Ein fliegendes Motorrad und 100.000 Meilen
Doreen Kröber und Andreas Zmuda fliegen seit dem 21. Juli 2012 gemeinsam auf einem Trike um die Welt. Mit dem „fliegenden Motorrad“ starten sie einen Weltrekordversuch, der sie schon über Nord-, Mittel- und Südamerika führte. Am 20. und 22. Dezember 2016 zeigen sie im Palais S ihre Multimedia-Show mit spannenden Vorträgen und beeindruckenden Bildern. Kulturfalter sprach mit den beiden über ihre Reise.
Kulturfalter: Wie weit ist euer Vorhaben 160.000 Kilometer in eurem Trike-Flieger zurückzulegen?
Doreen: Wir sind jetzt viereinhalb Jahre auf unserem Abendteuer unterwegs, haben Nord-, Süd- und Mittelamerika und die ganze Karibik überflogen. Im November haben wir Deutschland erreicht.
Andreas: Es sind jetzt 42.000 Kilometer.
Wieso gerade 160.000 Kilometer?
Andreas: Das sind 100.000 Meilen. Der alte Weltrekord beträgt 64.000 Meilen. Den wollen wir überbieten. Und wenn es dann gleich sechsstellig wird, ist das eine tolle Sache. Die Route, die wir uns ausgedacht haben, entspricht dem auch mindestens.
In unserem letzten Interview sagtet ihr, ihr braucht drei bis vier Jahre, jetzt scheinen es doch mehr zu werden?
Doreen: Das Ziel ist Sydney, Australien. Also es werden definitiv ein paar Jährchen mehr werden (lacht).
Andreas: Wir wollen natürlich auch unseren Flug genießen und nicht nur von Flughafen zu Flughafen hetzen. Als Pilot will ich immer fliegen, so sind auch die drei bis vier Jahre am Anfang entstanden. Aber Doreen hat mich dann gebremst, damit wir auch genügend Zeit haben die Länder auch wirklich kennenzulernen und umfangreich zu überfliegen. So haben wir uns beim Hudson River, der Freiheitsstatue oder Rio de Janeiro Zeit gelassen. Dazu kommen dann manchmal Zwangslandungen, wie bei einem Drogendorf in Mexiko.
Wieviele Länder habt ihr bereits gesehen?
Andreas: Wir haben 36 Länder überflogen. Nord-, Mittel- und Südamerika. In Bolivien und Venezuela konnten wir nicht einreisen. Dann kommt noch die Karibik dazu.
Wonach sucht ihr die Orte aus?
Andreas: Die Orte ergeben sich als Zwischenstationen auf der Route zum nächsten größeren Ziel. Die Flughäfen nehmen wir wie sie gerade kommen. Im Amazonas-Dschungel mussten wir beispielsweise fast jede Möglichkeit wahrnehmen, da die Flughäfen immer drei bis vier Stunden auseinander lagen. Und wir haben auch keinen Bordservice und keine Toilette, nach drei Stunden muss man da schon mal halten.
Was war das beeindruckendste Erlebnis auf der Reise?
Andreas: Für mich als Pilot waren die fliegerischen Sachen am schönsten wie das Monument Valley im Wilden Westen der USA oder über die Salzwüsten in Chile. Oder über den Dschungel oder in Rio über die Christus-Statue zu fliegen, das waren die Highlights.
Doreen: Ich bin immer gerührt über die Gastfreundschaft der Menschen, die haben wir in jedem Land erlebt. Wir wurden von den ärmsten Menschen aufgenommen. Sie waren immer herzlich und lebensfroh, obwohl sie wenig materielle Dinge hatten.
Wie reagieren Einheimische auf euch?
Andreas: In der Regel super neugierig. So ein Fluggerät ist auf den Flughäfen noch nie gelandet. Wir wurden schon oft vom Flughafen-Manager oder den Lotsen selbst empfangen. Wir beantworten bestimmt die erste halbe Stunde die Fragen der Mitarbeiter. Die schütteln den Kopf und wundern sich, wie weit wir schon gekommen sind.
Was macht ihr nach eurer Landung?
Andreas: Wir haben nie irgendwas vororganisiert. Wir wissen nicht wo wir schlafen oder den Flieger unterbringen. Der sichere Platz für das Flugzeug ist erstmal am wichtigsten. Wir müssen Tanken, bürokratische Dinge erledigen. Meistens bekommen wir dann einen Tipp, wo wir übernachten können. Oft ist das ganz preiswert oder sogar auf dem Flughafengelände. Eigentlich ist das eine tägliche Herausforderung, was zum Übernachten und Essen zu finden. Für einige mag das unsicher klingen, uns macht das riesen Spaß!
Wie tankt man in the middle of nowhere?
Andreas: (lacht) Gute Frage! Das Problem stellte sich schon oft. In den Wüsten von Peru und Chile oder in den Amazons gab es teilweise kein oder schlechtes Benzin, was dort ewig in den Fässern stand. Die Oktan-Zahl ist zu gering für uns. Wir machen dann einen Zusatz rein, aber das bleibt eine Herausforderung. Aber auch auf internationalen Flughäfen ist es oft schwierig. Die haben Kerosin oder etwas für große Jets. Wir brauchen aber Super-Auto-Benzin. Dann müssen wir mit den Ersatzkanistern zu einer Tankstelle und damit wieder in den Flughafen rein.
Wovon lebt ihr unterwegs?
Andreas: Die Finanzen zusammen zu bekommen, ist immer abenteuerlich. Wir leben sehr spartanisch. Wir freuen uns über jede Hilfe. Die Flughafenmitarbeiter sind oft wie eine große Familie. Alle wollen uns bei unserem Weltrekordversuch helfen. Wir werden oft eingeladen, bei ihnen zu schlafen, mit ihnen zu essen. Sie zeigen uns die Stadt oder waschen auch mal unsere Wäsche.
Doreen: Du hast auch schon auf dem Flughafen gewaschen. (lacht)
Andreas: Oder im Fluss. (lacht). Ansonsten verpflegen wir uns recht einfach. Wir versuchen das zu essen, was die Einheimischen essen. Wir lieben Street-Food. Ansonsten brauchen wir sehr warme Kleidung, Skiunterwäsche. Auch in der Karibik ist es in der Luft recht frisch. Wir haben heizbare, leichte Motorrad-Kleidung.
Braucht ihr eigentlich eine Flugerlaubnis?
Andreas: Ja, wir sind ein zugelassenes Flugzeug, auch wenn es nicht so aussieht. Wir haben alle notwendigen Papiere und Instrumente wie große Flugzeuge auch an Bord, sodass wir uns legal in jedem Flugraum in allen Ländern aufhalten können. Dazu gehört auch der weltweit gültige Pilotenschein, den ich in den USA gemacht habe.
Steht Deutschland regelmäßig bei euch auf dem Plan?
Andreas: Ja! Denn für die Finanzierung unseres Projektes ist es ganz ganz wichtig, dass wir jedes Jahr hier eine Multivisions-Tour mit Vorträgen und Videos und Fotos veranstalten.
Doreen: Da freuen wir uns immer besonders drauf, auch in diesem Jahr in Halle zu sein.
Was macht ihr, wenn ihr euer Ziel erreicht habt? Schon Pläne?
Andreas: Das ist in vielleicht sechs bis zwölf Jahren. Was macht ihr in zwölf Jahren? (lacht)
Vielen Dank für das Interview.
Der Verleih Trike-Globetrotter-Project bringt seinen spannenden Dokumentar-Reisefilm VOGELFREI. Ein Leben als fliegende Nomaden über die vierjährige Reise in einem Trike, dem „Motorrad der Lüfte“, am 8. Juli 2021 in die Kinos.