Das waren die 17. Filmmusiktage Sachsen-Anhalt

Mit Standing Ovations umjubelte das Publikum den ergreifenden Höhepunkt der 17. Filmmusiktage Sachsen-Anhalt: Stargast Katja Ebstein brillierte beim ausverkauften Galakonzert in der Oper Halle. Das Konzert wird am Freitag, den 15.11., 20 Uhr auf MDR Kultur und MDR Klassik ausgestrahlt und steht danach 30 Tage lang in der ARD-Audiothek zur Verfügung.

Ein vielseitiges Programm brachte die Staatskapelle Halle unter musikalischer Leitung von Bernd Ruf auf die Bühne: Das diesjährige Motto »Verwandlung« wurde aufgegriffen durch Franz Waxmans »Dr. Jekyll and Mr. Hyde«, die Suite »The Mask of Zorro« von James Horner und »What Was I Made For?« von Finneas und Billie Eilish O’Connell (aus »Barbie«, US 2023), interpretiert von Nachwuchskünstler Ilja Ruf. Für Gänsehaut sorgten Klassiker von Arnold Schönberg, John Williams und Andrew Lloyd Webber - sowie die Uraufführung eines Werkes der Masterclass Orchestration, das zuvor im Rahmen der Filmmusiktage Sachsen-Anhalt erarbeitet wurde.



Den Höhepunkt bildete die Aufführung der Werke von Christian Bruhn, Ehrenpreisträger des DEUTSCHEN FILMMUSIKPREIS 2024: Ein »Best of« würdigte sein filmmusikalisches Schaffen u. a. mit der Musik aus »Captain Future« (J 1978) und »Heidi« (J 1974). Ehrengast Katja Ebstein performte neben Grand-Prix-Hit »Theater« auch die Bruhn-Stücke »Die Weber« und schließlich als Zugabe »Wunder gibt es immer wieder«, gefolgt von Standing Ovations.

Die Masterclass Orchestration unter Leitung von Benjamin Köthe ermöglichte fünf Nachwuchstalenten eigens komponierte Filmmusik für den Kurzfilm »Luna Park« (DE 2024) mit Meister:innen ihres Fachs für Orchester zu arrangieren und aufzunehmen. Eines der Werke wurde beim Galakonzert uraufgeführt.

Mit dem Kongress »Verwandlung – Filmmusik nach neuen Spielregeln« wurden Transformationsprozesse, Chancen und Herausforderungen für die Filmmusik durch neue Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) fokussiert. Er wurde geleitet von Georg Maas, wissenschaftlicher Beirat der Filmmusiktage Sachsen-Anhalt. Zu Wort kamen u. a. deutschlandweit und international bekannte Filmkomponist:innen und Dozierende u. a. der Martin-Luther- Universität Halle-Wittenberg, der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, der Technischen Universität Dortmund und der University of Brighton.

Ein zweiteiliges KI-Panel beschäftigte sich mit den Auswirkungen von KI auf die künstlerische Arbeit, Rechte- und Vergütungsfragen. Mit »Transformation« (DE 2024), dem Regiedebut des Filmkomponisten Marcel Barsotti, gab es eine beinahe ausschließlich KI-generierte Kurzfilmproduktion zu sehen. Expert:innen- und Werkstattgespräche erlaubten exklusive Einblicke in Produktionen wie »Bach – Eine Weihnachtsgeschichte« (DE 2024, VÖ: Dez., Filmkomposition: Martina Eisenreich). Ein Nachwuchsforum u. a. mit der Preisträgerin des Deutschen Fernsehpreises Anna Kühlein widmete sich dem Thema »Elternschaft und Selbständigkeit«.

Neben aktuellen Branchen-Diskursen bildete die Nähe zur beruflichen Praxis eine Besonderheit: Reinhold Heil (»Das Parfum« DE 2006, »Deutschland 83« DE 2015, »Concordia« DE 2024) gab den Workshop »Tom Tykwer, Johnny Klimek und Reinhold Heil: Fluch oder Fortschritt eines Musiker Trios« zum kreativen Prozess der Filmmusikentwicklung in Zusammenarbeit mit der Regie. Der Musikproduzent, Filmkomponist und Musiker wurde 2023 mit dem Ehrenpreis des DEUTSCHEN FILMMUSIKPREIS ausgezeichnet. Der Workshop »Remote >< Sound. Vernetzte Produktionsprozesse für die Filmmusik mit der Digitalen Bühne« in Kooperation mit »Die Digitale Bühne – digital-stage.org« präsentierte eine Software für ortsunabhängiges Proben und Auftreten im virtuellen Raum.

Weitere Workshops rundeten das Programm ab: Den internationalen Austausch fördert das Format »Talk to the Masters«, in diesem Jahr zum Thema »Music for Scary Movies« mit Alfons Conde, Professor vom Berklee College of Music in Valencia, Partnerregion von Sachsen-Anhalt. Etabliert hat sich auch der sehr gut besuchte Workshop »Dolby Atmos – in Filmmusik und Sound Design« von und mit Christoph de la Chevallerie und David Ziegler.

Der Stummfilmklassiker »Der Student von Prag« (DE 1913) wurde durch Studierende der Leipziger Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« unter Leitung von Tilo Augsten live vertont. Die »Stummfilm-Revolutionen«-Reihe ist eine Kooperation mit dem Puschkino und der Stadt Halle (Saale) und zeigt am 4.12., 19 Uhr »Show People« (US 1928) mit Richard Siedhoff am Piano.



DEUTSCHER FILMMUSIKPREIS 2024 für Beste Musik im Film geht an Martina Eisenreich & Michael Kadelbach

Am 9. November wurde außerdem der DEUTSCHE FILMMUSIKPREIS 2024 in der Oper Halle vergeben. In der Kategorie »Beste Musik im Film« wurden Martina Eisenreich und Michael Kadelbach für ihren Score zu der Thiller-Serie »Eine Billion Dollar« (DE 2023) ausgezeichnet. In der Laudatio wurde ihre herausragende Leistung hervorgehoben sowie ihr Mut, die eigene Handschrift aufleben und große Kreativität zuzulassen. Eisenreich ist Komponistin für Film, Fernsehen und Theater und wurde nach mehrfacher Nominierung bereits 2018 mit dem DFMP ausgezeichnet. Kadelbach komponierte u. a. Musiken zu »Nackt unter Wölfen« (DE 2015) oder »Wir Kinder vom Bahnhof Zoo« (DE 2021).

Der Nachwuchspreis geht in diesem Jahr an Arezou Rezaei und ehrt »Idee, Wagnis, Vielfalt, Neues, Emotionales uns musikalisch Einzigartiges« ihrer »unbefangenen« Kompositionen, wie es in der Laudatio hieß. Geboren und aufgewachsen im Iran, studierte Rezaei Komposition in Teheran, Stuttgart und München. Bei der Berlinale und dem DOK.fest München waren Filmprojekte mit ihren Scores vertreten. Ihre Arbeit wurde bereits beim Teheran Electronic Music Festival 2020 ausgezeichnet, 2023 erhielt sie beim DemoDay der TU München den Preis für den besten Soundtrack.

Amaury Laurent Bernier hat den DEUTSCHEN FILMMUSIKPREIS 2024 in der Kategorie »Beste Musik im Kinderfilm«, präsentiert in Zusammenarbeit mit dem MDR, für seine Filmmusik zu »Mein Totemtier und ich« (DE, NL, LU 2023) erhalten. Seine einfühlsame und originelle Filmmusik leiste einen ästhetisch anspruchsvollen Beitrag zu einem inhaltlich höchst aktuellen Kinder- und Familienfilm, so die Begründung der Jury. Der französische Filmkomponist Bernier schreibt Musik für verschiedene Formate, darunter zahlreiche Filme, die auf den bekanntesten Filmfestivals gezeigt und ausgezeichnet wurden.

Christian Bruhn erhielt den Ehrenpreis für sein filmmusikalisches Schaffen. Er schrieb als einer der erfolgreichsten Komponisten und Musikproduzenten Deutschlands Hits für Stars wie Katja Ebstein, Mireille Mathieu, Peter Maffay, Roy Black oder Roberto Blanco. Neben Klassikern wie »Marmor, Stein und Eisen bricht« oder »Ein bisschen Spaß muss sein« schuf Bruhns auch bekannte Titelmelodien für Film und Fernsehen (»Wicki und die starken Männer« DE, J 1974, »Heidi« J 1974, »Captain Future« J 1978). Die Auszeichnung überreichte der letztjährige Ehrenpreisträger Reinhold Heil.