Geburtstag von Julius Kühn – Ernennung zum Ehrenbürger von Halle
Julius Kühn (1825–1910) ist der Begründer der Agrarwissenschaften in Halle. Als Professor der Universität Halle-Wittenberg wurde Kühn für die 1863 erfolgte Gründung des landwirtschaftlichen Institutes sowie für die Errichtung einer Versuchsanlage bekannt, auf der bis heute im Experiment Erkenntnisse gewonnen werden, darunter auch der 1878 eingerichtete Dauerversuch „Ewiger Roggenbau“. Außerdem entstanden über 300 Veröffentlichungen zu allen Bereichen der Viehzucht und des Pflanzenanbaus.
Geboren am 23. Oktober 1825 in Pulsnitz als Sohn eines Gutsinspektors, erhielt Julius Kühn schon in frühen Jahren Zugang zur Landwirtschaft und sammelte Erfahrungen in der Praxis. Seiner Promotion an der Universität Leipzig folgte am 30. April 1862 seine Ernennung zum ordentlichen Professor für Landwirtschaft an der Universität in Halle. Rufe in andere Universitätsstädte lehnte er ab, um weiter in Halle lehren zu können. Zu diesen Städten gehörten Göttingen, Berlin, Hohenheim und Wien. Ein sehr bedeutendes Ereignis im Leben von Julius Kühn war der Erhalt der Ehrenbürgerschaft zu Halle an seinem 70. Geburtstag. Dieses Fest beging er im Jahr 1895. Durch einen einstimmigen Beschluss der städtischen Behörden erhielt Julius Kühn das Ehrenbürgerrecht der Stadt Halle verliehen. Oberbürgermeister Gustav Staude (1843–1909), der seine goldene Amtskette trug, und der Professor der Klassischen Philologie, Doktor Dittenberger, welcher ab 1894 als Vorsteher der Stadtverordneten tätig war, überreichten die Ehrenbürgerurkunde.
Obwohl er sich sehr überrascht zeigte, sprach Kühn den städtischen Vertretern seine große Freude und Dank aus. Die Ehrenbürgerurkunde lag in einer farbigen, teilweise vergoldeten Mappe aus Leder, die in der Mitte mit einem von Eichenblätterfransen umgebenen Stadtwappen geschmückt ist. Der Ehrenbürgerbrief selbst wurde in reichverzierter Schrift auf Pergament verfasst. Die Urkunde ist eingerahmt von einem Fries, bestehend aus Blumen und Früchten, in gobelinartiger Malerei. Wie aus dem im Universitätsarchiv erhaltenen Bericht über den 70. Geburtstag (UAHW, Rep. 54, Nr. 56) und seiner Personalakte (UAHW Rep. 11, PA Nr. 9588 Julius Kühn) zu entnehmen ist, folgte die Feier zu Ehren Kühns einem festen Plan: Am Dienstag, dem 22. Oktober, wurden zunächst alle Festteilnehmer durch den Akademisch Landwirtschaftlichen Verein zu Halle im Vereinshaus in der damaligen Wuchererstraße 39 empfangen. Am Abend um 20.30 Uhr fand eine hochoffizielle Feier („Commers“) statt. Der nächste Tag begann um 12 Uhr mit der „Auffahrt der gesamten hallischen Studentenschaft.“ Anschließend reihte sich eine Ovation und Gratulation im festlich geschmückten Hörsaal des landwirtschaftlichen Institutes an. Um 15.30 Uhr wurde ein Festdiner im großen Saal des Hotels „Stadt Hamburg“ abgehalten, der Tag schloss wahlweise mit einem Theaterbesuch oder einem geselligen Zusammensein im „Reichshof“. Am Donnerstag wurden die Feierlichkeiten mit einer Stadtrundfahrt, beginnend um 10 Uhr, abgeschlossen.
Nach der offiziellen Festrede am Abend des 22. Oktober ergriff Professor Kühn das Wort. In dieser Rede sprach er allen an seiner bisherigen Lehrtätigkeit Teilnehmenden „Liebe und Verehrung“ aus. Jung und ungebeugt fühle er sich, wenn er mit seinen treuen Zuhörern arbeiten könne. Er sprach die Bitte an seine Schüler aus, das Vermächtnis entsprechend zu verwalten, sodass es für alle Zeiten erhalten bliebe und Landwirte sich das nötige Wissen aneignen könnten. Im Rahmen dieses 70. Geburtstags spendeten ca. 380 ehemalige Schüler, Landwirte und sogar eine Buchhandlung für ein Denkmal zu Ehren Kühns. Dieses Denkmal sollte eine „Aufstellung meteorologischer Instrumente im Garten des landwirtschaftlichen Institutes“ werden. Kühns Beliebtheit zeigte sich, so weiter der Bericht über seinen 70. Geburtstag, auch daran, dass Teilnehmer aus ganz Deutschland zu der Festveranstaltung angereist waren. Am 14. April 1910 verstarb Julius Kühn in Halle. Er wurde auf dem Nordfriedhof in Halle begraben. Zu Lebzeiten hatte er neben der Ehrenbürgerschaft von Halle eine Vielzahl weiterer Orden und die Mitgliedschaft in der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina erhalten.
(Autor: Eddie Peter)