in die verdiente Puppenrente geschickt, um schauspielerisch wieder aktiv zu werden. In Halle kehrte er mit seinen Freunden, unter anderem Rainald Grebe, zurück zu seinen Wurzeln. Im Rahmen des 60sten Geburtstages des Puppentheaters Halle spielte er gemeinsam mit ihnen das Stück „Tarzan“, welches sie vor vielen Jahren zusammenschweißte. Kulturfalterredakteur Martin Große sprach mit dem Erfinder von Maulwurfn, Rapante Rapante und Hage! Hage! Jemand ze Hage!

 

Kulturfalter: Was ist das für ein Gefühl, nach so langer Zeit wieder an einer alten Wirkungsstätte zu spielen?

René Marik: Ich war 2006 hier am neuen Theater beschäftigt und war dann noch ein weiteres Jahr ständiger Gast auf den Bühnen des Hauses. Auf der einen Seite ist es sehr vertraut, auf der anderen Seite aber auch fremd. Es macht auf jeden Fall Spaß, wieder in Halle zu sein. Die Kulturinsel ist ein großer Komplex und gefällt mir sehr.

Wie kam die Zusammenarbeit zum Stück „Tarzan“ genau zustande?

„Tarzan“ war ein Studienprojekt von Tilla Krachtowill und mir aus dem Jahr 1998. Claudia Bauer hat Regie geführt und Rainald Grebe hat mitgespielt. Wir sind nach unserem Studium geschlossen nach Jena gegangen und haben „Tarzan“ dort viele Jahre gespielt. Damals haben wir gewitzelt und gesagt: ‚Das spielen wir noch, wenn wir alt sind‘. Nach der Zeit in Jena haben sich unsere Wege getrennt, jedoch haben wir uns nie ganz aus den Augen verloren.  Jetzt kam die Idee, das Stück erneut zu spielen, denn es war wirklich schön damals. Christoph Werner vom Puppentheater hat uns dann eingeladen, das hier in Halle zu machen.

Was dachten Sie vor 13 Jahren, wie es sein wird, wenn Sie das Stück noch einmal spielen?

(lacht) Darüber habe ich mir ehrlich gesagt keine Gedanken gemacht. Denn damit habe ich nie gerechnet. Das Stück entstand während des Studiums und dass wir das so lange spielen würden, lag außerhalb meiner Vorstellungskraft.

Was wünschen Sie dem Puppentheater Halle zum 60sten Geburtstag?

Ich wünsche dem Puppentheater, dass es weiterhin auf so hohem Niveau tolles Puppentheater für Erwachsene – das muss man ja leider immer dazusagen – machen kann. Das Puppentheater in Halle spielt qualitativ hochwertige Stücke, und das soll in Zukunft so bleiben.

Wie prägend war die Zeit in Halle für Ihre Laufbahn?

Ich war hier als Schauspieler engagiert und habe gemacht, was man eben so macht als Ensemblemitglied. Wirklich prägend war die Hausshow „Torpedo Royal“ des Riffclubs, die ich moderiert und mitorganisiert habe. Diese Phase war sehr prägend für mich und eine wichtig Erfahrung, die ich damals sammeln konnte. Ich hatte so etwas vorher noch nicht gemacht, und es war schön zu erfahren, dass so etwas funktioniert und ich es kann.

Was kennen Sie von Halle?

Ich kenne ziemlich viel. Die Himmelsscheibe habe ich mir immer noch nicht angeschaut. Ich finde das Paulusviertel, die Peißnitzinsel und das Saaleufer recht schön. Es erinnert mich an das Berlin der frühen 90er. Es ist ein bisschen runtergerockt und es passiert noch überall ne Menge.

Ihre ersten Auftritte (laut Wikipedia) als Komödiant hatten Sie im Steintor-Varieté in Halle. Können Sie etwas darüber erzählen?

Das ist kompletter Quatsch. Ich weiß nicht, wer das geschrieben hat. Begonnen hat alles damals in Jena. Im Steintor-Varieté war ich im Rahmen meiner Solotourneen. Alles andere ist frei erfunden.

Wann erkannten Sie ihre komödiantische Ader?

Wir sind `99 zusammen ins Theaterhaus nach Jena gegangen, und ich bin dort in der Hausshow von Rainald Grebe aufgetreten. Dort habe ich gemerkt, dass mir dies Spaß macht und dass die Leute lachen. Später kamen die Auftritte im Quatsch Comedy Club und und und… So begann alles. Ich habe mir für die Improshow von Rainald Grebe immer morgens überlegt, was ich abends spiele. So konnte ich viel ausprobieren. Sicher war da auch viel Schrott dabei, aber die Nummern zu meinem ersten Programm sind so entstanden.

Puppentheater und Comedy sind eine ungewöhnliche Kombination. Bei einem Puppenspieler könnte man vermuten, dass es diesem schwerer fällt vor vielen Leuten ein Comedian zu sein. Ist der Kontakt zum Publikum als Comedian anders als beim Puppentheater?

Ich habe nach meinem Studium zunächst als Schauspieler gearbeitet und war viel unterwegs, zum Beispiel mit Robert Wilson. Irgendwann habe ich dann wieder mit dem Puppenspiel begonnen und gemerkt, dass es mir und dem Publikum großen Spaß macht. Ich denke der Unterschied ist nicht so groß, wie man glauben mag. Als Schauspieler sieht man auch nicht viel vom Publikum, wegen der Bühnenbeleuchtung. Deswegen nimmt man die Stimmung vor allen Dingen mit den Ohren auf. Beim Puppentheater ist das etwas mehr…

Sie sagten in Interviews, dass der Kinofilm der letzte Auftritt Ihrer Puppenfiguren Maulwurf, Frosch, Barbe und den anderen ist. Ist das Theaterspielen jetzt so eine Art kreative Pause vom ganzen Maulwurfsrummel?

Der Rummel, so es ihn gegeben hat, hat nichts mit der Entscheidung zu tun, dass ich jetzt erstmal aufhöre mit den Figuren weiter etwas zu machen. Ich habe Lust etwas anderes zu machen und mich neuen Dingen zu widmen. Sicher spielt da auch die Angst eine Rolle, dass ich mich sonst auf einer Schiene festfahre, von der ich nicht wieder herunterkomme. Die Entscheidung „Tarzan“ wieder zu spielen, ist davon aber unabhängig. Ich bin jetzt in der Phase, herauszufinden, worauf ich Lust habe.

Haben Sie Angst, auf der Maulwurfsrolle hängen zu bleiben, wie ein Musiker mit seinem einzigen großen Hit?

Das ist natürlich ein Fluch und ein Segen zugleich. Ich will mich dennoch nicht beklagen. Dass das alles so geklappt hat, dass die Stücke so einen Erfolg hatten, ist super. Und ich habe nicht so große Angst davor, nun darauf festgenagelt zu werden. Man muss das für sich persönlich entscheiden und sollte eine Sache nur so lange machen wie man Lust darauf hat, und nicht nur weil es erfolgreich ist. Aber natürlich wird alles, was ich mache, daran gemessen werden. Es sind eben zwei Seiten der Medaille und wenn man das eine hat, muss man das andere in Kauf nehmen. Das ist halt so. Ich glaube nicht, dass ich jemals nochmal etwas machen werde, was solchen Erfolg hat wie diese Figuren. Aber darum geht es auch nicht. Wichtig ist, dass man Spaß an dem hat, was man tut.

Was war Konkretes für 2014 geplant?

Ich hatte wieder an der Puppenspielschule HfS „Ernst Busch“ unterrichtet. Das habe ich früher schon gemacht. Außerdem schrieb ich ein bisschen. Mehr stand nicht fest.

War es eine große Veränderung, den Maulwurf später in großen Hallen zu spielen?

Das ist natürlich eine Veränderung, aber ich muss sagen: ‚Je größer, desto geiler‘. Es ist ein schönes Geräusch, wenn 3000 Leute vor dir sitzen und ausrasten. Es ist ein schöneres Geräusch als bei 50 Leuten.

Mit dem Maulwurf haben Sie dem Kasperle- oder Puppentheater ungeahnte Medienöffentlichkeit verliehen – fühlen Sie sich als Wegbereiter oder Offenleger einer verkannten Schauspielkunst?

Als Wegbereiter fühle ich mich nicht, aber ich weiß, was du meinst. Es ist klar Comedy was ich mache, und die Kausalität, also den Zusammenhang, zu sagen: ‚Ach das ist ja Puppentheater, geil‘, ‚Komm lass uns jetzt mal ins Puppentheater gehen‘ – daran glaube ich nicht. Ich fände es toll. Ich würde es mir wünschen. Dass bei vielen Leuten Puppentheater für Erwachsene in der Wahrnehmung aufgetaucht ist, bei denen das früher nicht der Fall war, das glaube ich schon. Man hängt ja als Puppentheaterspieler in so einer komischen Nische irgendwo zwischen dem Luftballonfalter und dem Kinderclown „FitzeFatze“. Ich habe nichts gegen den Luftballonfalter, aber diese gedankliche Nische wird dem Puppentheater nicht gerecht. Wenn ich etwas gegen dieses Klischee, dass Puppentheater nur für Kinder ist, welches wie Beton in den Köpfen hängt, getan habe, das würde mich freuen.

Woher kommt dieses Klischee: Puppentheater = Kasperle + Krokodil + Polizist = für Kinder?

Das hat irgendein Pädagoge in der Weimarer Republik verbrochen, der meinte, man könnte damit Kinder erziehen. Vorher war der Kasperle ein derber Hallodri, der auf Jahrmärkten Leute verprügelt hat. Er war ein Säufer, ein Jahrmarktsstar. Dann ist er ins Kinderzimmer verlegt worden. Daran leidet das Puppentheater bis heute.

Herr Marik, vielen Dank für das Gespräch.