Karl August Jacob (1798–1866) – Pionier der Rübenzuckerindustrie und Politiker

Am 25. März 1866 verstarb der hallische Zuckerfabrikant und Politiker Karl August Jacob (Abbildung). Ein enger Mitstreiter und Freund Ludwig Wucherers (1790–1861) und wie dieser auch kommunalpolitisch tätig, hatte Jacob zu jenen Personen gehört, die den Handel und die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Halle seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in besonderem Maße prägten.

1798 als Sohn des praktischen Arztes Dr. Karl Gottlieb Jacob geboren, besuchte er zunächst die Stadtschule, darauf das Pädagogium der Franckeschen Stiftungen. Als aber sein Vater 1813 während der Befreiungskriege als Leiter des Lazaretts in der Moritzburg an Typhus starb, rückte Jacob von zuvor gehegten Studienplänen ab. Er begann als Lehrling mit einer kaufmännischen Ausbildung in der Leipziger Handelsfirma Weinich. Es folgte eine vieljährige Tätigkeit in Amsterdam und Braunschweig. Nach seiner Rückkehr nach Halle wurde Jacob 1826 Mitbetreiber und Teilhaber der Materialwarenhandlung Friedr. Dürcking & Co.



Jacob lag die Stärkung der Wirtschaftskraft seiner Heimatstadt am Herzen: 1832 war er Gründungsmitglied des „Vereins für hallischen Handel“. Seine Firma gehörte auch dem „Comité zur Beförderung der Saaleschiff fahrt“ an – in diesen Jahren wurden ein neuer Packhof und Niederlageplatz am Ufer der Saale eingerichtet. Bald wandte sich der umtriebige Mann der Produktion und dem Vertrieb von Zucker aus heimischen Zuckerrüben bzw. „Runkelrüben“ zu. Dies ließ ihn zu einem Pionier und engagierten Vertreter der Rübenzuckerindustrie in Halle und in der Region werden. Um die Wende zum 19. Jahrhundert war die Gewinnung von Zucker aus der Zuckerrübe durch Franz Carl Achard (1753–1821) in industriellem Rahmen möglich geworden. Aufgrund der guten Bodenverhältnisse bestanden in der preußischen Provinz Sachsen beste Voraussetzungen für den Anbau der Rübe, was der Landwirtschaft völlig neue Einnahmemöglichkeiten bot.

In Halle baute Karl August Jacob seit den 30er Jahren am „Hospitalplatz“, unweit von Cyriacus-Hospital und St. Georgen, in der Glauchaer Straße, seine Zuckersiederei auf: den ersten Industriebetrieb der Stadt. 1835 war er Mitbegründer der „Hallischen Zuckersiederei auf Aktien“. Fortan baute diese im Umkreis der Stadt auf eigenen und gepachteten Böden Zuckerrüben an. Zuvor war der Rohstoff für Zuckernicht im Lande produziert, sondern als Roh-Rohrzucker aus Holland (und dessen Kolonien) eingeführt und in Halle in nur bescheidenen Umfang versotten worden. Um die heimischen Produkte zu stärken, setzte sich Jacob intensiv für die Interessen der Zuckerproduzenten und höhere Zölle auf den Rohrzuckerimport ein. Hiermit begann seine politische Tätigkeit. 1849 wurde er Mitglied des preußischen Landtages, dem er als Abgeordneter der „Altliberalen Mittelpartei“ angehörte.



In den Folgejahren besetzte Jacob weitere, unzählige Ämter: 1849 bis 1866 war er Vorsitzender der Handelskammer; 1850 gründete er den „Verein der Deutschen Zuckerindustrie“ mit. Er war vom volkswirtschaftlichen Nutzen der Zuckerindustrie überzeugt, die Männern und Frauen gleichermaßen Erwerbsmöglichkeiten bot. Auch für andere Industriezweige setzte sich Jacob ein, mit dem Ziel, die Energieversorgung („Feuerungsbedarf“) zu verbessern und die Infrastruktur zu fördern. So gründete er die 1854 Sächsisch-Thüringische Braunkohlen-AG mit, förderte den Eisenbahnbau und die landwirtschaftliche Produktenbörse. Die Zuckerproduktion war ihrerseits eine wichtige Voraussetzung für den Aufstieg und das Wachstum der hallischen Maschinenindustrie und des mitteldeutschen Bergbaus.

Seit 1836 gehörte Jacob der hallischen Stadtverordnetengesellschaft an, deren Vorsitz er seit 1845 führte. Immerhin die unweit der ehemaligen Zuckersiederei auf die Glauchaer Straße mündende „Jacobstraße“ erinnert an diesen Hallenser, dessen Wirken für die Entwicklung der Stadt hin zu einem modernen Handels- und Industriestandort von besonderer Bedeutung war. Noch im 20. Jahrhundert war die Zuckerproduktion ein wichtiger Industriezweig in Halle.

(Autor/in: Andrea Thiele)