Georg Friedrich Meier (1718–1777) - Ein geselliger Ästhetiker aus Ammendorf

Sätze wie dieser regen zum Nachdenken an: „Der Schertz muß das Gemüth auf eine angenehme Art erschüttern, und die verwirrte Bewegung verursachen, die wir das Lachen nennen.“ Er stammt aus der Feder des am 29. März 1718, also vor 300 Jahren, in Ammendorf geborenen Pfarrerssohnes Georg Friedrich Meier. Dieser wird von früh an mit der besonderen geistigen Situation in der Stadt Halle, dem widerspruchsvollen Neben-, Gegen- und Miteinander von früher Aufklärung und Pietismus vertraut.

Sein Vater, der aus Eimersleben gebürtige Gebhard Friedrich Christoph Meier, war am 3. Mai 1704 an der halleschen Universität, der Fridericiana, immatrikuliert und damit in den pietistischen Geist der Theologischen Fakultät einbezogen worden. Er und seine Gattin Dorothea, die aus Magdeburg stammende Tochter Nicolai Kuskopfs, kümmern sich um die geistige Entwicklung des von Geburt an kränkelnden Knaben, dem der Vater – vermutlich wegen dessen labiler Gesundheit – untersagte, sich mit gleichaltrigen Bauernjungen abzugeben. Stattdessen liest er viel, malt und beschäftigt sich mit geistlichen Fragen. Kurzzeitig besucht er 1726/27 die Lateinschule der Franckeschen Stiftungen, erhält dann jedoch Privatunterricht bei dem Oberdiakon der halleschen Ulrichskirche Christoph Semler, der bereits die Idee einer Realschule entwickelt und 1708 kurzzeitig verwirklicht hatte.

Im Frühjahr 1735 nimmt der begabte Ammendorfer ein Studium der Theologie an der Fridericiana auf. Maßgeblich beeinflusst wird er dabei von Siegmund Jacob Baumgarten, in dessen Haus in der Großen Märkerstraße er auch Kost und Logis findet. Der 1734 zum Professor der Theologie ernannte Gelehrte macht seinen Hausgast mit den seinerzeit noch in Preußen verbotenen Werken des Philosophen Christian Wolff vertraut. Meier studiert sie intensiv und macht sich eine ganze Reihe von Gedankengängen Wolffs zunutze.



Ein Wolffianer im eigentlichen Sinne, wie das gelegentlich in der Forschung zum Ausdruck kommt, wird er indes nicht. Vielmehr kann man ihn als einen Mediator bezeichnen, der versuchte, einen, wenn auch nicht unproblematischen Mittelweg zwischen Wolffianismus und Pietismus zu begehen − ähnlich wie der jüngere Bruder des Theologen, Alexander Gottlieb Baumgarten, mit dem sich Meier anfreundet. Der war 1735 mit einer Promotionsschrift unter dem Titel Philosophische Betrachtungen über einige Bedingungen des Gedichts hervorgetreten, in der erstmals von der Ästhetik, einer neuen philosophischen Disziplin, die Rede ist. Am 25. April 1739 wird Meier zum Magister promoviert. Im gleichen Jahr beginnt seine lebenslange Freundschaft mit dem Pfarrer Samuel Gotthold Lange. Sie erwuchs aus einem Briefwechsel, den Lange, der 1739 das Pfarramt in dem der Stadt Bernburg benachbarten Laublingen übernommen hatte, in Gang bringt.

Obwohl Meier dem geistlichen Beruf zugeneigt war, entscheidet er sich auf Grund seiner angegriffenen Gesundheit für die Karriere eines Hochschullehrers an der Fridericiana. Die beginnt mit großem Erfolg, über 300 Zuhörer besuchen in der Regel seine Vorlesungen. Darüber hinaus publiziert er eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Werken, in denen er sich u.a. mit der Ästhetik beschäftigt, so beispielsweise in der anfangs zitierten Schrift „Gedancken von Schertzen“. Für seine vierbändige Metaphysik macht ihm der hallesche Verleger Johann Justinus Gebauer sogar ein Haus am Großen Berlin zum Geschenk.



Großen Wert legt der Gelehrte auf eine gepflegte bürgerliche Geselligkeit. Zusammen mit dem dichtenden Pfarrer Lange gibt er in den vierziger und fünfziger Jahren des 18. Jahrhunderts zwei Moralische Wochenschriften, Der Mensch und Der Gesellige, heraus, in denen geselliges Leben geradezu zu einer Forderung erhoben und theoretisch erörtert wird. So tadelt Meier in einem Beitrag die Kritik pietistischer Eiferer in Halle am misstrauisch betrachteten Konzertleben mit drastischen Worten. Wenn „das Besuchen der musicalischen Gesellschaften für unehrbar und unanständig gehalten“ werde, dann müsse „man einen solchen Ort beklagen, dessen allgemeines Urtheil von der Anständigkeit der Sitten von einem solchen Schwindelgeiste beherrscht wird.“ Das wirkte, fortan konnte sich in Halle unangefochten ein geselliges Leben entfalten. Dazu gehörte auch die Gartenkunst, der Meier seine besondere Aufmerksamkeit widmet. In seinem am Giebichenstein gelegenen Gartengrundstück, dem „Tusculum“, verstirbt er am 21. Juni 1777. Sein Schüler und Freund Carl Christoph von Hoff mann gestaltete dem Verblichenen ein dessen Verdiensten angemessenes Andenken. In seinem englischen Garten im Halle nahegelegenen Dieskau ließ er ein Denkmal errichten, das an ihn erinnern soll.

Es handelt sich dabei um das erste Denkmal in Deutschland, welches das Andenken einer bedeutenden bürgerlichen Persönlichkeit öff entlich feiert – und nimmt somit eine Sonderstellung innerhalb der deutschen Denkmalkultur ein.

(Autor/in: Hans-Joachim Kertscher)