Mit vereinten Kräften: Das Händel-Denkmal von Hermann Heidel

Das bedeutendste Werk des Berliner Bildhauers Hermann Rudolf Heidel (1811-1865; Abb. 1) steht auf der Ostseite des halleschen Marktplatzes und ist ein beliebter Treff punkt für Hallenser und deren Gäste. Zum 100. Todestag von Georg Friedrich Händel im Jahre 1859 wurde das Händel-Denkmal nach einem Entwurf von Hermann Heidel dem großen Sohn der Stadt Halle zu Ehren errichtet. Das 3,2 Meter hohe bronzene Standbild auf einem schlichten Sockel aus schlesischem Marmor kostete 7966 Taler. Bereits 1855 wurde unter dem Vorsitz des Unternehmers und Stadtrats Ludwig Wucherer ein Bürgerkomitee aus Professoren, Musikern und Geistlichen zur Planung und Finanzierung des Vorhabens gegründet. Spenden wurden unter andern durch Konzerte in ganz Deutschland eingeworben.

Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. und das englische Königshaus konnten, auch mit Hilfe befürwortender Briefe Heidels, als Schirmherren gewonnen werden. Der Bildhauer hatte dem preußischen König ein Modell zur Begutachtung bringen lassen und Fotografi en des Modells verschickt. Mit der Zustimmung Friedrich Wilhelms IV. begann der Spendenaufruf des Londoner Denkmal-Komitees. Bei der Frage des Denkmalstandortes verdeutlichte Heidel in einem Brief an den für Kunstsachen zuständigen Geheimen Kabinettsrat Ernst Emil Illaire (1797-1866) den Marktplatz als den am besten geeigneten Aufstellungsort des Denkmals.



Heidel stellte den 1685 geborenen Komponisten mit dem Rücken zu dem Ort, an dem zu seinen Lebzeiten das hallesche Rathaus und die Ratswaage standen. Letztere nutzte die 1694 gegründete Universität für Vorlesungen und andere Veranstaltungen, die Händel als eingeschriebener Jurastudent sicherlich verfolgte. Händel kehrt eben diesem Gebäude den Rücken zu, so wie er sich vom Studium der Rechte abwandte, um seinen musikalischen Ambitionen zu folgen. Das Denkmal zeigt den Musiker nach Westen blickend, die Richtung, in die seine Karriere ihn tragen sollte, als er mit 18 Jahren nach Hamburg, das damalige Zentrum der deutschen Oper, aufbrach.

Händel trägt die Kleidung seiner Zeit – Gehrock, Kniebundhosen, Schnallenschuhe, einen Degen an der Seite und Allongeperücke. Er stützt sich auf ein Notenpult, auf dem die Noten seines bekanntesten Oratoriums „Messias“ (1741) aufgeschlagen liegen. Der Fuß des Notenständers zeigt auf einer Seite den thrakischen Sänger Orpheus, der mit der Kraft seiner Musik wilde Tiere zähmte – hier beispielhaft Einhorn und Löwe als Englands Wappentiere.



Die andere Seite zeigt den biblischen Psalmensänger David. Auf der Rückseite des Pultes sitzt die heilige Cecilia, Schutzheilige der Musik, an der Orgel, über ihr ein Engel. In einer von Händel vertonten Ode an die heilige Cecilia des englischen Nationaldichters John Dryden (1739) heißt es: Ein Engel, der dem wunderbaren Orgelspiel der Cecilia lauschte, erschien auf Erden und wähnte sich im Himmel. Die Dame im Relief trägt das Konterfei der damals berühmten schwedischen Sängerin Jenny Lind- Goldschmidt (wegen ihrer schönen Stimme auch „schwedische Nachtigall“ genannt), die in der von Robert Franz dirigierten Aufführung des Messias in der halleschen Marktkirche am 15. Dezember 1857 sang und damit einen nicht geringen Beitrag zur Finanzierung beitrug.

Die Berliner Gießerei Gladenbeck übernahm den Guss des Werkes, der Ziseleur Andreas Surel Glättung und Präzisierung von Details unter Heidels Aufsicht. Am 1. Juli 1859 wurde das Händel-Denkmal feierlich enthüllt. Der Bildhauer Heidel, der sich mit voller Kraft für das Gelingen des Projektes eingesetzt hatte, wurde bei dieser Gelegenheit von der dankbaren Bürgerschaft Halles zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. Im Rahmen des Projektes „Bildung im Vorübergehen“ hat die Bürgerstiftung Halle kürzlich die Hermann-Heidel-Straße in der Silberhöhe mit einem Straßenzusatzschild versehen, das über den Namensgeber der Straße informiert.

(Antje Löhr-Dittrich, Kulturfalter Feburar 2012)