Martin Boettcher - Komponist der Winnetou-Melodien im Interiew

Martin Hermann Böttcher wurde am 17. Juni 1927 in Berlin geboren. Er ist ein deutscher Filmkomponist, Dirigent und Arrangeur. Berühmt wurde er als Komponist der Winnetou- und Old Shatterhand-Melodien. Durch seine knapp 60 Jahre anhaltenden Tätigkeit als Filmkomponist prägte er die Filmlandschaft in Deutschland wie kaum ein Anderer. Im Vorfeld der Filmmusiktage 2017 wurde ihm zu Ehren ein großes Konzert mit seinen Melodien gespielt. Die Staatskapelle Halle ehrte ihn für sein Lebenswerk und gratulierte ihm zu seinem 90. Geburtstag. Der Ehrenpreisträger der Filmmusiktage war bei dem Konzert am 22. September zu Gast und Kulturfalter-Redakteur Martin Große nutzte die Gelegenheit für ein Interview vor dem Konzert.

Wie kam es, dass Sie die Winnetou-Melodie komponierten haben?

Der Produzent der Winnetou-Filme Horst Wendlandt rief mich an und meinte ‚Wir machen was Neues‘. Ich fragte: ‚Was denn?‘ und er sagte: ‚Karl May‘ und ich antwortete: ‚Ich habe keine Ahnung‘. Er schickte mir daraufhin ein paar Muster vom Film und ich war sofort von den Socken. Mir fiel auch gleich etwas ein. Allerdings war das nicht die Winnetou-Melodie, sondern die Old Shatterhand-Musik. Die Melodie für Winnetou kam erst beim dritten Film. Die beiden Melodien werden oft verwechselt, was sicher daran liegt, dass wenn beide auf der Leinwand zu sehen waren, oft die Old Shatterhand-Melodie kam.

Was hat Sie zu der Melodie inspiriert?

Einen besonderen Moment der Inspiration gab es gar nicht. Sie ist mir sofort einfach eingefallen, als ich die Muster gesehen habe.

Waren Sie jemals bei einem Dreh eines Winnetou-Filmes mit dabei?

Ulkigerweise nie. Ich war letztes Jahr das erste Mal in Kroatien. Als die neuen Filme herauskamen, gab es dort große Veranstaltungen und da habe ich zum ersten Mal diese beeindruckenden Landschaften gesehen.



Haben Sie als Kind die Karl-May-Bücher gelesen?

Ich habe nie ein Buch von Karl May gelesen. Mich hat als Kind die Fliegerei interessiert und nicht so sehr die Indianer. Auch später habe ich kein Buch von Karl May in die Hand genommen, denn ich bekam immer die Drehbücher zu lesen. So erfuhr ich worum es in den Filmen geht.

Wie viele Winnetou-Themen gibt es?

Das sind einige Melodien – Old Shurehand, der Schut, der Ölprinz - viele Figuren haben ihr eigenen Melodien bekommen. Es gibt mehrere CD`s auf denen man sie alle hören kann. Wie viele es im Einzelnen sind, kann ich gar nicht genau sagen.

Haben Sie andere Westernmelodien beispielsweise, die von den DDR-Filmen, angehört?

Zu DDR-Zeiten hat mich das nicht interessiert und ich habe es deswegen nicht verfolgt. Aber nach der friedlichen Revolution in der DDR habe ich den Schauspieler Gojko Mitić in Bad Segeberg bei den Karl-May-Spielen kennenlernen dürfen. Wir sind sogar bis heute befreundet. Aber gesehen habe ich die Filme nie.

Sie haben unglaublich viel komponiert. Wie ist eigentlich die Herangehensweise beim Komponieren einer Filmmusik?

In der Regel dreht das Team erstmal den Film. Aus diesem Material wird ein Rohschnitt gemacht und dann entscheidet der Regisseur was gemacht wird. Jetzt zeigt sich wie viel Raum für die Musik ist. Früher wurde noch per Hand aufgeschrieben von welcher Sekunde bis zu welcher Sekunde Musik erklingen sollte. Das war sehr mühsam, heute ist das einfacher. Wenn das abgeschlossen ist, fängt die Arbeit des Komponisten an, die Sekunden und Minuten mit Musik zu füllen.



Hatten Sie schon einmal einen Auftrag, bei dem Ergebnis und Vorstellungen weit auseinanderlagen?

Bei dem Film „Dr. med. Fabian – Lachen ist die beste Medizin“ mit Hans Joachim Kulenkampff lag ich mit meinen Vorstellungen weit neben denen von Horst Wendlandt. Da musste ich wirklich nochmal komplett von vorne ran. Aber das war selten.

Sie werden sicher immer viel über Winnetou gefragt. Nervt Sie das manchmal? Gibt es vielleicht eine andere Melodie Ihnen mehr am Herzen liegt?

Nein das nervt mich nicht. Pierre Brice und Lex Barker waren so nett. Ich war mit beiden viele Jahre befreundet. Da nerven mich die Fragen nicht. Ich habe alle beide damals bei den großen Premieren kennengelernt. Mit Pierre Brice war ich knapp vierzig Jahre befreundet.

Sie haben ihr gesamtes Leben gearbeitet, was machen sie als Ausgleich, gibt es ein Hobby bei dem Sie entspannen?

Ich war sehr sportlich als ich jünger war. Ich war, glaube ich, der zweite Besitzer eines Windsurfbrettes in Deutschland. Da bin ich meiner Freizeit ordentlich herumgetourt. Im Winter bin ich oft Ski gefahren. Sport war mein Ausgleich.

Sie werden sicher von vielen bewundert, haben Sie musikalische Vorbilder?

Vorbilder habe ich einige. Da wären zum Beispiel Henry Mancini, Benny Goodman, Glenn Miller oder Ennio Morricone.

Wie schauen Sie Filme an? Denken Sie beim Schauen manchmal ‚Hm… das hätte ich anders gemacht!‘

Ach, da bin ich ganz offen. Ich lasse mich gerne überraschen und so schaue ich die Filme ganz unvoreingenommen an.

Sie hängen mit ihrem Erfolg ja auch immer an dem Erfolg des Films. Ist der Film gut, wird die Musik berühmt. Wenn nicht, dann nicht. Ist es dann jedes Mal ein Daumendrücken, weil sie ebenfalls viel Herzblut in ein Projekt gesteckt haben? Gab es Misserfolge?

Das stimmt, da haben Sie Recht. Solche Filme gab es natürlich. Aber wie es so ist, fallen mir die Namen nicht mehr ein. Sie waren eben nicht gut. Aber ich erinnere mich an eine Begebenheit mit Arthur Brauner, das ist der deutsche Filmproduzent. Dieser rief mich eines Tages an und meinte ‚Mach mir mal eine schöne Melodie. Der Film ist nicht so besonders geworden.‘

Herr Böttcher, vielen Dank für das Interview.