Felicitas Woll: Das "Nu" war ganz schön schwer

Felicitas Woll spielt die weibliche Hauptrolle in dem Film "Liebe Mauer". Bekannt wurde sie mit ihrer Rolle in der ARD Serie "Berlin Berlin" als Lolle. Doch inzwischen spielte sie schon in zahlreichen deutschen Großproduktionen mit und ist schon lange eine etablierte Schauspielerin. Kulturfalterredakteur Martin Große sprach mit ihr über "Liebe Mauer", Halle und ihre neuen Projekte.

Kulturfalter: Wie haben Sie sich auf die Rolle in „Liebe Mauer“ vorbereitet?

ulturfalter: Wie haben Sie sich auf die Rolle in „Liebe Mauer“ vorbereitet?Felicitas Woll: Die Rolle der Franzi hat keine großen dramatischen Momente, obwohl sie schon ihre Höhen und Tiefen hat. Franzi gerät in Situationen, in denen sie vorher noch nie war. Sie hat Angst, sie begegnet der Liebe, aber das sind Sachen die im Moment passieren. Wenn du  Schauspieler und Komparsen hast, die dich wirklich hart anpacken und dir das Gefühl vermitteln, dass du jetzt wirklich ins Gefängnis kommst, dann entstehen solche bestimmten Momente schnell von alleine. Aber was die Zeit anbelangt, da habe ich mich ein bisschen mit Musik eingestimmt und noch einmal Dokumentationen angeschaut. Auch habe ich letztes Jahr „Wir sind das Volk“ gedreht, deswegen wusste ich was mich erwartet.

Haben sie selber Erinnerungen an den Mauerfall?

Haben sie selber Erinnerungen an den Mauerfall?Ich habe nur noch Kindheitserinnerungen vom Fernsehen. Ich erinnere mich an die Bilder und wie meine Familie vor dem kleinen Fernsehen saß. Wir haben gesehen, wie die Trabbis alle über die Grenzen gefahren sind und ich habe es nicht verstanden. Ich war neun, als die Mauer fiel. Vieles kam erst später.

Sie haben schon mehrfach in Filmen mitgespielt, die die Deutsch-deutsche Geschichte zum Thema haben – Verändert das ihren persönlichen Blick auf die Geschichte?

Sie haben schon mehrfach in Filmen mitgespielt, die die Deutsch-deutsche Geschichte zum Thema haben – Verändert das ihren persönlichen Blick auf die Geschichte?Ja das macht es. Ich finde man taucht mehr ein und versucht mit den Menschen mitzufühlen. Gerade wenn man wie ich aus einer Generation kommt, die das nicht selber live miterlebt hat. Wäre ich damals so alt gewesen wie heute, wäre ich sofort in das Auto gestiegen und wäre hingefahren. Aber jetzt durch das Drehen und durch das Jubiläum dieses Jahr habe ich das erste Mal das Gefühl, dass ich mich dieser Zeit so nah fühle, wie noch nie. Wenn ich jetzt die Dokumentationen im Fernsehen über die Leute sehe, die sich die unglaublichsten Dinge ausgedacht haben, um die DDR zu verlassen, dann geht mir das sehr nah. Die Menschen haben ihr Leben für ihre Freiheit riskiert und auch andere Menschen, etwa Freunde und Familie, mitgenommen. Es ist bewundernswert, was diese Menschen für eine Kraft und Leidenschaft für ihre Freiheit aufgebracht haben, um ihr Leben so leben zu können, wie sie es möchten. Ich finde der Mensch hat einen ganz natürlichen Drang seine Freiheit zu haben und wenn er eingesperrt ist, wird er krank. Das ist so. Man muss wissen, dass man an dem Platz lebt, wo man will und den man liebt, aber man muss auch die Freiheit haben zu sagen: „Ich gehe“ Diese Freiheit sollte jeder Mensch haben können. Das habe ich mir aus den Dreharbeiten mitgenommen und kann es ziemlich stark nachempfinden, was es heißt, wenn du deine Freiheit wieder hast.



Im Film gibt es eine Stelle in der Franzi Stasioffizieren gegenüber steht und nur mit einem typisch sächsischen „Nu“ antwortet...

(laut lachend) Nu? (weiter lachend) Das musste ich so oft üben, dass kann man sich nicht vorstellen.

Wie lange?

Es war sehr lange, weil ich es immer wieder falsch gesagt habe. Entweder: „Na“ oder „No“ oder „Nou“ und dann korrigierten mich immer die Leute aus dem Team: „Nein es heißt Nu“ meinten sie immer. Es war so schwer. Aber es sind immer die kleinen Sachen, die es schwer machen. Wir haben die Szene mehrmals geprobt und gedreht, damit das „Nu“ richtig herüber kommt. (sächsisch redend und lachend) Aber ich bin ein Dialektleidenschaftler. Wenn ich einen Dialekt höre, dann muss ich immer sofort mitmachen. Manche mögen das nicht, aber mir macht es unheimlichen Spaß.

Hatten Sie vor den Dreharbeiten ein Bild von Halle? Was wussten Sie über die Stadt?

Hatten Sie vor den Dreharbeiten ein Bild von Halle? Was wussten Sie über die Stadt?Ich wusste ehrlich gesagt, absolut nichts. Ich habe gar nichts über die Stadt gelesen oder gehört. Das war schade, denn es war echt kalt und verregnet. Wir musste immer früh aufstehen und dann abends wurde es früh wieder dunkel und so haben wir wirklich wenig gesehen.

Die Drehorte des Filmes sind nicht unbedingt Halles goldene Seiten. Was haben Sie gedacht, als Sie die Drehorte das erste Mal sahen?

Die Drehorte des Filmes sind nicht unbedingt Halles goldene Seiten. Was haben Sie gedacht, als Sie die Drehorte das erste Mal sahen?Das war traurig. Ich kann auch verstehen, dass man hier weggeht. Das war echt trostlos. Aber da fehlt es wahrscheinlich am Geld. Das man da nichts machen kann, wenn es so viele Arbeitslose gibt... Wir haben Hochhäuser mit eingeschlagenen Fenstern gesehen, die stehen da einfach rum. Wir dachten wirklich, dass es da drin spukt. Es ist schade, dass die Stadt nach auch nach außen nicht über ein schönes Bild verfügt, denn es gibt wirklich schöne Ecken.

Aber was haben sie außerdem von  Halle kennen gelernt?

Ich hatte einmal zwei Tage Zeit. Doch da war das Wetter so ungemütlich kalt und nass, dass ich keine Lust hatte rauszugehen. Aber wir sind auch einmal oder zweimal um die Häuser gezogen. Ich erinnere mich an die Fußgängerzone zum Markt, den großen Markplatz und diese Straße mit den Kneipen. Die war wirklich schön!

Die kleine Ulrichstraße?

Ja genau! Es gibt die kleine und die große Ulrichstraße, wenn ich mich nicht irre? .

Ja, es gibt beide.

Genau dort waren wir, haben Bier getrunken und sind nachts zu MC Donalds gegangen. Das war sehr schön. Manchmal wenn wir mit dem Auto gefahren sind, habe ich Straßen mit Bäumen und alten Häusern gesehen, die sahen aus wie gemalt. Das sah wirklich schön aus und dann gibt es die anderen Ecken, wo man denkt: „Man echt schade, das da nichts passiert.“ 

Was behalten sie von Halle in Erinnerung?

Die komplett Drehzeit auf jeden Fall. Wir waren wirklich lange hier. Ganz am Anfang war es total komisch. Es kamen Leute an, die echt Angst hatten, als sie gesehen haben, dass die Mauer wieder aufgebaut wird. Sie haben richtig Angst bekommen, weil sie damals soviel erlebt haben. Vielen war auch das Ende wichtig. Besonders viele Frauen haben gefragt: „Gibt es ein Happy End?“. Dann haben viele ihre Geschichte erzählt und das sie damals den Mauerfall nicht erlebt haben. Viele der Komparsen sind deswegen gekommen, um den Moment noch einmal nachzufühlen und diesen Durchbruch mitzuerleben. Es war auch unglaublich, sie haben sich in den Armen gelegen, haben geweint und den Moment wirklich noch einmal erlebt.

Was sind Ihre nächsten Projekte?

Ich habe das Glück, dass ich dieses Jahr zwei Kinofilme gemacht habe, dass eine war „Liebe Mauer“ und jetzt ist einer fertig geworden, der hoffentlich auch ganz toll ist. Ich spiele dort zusammen mit Christian Ulmen und Till Endemann führte Regie. Der Film heißt „Vater Morgana“ und ist eine Vater-Sohn Geschichte. Der Vater hat Alzheimer und es passieren viele komische Sachen. Es ist wieder eine Komödie, aber mit einem ernsten Hintergrund, wenn man sieht, wie der eine an der Krankheit verzweifelt, aber versucht es mit seiner komödiantischen Seite nicht ganz so tragisch aussehen zu lassen. Ich hoffe sehr, dass der Film schön geworden ist. Dann drehe ich noch eine Komödie für Sat 1. „Voodoo für Anfänger“. Da war ich vor kurzem in Paris und habe im roten Kleid direkt vor dem Eifelturm meinen Liebhaber erschossen. Es war so dramatisch und ich liebe das Drama.

Kulturfalter: Frau Woll, Vielen Dank für das Interview