„Mit Kraft Und Mut, Für Des Nächsten Gut“ – Zur Geschichte der Feuerwehr in Halle

Am 22.1.1820 wurde in Lossow (Frankfurt/Main) ein Mann geboren, welcher das Feuerwehrwesen in Halle nachhaltig beeinflussen sollte. Dieser Mann war Dr. Otto Eduard Vincent Ule, der als erster Feuerwehrkommandant und Begründer des modernen Brandschutzes in die Geschichte von Halle einging.

1840 begann Ule in Halle ein Studium der Theologie, was er aber schnell gegen das Studium der Naturwissenschaften und Mathematik austauschte und worin er 1845 auch sein Oberlehrerexamen und 1847 seinen Doktortitel erlangte. Nach einer naturwissenschaftlichen Karriere wurde er 1868 zum Leiter der damaligen Turnerfeuerwehr gewählt. Dr. Ule reformierte das Löschwesen in Halle vor allem durch die Verbesserung der technischen Ausstattung. Dazu ließ er einen Steigenzug, einen Spritzenzug und einen Rettungszug aufstellen. Außerdem sorgte er dafür, dass der Feuerwehr mehr Rechte zuerkannt wurden. Bis zu seinem Unfalltod bei einem Einsatz 1876 veränderte Ule das Feuerwehrwesen in Halle grundlegend. Durch sein Engagement setzte er in Halle den Grundstein für die Entwicklung hin zu einer organisierten Feuerwehr.



Knapp 40 Jahre später sollte eine weitere Person das hallesche Feuerwehrwesen beeinflussen. Die Rede ist von Martin Rohr, der als einer der anerkanntesten Feuerwehroffiziere auch über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt war. Im Jahr 1913 trat er seinen Dienst als Branddirektor der Berufsfeuerwehr in Halle an. Bis 1946 führte er viele technische Neuerungen im Löschwesen ein und gab sein Wissen an die nächste Generation weiter, indem er die Ausbildung von Werkfeuerwehren im mitteldeutschen Raum übernahm. Vor allem in Fachkreisen hat er sich einen bleibenden Namen gemacht. Diese beiden Geschichten sowie die Entwicklung der Feuerwehren in Halle sind im „Feuerwehrmuseum Halle-Ammendorf“ nachzuerleben. „Mit Kraft Und Mut, Für Des Nächsten Gut“ ist dort auf der historischen Fassade des 1911 erbauten Spritzenhauses zu lesen, welches zum Denkmal erklärt und 2010 komplett renoviert wurde. Die besondere Außenarchitektur mit dem integrierten Schlauchturm erinnert zunächst eher an eine Kirche als eine Feuerwache. Hinter den Mauern befinden sich keine verstaubten Relikte aus vergangenen Zeiten, sondern eine moderne Feuerwehr im historischen Gewand. Hier verschmelzen Geschichte und Gegenwart zu einer Einheit.5)



Neben dem vollausgestatteten Schulungsraum befindet sich der Eingang zum Museum. Darin werden, neben der Veränderung der Feuerwehrhelme vom Vorbild des Ritterhelms zum modernen Helm mit verspiegeltem Visier und Nackenschutz, die Entwicklung der Uniformen, eine historische Löschgerätesammlung und vieles mehr aufgezeigt. Darunter befinden sich jedoch nicht nur deutsche Exponate, sondern Feuerwehrausrüstungen aus der ganzen Welt. Unter anderem gibt es dort eine Uniform aus Brasilien und Malaysia, eine Waldbrand-Uniform aus Griechenland sowie Helme aus der Türkei, Neuseeland und New York. Dabei handelt es sich stets um Originale. Das Herzstück der Ausstellung jedoch ist eine Kapsel mit einem Schriftstück von Dr. Otto E. V. Ule, welche er 1871 vergraben hatte. Nach intensiver Recherche wurde diese Hinterlassenschaft Ules 2007 auf der Würfelwiese in Halle geborgen. Aufgrund des Zerfalls nach 136 Jahren konnte seine Botschaft aber nicht mehr entschlüsselt werden. Einzig das Wort „Gerechtigkeit“ ist darauf noch zu erkennen. Was genau Ule damit sagen wollte, ist nicht bekannt. Allerdings gibt es aufgrund seines Wirkens und seiner politischen Einstellung Theorien über den Inhalt der verblassten Thesen, über die ebenfalls im „Feuerwehrmuseum Halle-Ammendorf“ Näheres berichtet wird.

Madeleine Adler, Kulturfalter Mai 2015