Über allen steht die Unterhaltung
Der Autor Felix Leibrock wurde im Westen geboren und mit der Wende zog es ihn nach Weimar. Jetzt wohnt er in München und Weimar. er ist Polizeiseelsorger bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei, leitet das Evangelische Bildungswerk München und ist Mitglied der Evangelischen Redaktion bei Antenne Bayern. Früher war er unter anderem Buchhändler, Stadtkulturdirektor von Weimar und Pfarrer in Thüringen. Doch bekannt ist der "Krimipfarrer" für seine Romane, die in Weimar spielen. Bisher erschienen: "Todesblau" und "Eisesgrün" und 2017 folgt "Schattenrot". Kulturfalterredakteur Martin Große sprach mit ihm.
Kulturfalter: Sie sind Pfarrer, Autor, Entertainer, Sprecher, Seelsorger, Teeausfahrer, Erfinder einer Pfarrer-Fußballmannschaft und Buchhändler. Was sind Sie für ein Typ?
Felix Leibrock: (Lacht) Über allen steht die Unterhaltung. Ich selber mag keine Veranstaltungen, die langweilig sind. Wenn man wie ich in Gremien, ob kirchlichen oder kommunalen sitzt, dann ist das eher die Regel als die Ausnahme. Ich bin der Meinung, wenn Leute sich Zeit nehmen eine Veranstaltung besuchen und dafür vielleicht auch noch Geld bezahlen, dann müssen sie mit einem positiven Erlebnis die Veranstaltung auch wieder verlassen. Deswegen ist es auch kein Widerspruch für mich in der Kirche die Besucher mit Literatur zu unterhalten.
Sie schreiben Krimis. Sind Sie ein Krimi-Fan und beschäftigen sich viel mit dieser Literatur?
Der Tatort war bei uns in der Familie Ritual. Alle meine sechs Kinder mussten ebenso durch diese Schleuse. Der Tatort ist sehr gut geeignet, um über verschiedene Sachen zu reden. Aber da ich auch bei der Polizei arbeite, habe ich eine kritische Distanz zum Tatort. Ein Til Schweiger, der 15 Leute umbringt und im Amt bleibt, ist völlig undenkbar. Da schütteln alle Polizisten nur den Kopf. Insofern habe ich den Anspruch, das dass was ich schreibe, dem Alltag standhält.
Ihr erstes Buch „Todesblau“, war das als einmaliger Roman geplant oder gleich als Serie?
Ich habe vorher Krimis in ganz kleinen Verlagen geschrieben. Für meine aktuellen Bücher braucht man einen Verlag und / oder einen Agenten mit Verbindungen zu großen Verlagen. Mein Agent hatte auch die Idee mit der Reihe und konnte einen Verlag dafür begeistern. Das hat schon enorme Folgen für das Schreiben, denn man braucht ein Ermittlerteam, das man entwickeln kann. Da kann man nicht einfach drauf los schreiben, das muss man anlegen. So entstanden der Polizist und die ehemalige alte Freundin. Das kann man nicht alleine denken, da muss der Verlag mitdenken, und die haben mich eben gefragt.
Vergleicht man Ihren Ermittler mit ihrem Lebenslauf, scheint doch einiges von Ihnen mit drin zu stecken?
Es ist viel Ost/West Thematik enthalten und ich bin eine Ausgeburt des Ost/West-Dialoges, weil ich die eine Hälfte im meines Lebens im Westen und die andere Hälfte im Osten gelebt habe. Und jetzt pendele ich zwischen West und Ost. Dieses Thema ist mir sehr nahe. Als ich vor 22 Jahren nach Thüringen aufbrach, war ich auch zum ersten Mal in meinem Leben richtig aufgeregt. Ich dachte immer, dass ich ein Mensch bin, der nie aufgeregt ist. Aber als ich das erste Mal nach Weimar fuhr und das gleich mit dem Umzugswagen, da dachte ich „ohje“. Aber es war eine meiner glücklichsten Erfahrungen in meinem Leben. Nämlich, dass die Herkunft nach kurzer Zeit eigentlich nie ein Thema war. Wir haben uns von Anfang an in Weimar wohlgefühlt und werden da auch bleiben.
Felix Leibrock über sein Buch "Todesblau"
Ihre beiden Romane sind in der jüngeren Vergangenheit, der DDR-Zeit, angesiedelt. Ist das eine besonders spannende Zeit für Krimierzählungen, weil viele Beteiligte noch am Leben sind?
Das sollte man nicht unterschätzen. Die langen Folgen des Krieges kann man heute noch erkennen. Mein Ansatz ist es, historische Fälle in der Gegenwart wieder aufleben zu lassen. Da liegen auch meine literarischen Vorbilder. Autoren wie Henrik Ibsen oder Friedrich Dürrenmatt haben mich immer begeistert. Wenn diese eine scheinbar friedliche Gesellschaft beschreiben und dann kommt die alte Dame, die 40 Jahre weg war … (Anm. d. Red.: ‚Der Besuch der alten Dame‘ von Friedrich Dürrenmatt). So etwas mache ich immer gerne und das wird auch so in der Reihe bleiben, denn das macht mir Spaß.
Die Geschichte mit dem Gemälde von Feininger, was wieder auftaucht, hatte ich schon geschrieben und dann erschien in den Medien die Story des Herrn Gurlitt. Das ist ein schönes Beispiel, wie aktuell Geschichte sein kann und wer weiß, wie viele Gemälde noch auf dem Markt sind. Ich bin der Meinung gerade die Menschen in Halle sollten alle mal auf ihre Dachböden gehen und in ihre Keller schauen, da liegt noch ganz viel wertvolle Kunst.
In meinem aktuellen Buch geht es um Pharmaversuche in der DDR. Da recherchiert man viel und schaut, was man an Fakten zusammen bekommt und dann erfindet man einen Fall.
Weimar wird sehr konkret beschrieben. Gibt es die handelnden Personen wie die Bedienung im Cafè ? Wenn ja, wissen diese das?
Da habe ich kein Interesse dran. Die Erwartungshaltung daran ist in Weimar recht stark. Manche denken, jetzt kann er mal eine Abrechnung mit dem OB machen. Das mache ich bewusst nicht, denn dann schreibe ich einen Provinzkrimi. Den liest man dann nur in Weimar und das erschöpft sich dann auch schnell. Ein Krimi ist zu schade dafür und außerdem habe ich auch keine offenen Rechnungen. Mein Krimi sollte überall gelesen werden und könnte überall spielen.
Sie schreiben auf Ihrer Website: ‚Ich glaube, am Ende wird alles gut?‘ Trifft das auch auf die Krimis zu?
Der Krimi ist gelöst am Ende. Der Mord wird aufgeklärt. Das ist die Erwartungshaltung, denn ansonsten lässt er sich auch nicht gut lesen und vermarkten. Die Frage, ob dann alles gut ist, ist immer ein bisschen oberflächlich, denn die Opfer gibt es trotzdem. Es ist die Frage, ob die Täter verurteilt werden und ob sich dann am Ende das positive Erlebnis der subjektiven Gerechtigkeit einstellt, dass lasse ich schon ein bisschen offen. Insofern ist am Ende eines Krimis nicht alles gut.
Schreiben Sie schon an einem neuen Fall?
Ich habe seit gestern einen Vertrag für den dritten Fall. Viel weiter denke ich nicht. Wenn die Reihe läuft, geht es weiter. Aber wenn es schon den dritten Fall gibt, das ist doch nicht schlecht!
Herr Leibrock, Vielen Dank für das Gespräch.
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