Studenten organisieren Bildung

Was machen Studenten, wenn sie mit der allgemeinen Bildungssituation unzufrieden sind? Sie demonstrieren, unterschreiben Petitionen, besetzen Hörsäle, ziehen sich nackt aus und??? Man kann sein Schicksal auch selbst in die Hand nehmen. Dass dies mit Erfolg funktioniert, zeigt seit sieben Jahren der studentische Verein SFI Halle e.V. Der Verein (Studentische Förderinitiative der Naturwissenschaften) entstand aus einer Protestaktion gegen Studiengebühren heraus. Die damaligen Protestler beschlossen, es nicht beim reinen Protest zu belassen, sondern entschieden sich die Chancen des Bologna Prozesses und der neuen Bachelor- und Masterregelungen zu nutzen und selbst Anbieter von Projekten und Bildung zu werden. Die Möglichkeit der Studenten zum Anbieter von Bildung zu werden, versteckt sich in der Abkürzung ASQ – Allgemeine Schlüsselqualifikation. Laut neuen Studienregeln muss jeder Student in seinem Bachelor-Studiengang hierfür zehn Leistungspunkte erbringen. ASQ sind beispielsweise Fremdsprachen, Techniken der Präsentation und Argumentation, des Schreibens und des Redens sowie Medienkompetenzen.

Ziel des Vereins ist eine bessere Qualität der Lehre

Die Ziele des Vereins sind eine bessere Qualität der Lehre an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, eine ausreichende Finanzierung der Lehre und ein gebührenfreies Studium. Da lag es nahe selbst zu zeigen, was möglich ist. So begann man damit, Tutorien zu organisieren und dafür Spenden zu sammeln und organisierte die „Science meets Companies“ Messe. Bei dieser treffen Unternehmen auf die Studierenden und beide haben die Möglichkeit sich kennenzulernen. Inzwischen ist die von SFI organisierte Karrieremesse nicht mehr aus Halle wegzudenken. Unternehmen wie Bayer, DIS AG, Berlin Chemie, Analytik Jena und viele andere sind regelmäßig zu Gast auf der „Science meets Companies“ und kommen gern wieder, weil sie hier ihr zukünftiges Personal rekrutieren können. „Durch die Veranstaltung wurde ich auf das Unternehmen Sanofi Aventis aufmerksam und konnte auf der Messe bereits erste Kontakte knüpfen. Dies erwies sich im Nachhinein bei der Bewerbung auf eine Stelle als Werkstudent als Vorteil, da ich sofort eine Zusage bekam.“ so Josefin Müller über ihre Erfahrungen mit der Messe. Inzwischen umfasst das Bildungsangebot des Vereins Bewerbungsseminare, Exkursionen, Seminare über Produktentwicklung und sogar Ringvorlesungen, wie zum Thema „Bioethik“.



Wie agiert der Mensch in seiner Umwelt?

Der Begriff der Bioethik entstand in Halle und hat noch keine feste Definition. Genau deswegen gibt es die Ringvorlesung, die im Wintersemester 2012/13 vom Verein angeboten wird. „Mit der immer rasanter werdenden Entwicklung in Zweigen der Biowissenschaften wie zum Beispiel der Grünen Gentechnik, Methoden des Enhancements und anderen wird es zunehmend wichtiger, auch die ethische Vertretbarkeit der sich daraus ergebenden neuen Methoden zu hinterfragen. Eine weitere wichtige Aufgabe wird es sein, vorhandene Strukturen in Bereichen wie dem Umweltschutz oder der Tierzucht zu beleuchten. Aus diesem Grund wollen wir mit unserem Bioethik-Projekt besonders angehende Wissenschaftler zum ethischen Hinterfragen des eigenen Handelns anregen.“ so der Verein auf seiner Website über den Hintergrund der Vorlesung. Außerdem möchte der Verein auch als Bindeglied zwischen Öffentlichkeit und Wissenschaft dienen. Deswegen ist diese Veranstaltung für jeden offen und die Studierenden der Naturwissenschaften können mit zusätzlichen Seminaren und Exkursionen diese Veranstaltung auch als ASQ belegen. Im Laufe der Zeit hat sich der Verein durch seine Arbeit einen guten Namen gemacht und so ist es für die Studenten möglich mit Unterstützung der Professoren, wie Dr. Hans Lilie oder Dr. Matthias Kaufmann, Koryphäen der Wissenschaften einzuladen. So kann man im Rahmen der Ringvorlesung Professor Dr. Jochen Taupitz, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Ethikrates, die Gottfried Wilhelm Leibniz-Preisträgerin Professor Dr. Ulla Bonas oder Professor Dr. Jörg Hacker, Präsident der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina erleben. „Möglich ist dies auch, weil die Vorlesungen sehr gut besucht sind und nicht vor wenigen Studenten und Doktoren im Elfenbeinturm stattfinden. Wir haben bei jeder Veranstaltung ca. 300 Besucher. Seitdem wir auch Podiumsdiskussionen anbieten, findet die Ringvorlesung jetzt in der Harzmensa statt.“ erzählt Friedel Magdalena Barth. Die 21-jährige Studentin ist Teamleiterin der Vorlesungsreihe.

Die Ursprünge nicht vergessen

Bei all diesen Aktivitäten hat der Verein aber seine Gründungsideen nicht vergessen. „Die Zusammenarbeit mit der Uni ist hervorragend“, so Tobias Halfpap von SFI. „Wir bekommen Unterstützung bei der Raumplanung und auch finanzielle Mittel, allerdings bestehen wir darauf, dass diese nicht aus dem Topf der Studiengebühren kommen. Alle Veranstaltungen sind für die Studenten kostenlos.“



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