Carl Adolph Riebeck - Pionier des Mitteldeutschen Braunkohlebergbaus
Im September 2021 jährt sich zum 200. Mal der Geburtstag einer nicht nur für Halle, sondern für die gesamte Region wichtigen Persönlichkeit: Carl Adolph Riebeck. Den Hallensern und Hallenserinnen ist der Name aufgrund des „Riebeckplatz“ benannten Verkehrsknotenpunktes unweit des Bahnhofs, aber auch wegen des Seniorenheims „Riebeckstift“ gut bekannt. Was aber verbindet sich ursprünglich mit diesem Namen? Carl Adolph Riebeck war ein herausragender mitteldeutscher Bergbau-Unternehmer in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Er war ein Mann, dem trotz geringer Schulbildung der Aufstieg und eine kaum vergleichbare Erfolgsgeschichte gelangen, ein Praktiker und Patriarch, der die Gunst der Stunde – die in den 1860er-Jahren erfolgende Wandlung Mitteldeutschlands zu einer Industrieregion – zu nutzen wusste und ein Firmenimperium errichtete.
Der am 27. September 1821 geborene Riebeck war Sohn eines Bergmanns aus Clausthal im Harz. Er hatte kein Studium absolviert, nicht einmal eine höhere Schule besucht und bereits als Kind im Erzbergbau arbeiten müssen. Nach Ausbildung als Lehrhäuer begab er sich auf Wanderschaft, sammelte Erfahrungen im damals noch randständigen Braunkohlebergbau und war für die „Sächsisch- thüringische Aktiengesellschaft für Braunkohlenverwertung“ tätig.
1858 etablierte Riebeck ein eigenes Unternehmen: In Grosserau bei Weißenfels pachtete er eine Braunkohlegrube und eröffnete eine Ziegelei und eine Schwelerei. Hier destillierte er mittels eines noch nicht lange angewandten Verfahrens Teer und weitere Braunkohlenprodukte aus „fetter“, bitumenhaltiger Kohle. 1859 eröffnete Riebeck in Webau eine Produktionsstätte für Paraffin, einem weiteren Veredlungsprodukt der Braunkohle. Ab 1865 wurden im großen Stil kostengünstige Kerzen hergestellt, die bis nach England und Amerika exportiert wurden.
Riebeck vergrößerte das Spektrum seiner Produkte und wandte sich der bitumenärmeren Kohle als Brennstoff zu. Er begann mit der Produktion von Koks, der durch das Schwelen von Braunkohle hergestellt wird, und mit der Verpressung von Kohle zu Briketts, u. a. am Standort Luckenau. Mit Koks und Briketts setzte sich eine neue Art des Heizens durch, durch die weitere Absatzmärkte entstanden. Braunkohle wurde aber auch als Brennmaterial für die aufkommende Zuckerindustrie, den Maschinenbau und die Kaliproduktion benötigt.
Um diesen Bedarf zu stillen, erwarb der Unternehmer landwirtschaftliche Flächen (später auch nicht wenige Rittergüter) sowie die damit verbundenen Nutzungsrechte an den Bodenschätzen und etablierte weitere Gruben. Nachdem zunächst Halle, ab 1858 Weißenfels Riebecks Wohnsitz gewesen war, verlegte er diesen 1866 zurück nach Halle, das sich als Banken- und Wirtschaftszentrum etablierte. Hier stand er in Kontakt zur Universität, u. a. zu dem jungen Mineralölchemiker Carl Engler (1842–1925). Die Firma konnte die für die Expansion benötigten Kredite begleichen, die etwa das Bankhaus Steckner zur Verfügung stellte. Sie profi tierte vom allgemeinen Aufschwung, der auch mit der Einrichtung von Eisenbahnlinien verbunden war – seit 1840 war Halle an das Bahnnetz angeschlossen. In 25 Jahren schuf Riebeck eine Firma, die über ein Imperium von Bergbaugruben verfügte und nach seinem Tod 1883 als „A. Riebeck’sche Montanwerke Aktiengesellschaft“ fortexistierte. Die Riebeck’schen Werke boten vielen Menschen Arbeit und Lohn und waren eine der Wurzeln des Mitteldeutschen Braunkohle-Reviers und der Chemieregion zwischen Halle, Merseburg, Weißenfels und Zeitz.
Auch als Bürger Halles spielte Riebeck eine Rolle. 1868 bis 1881 war er Mitglied der Stadtverordneten-versammlung, zwischen 1872 und 1878 Mitglied der Handelskammer. Er war ein wichtiger Geldgeber für den 1875 errichteten, von Fritz Schaper geschaffenen „Siegesbrunnen“ auf dem Marktplatz, der an die Gefallenen des Deutsch-Französischen Krieges erinnerte. Soziale Absicherung setzte Riebeck ein, bevor dies gesetzlich verpflichtend wurde.
Der zunächst Leipziger Platz genannte, zwischen Leipziger Turm und dem Bahnhof befindliche Riebeckplatz erhielt seinen Namen 1891. 1945 in Thälmannplatz umbenannt, kam es 1991 zu seiner Rückbenennung. In Haus Leipziger Platz 1 bewohnten Riebeck und seine Familie das erste Obergeschoss; im Untergeschoss befand sich die Verwaltung der Firma. Zur Zeit der Aktiengesellschaft wurde das Gebäude erheblich erweitert. 1926 erschien in den „Mitteldeutschen Lebensbildern“ eine erste Biographie des Bergbau-Unternehmers von Dr. Herrmann Krey, dem langjährigen Leiter der chemischen Betriebe der Riebeck’schen Montanwerke. 1933 entstand anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Firma eine erste große, illustrierte Dokumentation.
Die Zentrale Kustodie der Martin-Luther-Universität zeigt bis zum 1. November im Löwengebäude die Ausstellung: „Unser Revier. Mitteldeutschland im Wandel“. Informationen unter: www.kustodie.uni-halle.de. Das Stadtmuseum in der Großen Märkerstraße präsentiert anlässlich des Geburtstags eine Anzahl von Veranstaltungen: Informationen unter: www. stadtmuseum-halle.de. Foto: Stadtarchiv Halle
Kerzenproduktion aus Paraffin, Foto von 1883