Ein sehr cooles Land - Austauschstudentin Scyllia Ahlouwa im Interview
Für Studenten gehört ein Auslandssemester inzwischen fast schon zum Pflichtprogramm. Das perfekte Erlernen einer Fremdsprache, das Kennenlernen anderer Sitten, Bräuche und neuer Freunde, das Verfestigen sogenannter Softskills, die Punkte im Bachelor- und Mastersystem sowie verbesserte Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind nur einige Gründe, warum Studenten das Weite suchen. Doch wie ist es für junge Menschen, für die Halle weit weg ist und für die die schöne Stadt an der Saale Ausland ist? In Halle studieren rund 1600 Studenten aus 100 Ländern, welche vom „International Office“ der Uni Halle betreut werden. Diese Zahl ist in den vergangenen Jahren gestiegen, was nicht zuletzt an den 53 Universitätspartnerschaften der Martin-Luther-Universität (MLU) liegt. Die Partnerschaften ermöglichen Studiaustausche bis nach Australien oder Lateinamerika. Eine der Austauschstudentinnen ist Scyllia Ahlouwa. Die gebürtige Pariserin hat sich an Halles Partneruniversität Université Paris Ouest Nanterre La Defense an der sie angewandte Fremdsprachen studiert, für ein Auslandsemester in Halle entschieden. Die Zwanzigjährige, absolviert ferner ein Praktikum beim regionalen Kulturmagazin Kulturfalter. Wissenschaftsredakteur Martin Große sprach mit ihr über ihre Erfahrungen mit Halle.
Wieso hast Du Dich für Halle als Studienstandort entschieden?
Meine Universität ist die Partneruniversität der MLU, und da ich ein Doppeldiplom (Licence de LEA) anstrebe, musste ich ein Auslandsemester absolvieren. Im Rahmen der Partnerschaft ging es eben nach Halle.
Nicht viele Franzosen studieren Deutsch. Warum hast Du Dich für diese schöne und schwierige Sprache entschieden?
Das kam vor allem durch meinem Bruder. Er hat immer gesagt, dass Deutsch eine coole Sprache ist, die aber ungewöhnlich zu lernen ist, ich damit aber sicher einen guten Job finden werde.
Zwischen Paris und Halle liegen Welten. Was hattest Du für ein Bild von Halle und Deutschland, und haben sich Sachen bestätigt?
Ich hatte kein bestimmtes Bild oder Vorurteil von Deutschland. Aber es gibt in Frankreich einige Sachen, die alle von Deutschen denken. Das ist so etwas, wie: Deutsche sind sehr pünktlich, trinken viel Bier, essen oft Kartoffeln, Wurst und sind sehr streng.
Was hat sich bewahrheitet?
(Lacht) Naja, die Pünktlichkeit. So pünktlich wie hier bin ich in Frankreich nicht. Das mit dem Bier und der Wurst stimmt auch, aber ansonsten seid Ihr alle sehr normal. Es ist schon ein cooles Land.
Gibt es Unterschiede im Studium zwischen Frankreich und Deutschland?
Oh ja. In Frankreich ist es eher passiv. Bei uns gibt es keinen Austausch im Seminar. Wir hören zu, schreiben auf ‒ und das war es. In Deutschland wird viel geredet und debattiert, und es gibt mehr Praxis. Gibt es etwas Konkretes, an dem Du forschst in Halle? Ja, ich schreibe meine Bachelorarbeit über die Darstellung des französischen Staatspräsidentschaftswahlkampfes in der deutschen Presse, und ich vergleiche das deutsche und französische Wahlsystem in einer Hausarbeit. Es ist eine perfekte Zeit dafür, da gerade auch die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen waren.
Gibt es schon Ergebnisse?
Dafür ist es noch zu früh. Aber es gibt viele Unterschiede, das ist klar. Hattest Du Bedenken, nach Deutschland zu kommen? Nein, das hatte ich nicht. Meine Koordinatoren in Frankreich haben mich vor Gefahren gewarnt, aber es war Quatsch. Ich fühle mich wohl hier und habe nicht das Gefühl, vor etwas Angst haben zu müssen.
Was gefällt Dir an Halle?
Die Stimmung ist sehr angenehm. Es gibt keine Langeweile, denn es ist immer etwas los. Es wird im Park gegrillt, es gibt immer eine WG-Party. Das ist wirklich toll. In Paris wohne ich bei meinen Eltern, und das Leben ist sehr teuer. Da unternehme ich nicht so viel wie hier. Am besten gefällt mir an Halle aber die Peißnitz.
Liebe Scyllia, Danke für das Gespräch