Ein neues Wahrzeichen für die Stadt – Sechs Türme von Halle
Stadtbaurat Wilhelm Jost (1874–1944) schuf mit seiner „Städtischen Schwimm- und Badeanstalt“, die zu Beginn des Jahres ihr 100. Jubiläumfeierte, einen Palast für Körperhygiene und Gesundheit – und noch immer ist dieses Bad ein Kulturdenkmal von europäischem Rang, eine aktive Sportstätte und ein Identifikationsort der Hallenser. Der Turm des Stadtbades ragt nun erneuert als ein Wahrzeichen der Stadt über die Dächer und ist damit ein Leuchtturm für diese wichtige Gesundheitsstätte. Als solches hatte der Stadtbaurat Jost den Turm mit seiner Bekrönung bereits in seinen frühen Zeichnungen und Entwürfen deutlich herausgearbeitet. Er passte die Turmkrone bewusst in das Stadtbild ein. Die Giebelkränze mit den markanten „Zapfen“ verweisen gewollt auf die wichtigen Türme der Stadt: die Hausmannstürme, den Roten Turm und auch auf den verlorenen Turm des alten Rathauses.
Die Rekonstruktion des Stadtbadturmes bedeutet nicht nur eine Rückführung der historischen Stadtsilhouette. Sie ist eingegliedert in die Sicherung der Außenfassaden des Stadtbades, die aktuell mithilfe der„Städtebauförderung Stadtumbau Ost“ bewerkstelligt werden kann. In Zusammenarbeit mitdem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt und der Unteren Denkmalschutzbehörde wurde geprüft, welche Elemente der ursprünglichen Gestalt des Turmes bei der Sanierung wiederhergestellt werden konnten. So erstrahlt der Turm nun wieder mit Kupferdecke, doppeltem Giebelkranz und den 16 Zapfen wie im Jahre 1916.
In mindestens zwei verschiedenen Entwürfen und einem Pastell von Wilhelm Jost finden sich der für den Druckausgleich notwendige Wasserbehälter mit seiner kupfergedeckten Haube, dem doppelläufigen Giebelkranz inklusive 16 Zapfenabschlüssen und einer überlebensgroßen, zirka vier Meter hohen Plastik – auf die Rekonstruktion dieser Figur musste jedochaus Kostengründen verzichtet werden.
Die damals das Bad bekrönende Figur– der „Sonnenanbeter“, wie sie in den Akten des Stadtarchivs bezeichnet wird – wurde von dem Bildhauer Fritz Mänicke (1863–1933) geschaffen. Fritz Mänicke, der seit 1901 eine Bildhauerwerkstatt und ein „Atelier für Anfertigungen von Modellen aus Stein, Holz und Bronze“ in Halle unterhielt, arbeitete in seinen jungen Jahren am Kyffhäuserdenkmal mit. Eine seiner preisgekrönten Arbeiten ist sein Entwurf für die Erinnerungsmedaille auf den Blumenkorso beim Laternenfest auf der Saale, die vom Direktor des Städtischen Museums, des heutigen Kunstmuseums Moritzburg, Max Sauerlandt (1880–1934) im „General-Anzeiger“Nr. 182 (6.8.1912) ausgiebig gewürdigt wurde.
Die kupferne Figur modellierte Mänicke frei nach den Entwürfen von Jost. Ein im Kontrapost stehender unbekleideter Jüngling streckt die Arme der Sonne entgegen. Ideelles Vorbild für die Figur war eine der wenigen erhaltenen griechischen Bronzeplastiken, der „Betende Knabe“ (300 Jahre v. Chr.) aus der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin.
Zudem kann unser „Sonnenanbeter“ als Symbol der Reformbewegung des noch jungen 20. Jahrhunderts gedeutet werden – damit verkörperter Gesundheit, Kraft und Wohlbefinden – denn das Stadtbad war mit seinen „Bädern“ ein Ort der Gesundung, von sportlichen Aktivitäten und des Wohlbefindens.
Wenn nach der Sicherung der Fassaden in den nächsten Schritten u.a. die zur Erhaltung der Schwimmflächen dienende Technik und die Innenräume saniert und modernisiert werden, hat die Stadt Halle nicht nur ein schönes Denkmal mehr, sondern auch eine auf lange Zeit funktionierendewichtige Stätte für den Gesundheits- und Schulsport im Bereich der noch wachsenden Gesundheits- und Wellnessbranche.
(Autor/in: Kathleen Hirschnitz)