Man ist ja nur Teil seines Lebens
Stefan Aust, geboren 1946, ist einer der bekanntesten Journalisten Deutschlands. Er gründete Spiegel TV und war zwölf Jahre lang Chefredakteur des Spiegel, später Mitinhaber des Fernsehsenders N24 und Herausgeber der „Welt“. Jetzt veröffentlichte er seine Autobiografie „Zeitreise“. Am 26. November stellte er diese im Literaturhaus in Halle vor und nahm sich vorher Zeit für ein Interview mit Kulturfalterredakteur Dirk Reinhardt.
Herr Aust, Sie haben Ihre Autobiografie veröffentlicht, was war für Sie der Anstoß, dieses Buch zu machen?
Der Anstoß kam von meinem literarischen Agenten. Er hat gesagt hat: „Nun mach es doch endlich mal.“ Ich habe auch einen Verlag, der das will. Ich selber wollte eigentlich nicht so richtig eine Autobiografie schreiben. Meine Idee war, ein Buch zu schreiben mit dem Titel „Zeitreise – Beobachtungen am Rande der Geschichte“. In dem wollte ich zusammenfassen, was ich erlebt habe. Das war dem Verlag nicht genug. Der wollte noch ein bisschen was Persönliches wissen. Etwas Privates habe ich dann auch rausgelassen, allerdings nicht sehr viel, was von manchen Kritikern bemängelt wird.
Sie geben also nicht gern Privates von sich preis?
Ja, denn ich bin jemand, der lieber hinter der Kamera steht, als davor. Und Privates ist privat. Natürlich kommt einiges dazu, wenn man so die Geschichte der eigenen Erlebnisse mal zu Papier bringt. Dann merkt man, wie alles miteinander zusammenhängt, denn man kann nicht alles, was man als Journalist geschrieben und getan hat, vom Privaten trennen. Das Leben ist in einer Weise von Zufälligkeiten abhängig, wie man sich das normalerweise gar nicht vorstellt. Beim Zurückblicken stelle ich fest, welche enormen Dinge durch winzige Begebenheiten ausgelöst wurden.
Nun haben Sie ja als Journalist sehr viel Geschichte miterlebt. Hat Sie das in Ihrer Persönlichkeit, als Person verändert, beeinflusst?
Mein alter Chef bei „Panorama“, Peter Merseburger, hat mal gesagt: Journalismus ist „live long learning“. Das heißt, ich habe ja nun nix Richtiges studiert. Also wenn ich höre, ich sei ein abgebrochener Student, komme ich mir schon wie ein Hochstapler vor. Aber dafür habe ich länger gelernt als andere, nämlich bis heute. Ich lerne jeden Tag irgendetwas dazu. Das prägt einen, was man an Erfahrungen macht, verändert natürlich auch die Person. Man ist ja Teil der Umwelt, der Umgebung, der Ereignisse, der Familie, was weiß ich, was alles dazukommt. Man ist nur Teil seines Lebens.
Sie haben am Anfang Ihres Buches geschrieben, dass Sie zunächst bei einer Schülerzeitung und dann bei „Konkret“ mehr im Verlagsbereich gearbeitet haben. Wenn Sie jetzt zurückblicken, war es die richtige Entscheidung, Journalist zu werden?
Ich habe mich im Grunde nicht entschieden, Journalist zu werden. Ich habe bei der Schülerzeitung angefangen, weil ich das interessant fand. Allerdings sah ich mich primär nicht als Schreiber, sondern irgendwie als Blattmacher. Ich dachte, wenn ich da ins Impressum „Chefredakteur“ schreibe, ist das ein bisschen großkotzig. Deswegen habe ich nur „Herausgeber“ reingeschrieben. Und weiter als bis zum Herausgeber habe ich es ja bis heute nicht gebracht. (lacht) Ja, das ist wirklich wahr. Der Grund dafür war übrigens, dass ich einfach nicht schreiben konnte.
Ich habe bei der Schülerzeitung überall geguckt, wo finde ich auch außerhalb der Schule Leute, die gut schreiben konnten. Und ich habe einen ziemlich guten Blick für gute Schreiber gehabt. So jemand wie Henryk Broder, den ich damals an Land gezogen habe, der konnte deutlich besser schreiben als ich. Das kann er heute noch.
So gab es viele Leute, die ich an Land gezogen hatte und dazu gebracht hatte, für unsere Zeitung was zu schreiben. Ich habe das Schreiben später einigermaßen dadurch gelernt, dass ich Filme gemacht habe, denn dazu musste ich die Texte schreiben. So hatte ich immer eine strukturelle Basis. Mir ist dabei klargeworden, dass ich nicht schreiben konnte, weil ich nix zu erzählen hatte. Wenn ich etwas zu erzählen hatte, dann konnte ich das auch in Worte fassen.
Bestätigt das aus Ihrer Sicht auch so ein bisschen die Erfahrung, den Eindruck, dass der Journalist nicht zur Geschichte kommt, sondern dass die Geschichte zum Journalisten kommt?
Das ist sicher unterschiedlich. Wenn jemand erst in einer Lokalredaktion arbeitet, später in der politischen Redaktion und muss dort Tagesdienst machen, dann kümmert er sich natürlich um die Dinge. Bei mir war das ein bisschen anders. Bei meinem Buch über Baader-Meinhof, sage ich immer, das war nicht ein Autor, der sich einen Stoff gesucht hat, sondern ein Stoff, der sich einen Autor gesucht hat. Ich war halt durch viele Zufälle nah dran. Ich bin über manche Sachen gestolpert und habe mich dann um die gekümmert, wenn sie mich besonders interessiert haben. Dabei konnte ich auch sehr zäh sein.
Ist der Beruf des Journalisten oder der Journalismus mehr Beruf oder mehr Berufung?
Das ist am Anfang eine ganz egoistische Angelegenheit gewesen, schon bei der Schülerzeitung. Man kann durch Journalismus überall reingucken, was einen interessiert, und kann durch alle Schichten der Gesellschaft, durch alle sonstigen Grenzen durchgehen und sich das angucken. Das geht damit los, dass man beim Sportverein reinkommt, ohne eine Eintrittskarte zu haben. Du kannst auf Veranstaltungen gehen als Journalist, weil man was darüber schreiben will. Manchmal auch, wenn man nichts darüber schreiben will. Aber auf jeden Fall: Die normalen Grenzen der Gesellschaft sind für einen nicht so verbindlich.
Es geht mir heute noch so, eigentlich bin ich eher schüchtern, das glauben manche Leute nicht, das ist aber so. Ich habe immer Schwierigkeiten, jemanden privat anzurufen. Aber wenn es darum geht, irgendwas rauszufinden, und in einer Funktion, in einer Recherche, da rufe ich den Bundeskanzler an.
Das heißt, der Beruf des Journalisten gibt Ihnen so eine Art Rüstung?
Ja, das ist genau so. Ich habe auch im Buch geschrieben: Als ich anfing, für die Schülerzeitung Anzeigen zu besorgen, bin ich in die Läden gegangen und habe gefragt, ob sie nicht eine Anzeige in unserer Schülerzeitung schalten können. Als meine Mutter das gehört hat, ist sie aus allen Wolken gefallen, denn ich war damals noch nicht mal in der Lage, in den Kolonialwarenladen um die Ecke zu gehen und irgendetwas umzutauschen, was ich falsch eingekauft habe. Dadurch, dass ich quasi eine Funktion hatte, habe ich bestimmte Eigenschwellen überwunden.
Sie haben in Ihrem Buch auch beschrieben, wie Sie mit einem Segelboot zum Bikini-Atoll gesegelt sind, diesem Atomtestversuchsgebiet der USA. Ich hätte dabei Angst vor Verstrahlung. War das Abenteuerlust oder war das professionelles Interesse?
Ich habe einen Geigerzähler dabeigehabt. Der hat aber nie angeschlagen. Vielleicht war es auch gar nicht eingestellt. Das war eine der dollsten Geschichten, die ich jemals erlebt habe. Auf der Insel namens Eniwetok haben die Amerikaner die Bombenversuche gemacht. Dadurch war die Insel total verseucht und verstrahlt. Dennoch wollten die Leute wieder hin. Also haben die Amerikaner mit viel Einsatz und unheimlich viel Geld den Boden und alles abgetragen, alles in den Krater einer Wasserstoffbombe geworfen und zum Schluss einen Betondeckel draufgemacht.
Dreißig Jahren später hat mir ein befreundeter Fotograf in Australien ein Foto gezeigt. Darauf sah ich ein Atoll und in der Mitte den Betonkegel. Der wollte da immer gern hin, aber man durfte damals nicht.
Ich wollte aber und habe beim NDR dem Feature-Redakteur, Herrn Schubert, gesagt, dass ich gern einen Film drüber machen möchte. Und er hat gefragt, sind Sie verrückt geworden? Jetzt in die Südsee zu fahren. Da strahlt doch alles. Aber ich habe das nicht aus dem Kopf verloren. Und irgendwann habe ich es geschafft. Das war dann aber 50 Jahre später.
War das damals schwierig oder leichter als heute, solche Aufträge für solche Reisen zu bekommen?
Nein. Es war so: Die Aufträge zu kriegen, war fast unmöglich, weil bei den Öffentlich-Rechtlichen immer gesagt wurde, das dafür ein Korrespondent zuständig ist. Und ich war bei „Panorama“. Was wollte ich in der Südsee? Weil ich aber selber einen Sender hatte, wir hatten mal N24 gekauft und ich war einer der beiden Mehrheitsaktionäre, hatten wir zwar nicht viel Geld. Aber wenn ich gesagt habe, den Film will ich machen, dann haben wir den Film gemacht. und dann sind wir da runtergefahren.
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Ist das nicht eine Gefahr, dass man, wenn man in einer Entscheiderposition ist, persönliche Vorlieben vornanstellt?
Na klar. Ich habe meistens das gemacht, was mich interessiert hat. Und deswegen habe ich mich um die meisten Sachen auch sehr viel intensiver gekümmert als andere Leute. Zum Beispiel eine Geschichte, da habe ich gerade mit der Lektorin gestern heftig darüber diskutiert, die hätte ich gerne in dem Buch dringehabt. Aber irgendwie war ihr das zu umfangreich.
Ich habe mal im Jahre 1974 Aufzeichnungen eines jungen Studenten auf den Tisch gekommen, der von Leuten aus der „Bewegung 2. Juni“ ermordet worden ist. Das war der berühmte Fememord im Grundwald, der Fall Ulrich Schmücker. Da spielte der Verfassungsschutz eine Rolle. Eine total irre Geschichte. Ein Jahr später habe ich einen Film für „Panorama“ darüber gemacht. So lange ist das alles her. Der Prozess dazu war der längste Prozess der deutschen Rechtsgeschichte, und am Ende hat die Richterin Frau Töpperwien beim sechsten Verfahren den Laden dichtgemacht. Nach sechs Durchgängen und ich habe jeden einzelnen Prozess im Detail verfolgt.
Bei der Geschichte spielte ein Verfassungsschutzagent namens Volker von Weingraber eine Rolle. Dieser wurde viele Jahre später enttarnt. Da hat ihm der Verfassungsschutz sehr viel Geld, einen neuen Namen und eine neue Identität gegeben. Er hat mit dem Geld ein Weingut in der Toskana aufgemacht. Als ich das herausgefunden habe, bin ich mal hingefahren und habe mit dem geredet, ich konnte irgendwie ganz gut mit dem. Er hatte sehr guten Wein. Ich habe bei ihm Wein gekauft, und das fortan jedes Jahr. Wir haben viel geredet, aber er wollte nie vor die Kamera. Irgendwann musste ich aber für Vox eine Sendung über Geheimdienste machen. Und da habe ich gesagt, so, jetzt ist der Zeitpunkt. Und dann habe ich ihn angerufen und gesagt, so, pass mal auf, jetzt komme ich mit meinem Kameramann vorbei, und jetzt erzählst du uns mal die Geschichte vor laufender Kamera. Das war 38 Jahre später! Und dann hat er die Geschichte erzählt.
Diese Geschichte zeigt ja auch…, wie wichtig Durchhaltevermögen für einen Journalisten ist?
Also für mich ist das das Wichtigste überhaupt. Deswegen habe ich in dem Buch auch ein paar Geschichten erzählt, mit denen ich mich sehr lange und sehr intensiv befasst habe. Viele Sachen konnte ich auch nicht aufklären und habe das dann so weit erzählt, wie ich es erzählen konnte. Aber habe dann offengelassen, was ist.
Deswegen habe ich bei ein paar Fällen, mit denen ich mich sehr lange sehr intensiv beschäftigt habe, in dem Buch die Geschichte erzählt und habe dann das erste Mal angefangen, ich will nicht sagen zu spekulieren, aber vielleicht so: „Wir haben es nicht herausgefunden, aber es gibt viele Indizien, die darauf hinweisen, dass das wahrscheinlich so oder so gewesen sein könnte…“
So habe ich in Sachen NSU eine ziemlich präzise Theorie, was da in Wirklichkeit gewesen ist.
Wie lautet die?
Was in Wirklichkeit gewesen ist, das weiß ich nicht. Das behaupte ich nicht, aber: Wenn ich mir Vorkommnisse richtig angucke, dann glaube ich nicht oder halte ich es für eher unwahrscheinlich, dass diese zehn Morde alle von Böhnhardt und Mundlos und mit Unterstützung von Frau Zschäpe begangen wurden. Das macht irgendwie keinen Sinn. Es deutet für mich eher darauf hin, dass das so eine Art Initiationsritual gewesen ist für Leute, die in einen besonders engen, verschworenen Kreis dazugehören wollten. Das gibt’s bei der Mafia, das gibt’s überall, bei den Rockern überall. Dass man eine Tat begehen muss, die einen dann zum Mitglied dieses verschworenen Kreises macht. Für mich sieht es eher so aus, als wenn Böhnhardt und Mundlos die ersten beiden Morde begangen haben und dann in dieser Truppe das waren, was bei den Rockern die „Sergeant at arms“ sind. Das sind diejenigen, die, wenn sie mal jemanden killen oder verprügeln oder sonst was wollen, die den Tatort auskundschaften, die Waffen dahinbringen, nachher die Spuren beseitigen und so weiter.
Wenn man sich das vorstellt, dass die so einen verschworenen Zirkel bilden wollten, und jeder, um auch auszuschließen, dass da Spitzel dabei sind, einen Mord begangen haben muss, dann ergibt das Sinn. Böhnhardt und Mundlos waren diejenigen, die als „Sergeant at arms“ alles vorbereitet haben und dann diese heilige Waffe, die Ceska, dahingebracht und anschließend wieder beseitigt haben, dann macht plötzlich die ganze Geschichte mit der einen Pistole absoluten Sinn. Es erklärt auch, warum an keinem der Tatorte irgendwelche DNA-Spuren von den beiden gefunden worden sind. Nichts, null.
Das heißt aber, dass die Gruppe der Täter eine viel größere war?
Ich kann Ihnen sogar sagen, wie viele das waren. Wir haben mal aus einer Ecke, die eigentlich nicht reden durfte, gehört, es gab so den Begriff „Die Gruppe der Zwölf“. Und dann haben wir einen, der zum „Heimatschutz“ dazugehörte, damit konfrontiert. Den haben wir zum Essen eingeladen. Ich rede ja mit jedem. Und haben gesagt: Sagt Ihnen der Begriff „Die Gruppe der Zwölf“ was? Daraufhin er, und das war die schlaueste Antwort, die er geben konnte. „Ja, ja, wir haben mal darüber nachgedacht, dass wir so einen ganz engen Kreis einrichten, das war meine Idee. Aber wir haben das nie umgesetzt.“
Und das ist die schlaueste Antwort, die man da geben kann. Weil, es hätte ja passieren können, dass ich ihm hätte nachweisen können, dass er das gewusst hat. Aber er hat spontan, kaum gezuckt, gesagt: „Ja, das habe ich mir mal ausgedacht, aber wir haben das dann nicht gemacht.“
Sind Sie an dem Thema jetzt noch dran - oder ist das jetzt für Sie abgehakt?
Abgehakt ist für mich ein Thema nie, wenn ich es nicht aufgeklärt habe. So gibt es in einzelnen Fällen entweder völlig offene Fragen, wie in dem Fall zum Beispiel. Aber das ist immerhin, wie Rumsfeld so schön gesagt hat: „There are known unknowns and unknown unknowns.“ Das ist ein „known unknown“, wenn man so will.
Aber es gibt natürlich „unknown unknowns“, also Dinge, von denen man überhaupt nix weiß. So gibt es bei der ganzen RAF-Stammheim-Geschichte für mich eine bisher nicht gelöste Frage, nämlich, ob die Gefangenen in Stammheim während der Schleyer-Entführung abgehört worden sind. Dafür gibt es sehr, sehr viele Indizien. Da habe ich jetzt gerade vor zwei, drei Jahren – das ist ja auch fünfzig Jahre später – vom Bundesnachrichtendienst noch mal Unterlagen gekriegt, die diese Wahrscheinlichkeit sehr bestärken.
Sagen, was ist
So lautet das Credo der journalistischen Arbeit von Stefan Aust. In einem Interview mit ihm stellte Tom Wolfe fest, dass man „die Wirklichkeit genauso komponieren kann wie einen Roman oder eine Short Story.“ Diesem Prinzip, spannend und genau zu erzählen, bleibt Aust sein Leben lang treu, und so schreibt er auch diese Autobiografie. In lesenswerten Abschnitten beschreibt er zeitgeschichtliche Ereignisse, die seine Arbeit und sein Leben
begleiteten. Dabei werden Zusammenhänge deutlich, die ihn all die Jahre beschäftigten: die RAF („Protest, Widerstand bis Terrorismus“), die Stasi, der NSU,
V-Leute, das Bernsteinzimmer u.v.a.m..
Austs Methode beruht vor allem auf intensiven Recherchen und dem Infragestellen von Rückschlüssen ohne beweisbare Tatsachen. Seine journalistische Arbeit begann bei der Schülerzeitung „WIR“. Und obwohl er sich selber als keinen „großen Schreiber“ bezeichnet, wurde die Eigenständigkeit von „WIR“ bald Thema in der TV-Sendung Panorama. Sie machte auf Aust aufmerksam und brachte ihm wenig später in die Redaktion von „Konkret“. Nach ersten TV-Beträgen für den NDR machte Aust gemeinsam mit einem Freund aus den St. Pauli Nachrichten für sechs Monate eine Tageszeitung. Er gründete mit Spiegel TV das erste senderunabhängige TV-Politikmagazin und war mehr als 14 Jahre Chefredakteur des „Spiegel“, geprägt durch Rudolf Augstein. Seit 2014 hat er die Herausgeberschaft für die „Welt“ und „Welt am Sonntag“ inne.
Wie er sein Leben, die Entwicklung des Landes und der politischen Verhältnisse erzählt, lässt die meiste zeitgeschichtliche Prosa weit hinter sich, weil er komplexe Zusammenhänge herstellen und nachvollziehbar darstellen kann. Geprägt durch seine Vorfahren (der Großvater wird, aus einfachen Verhältnissen in Brunshausen kommend, zum erfolgreichen Hamburger Reeder, sein Vater lebt 15 Jahre als Cowboy in den USA, und ein Onkel ist begnadeter Segler und Opium-Schmuggler in Asien) suchte Aust immer Neues zu entdecken und sich auszuprobieren. Dabei behielt er seine Bodenständigkeit, was sicher mit seiner Begeisterung für Pferde, Pferdezucht und das Reiten zusammenhängt. Stefan Austs Fazit „Langweilig wird es nie auf dieser Zeitreise, die das Leben ist, bei der Beobachtung am Rande der Geschichte.“ ist nichts hinzuzufügen. Vielleicht nur, lesen Sie diese anregenden Schilderungen eines der letzten großen Journalisten der Bundesrepublik. Denn sie zeigen, dass nur Klarheit im Denken, Transparenz im Darstellen und Kontinuität im Hinterfragen lebenslang Orientierung geben können.
Stefan Aust, Zeitreise Die Autobiografie, 656 Seiten, ISBN 978 3 492 07007 2