Die erste Verdienstmedaille der deutschen Nationalakademie Leopoldina

Die 1652 begründete und seit 1878 in Halle ständig ansässige Akademie Leopoldina wurde vor wenigen Tagen zur Deutschen Nationalakademie ernannt. Zu ihren vornehmsten Aufgaben gehört die Ehrung wissenschaftlicher Leistungen. Für die Ausschreibung von Preisaufgaben stiftete Christian Andreas Cothenius (1708-1789) testamentarisch 1000 Taler. Alle zwei Jahre sollte aus den Zinsen eine goldene Preismedaille mit seinem Bilde im Wert von wenigstens 60 Talern courant für „die beste Bearbeitung einer Preisfrage aus dem Gebiet der praktischen Medizin“ verliehen werden. Damit verfügte die Akademie über die finanzielle Grundlage für eine lang wirkende, besondere Auszeichnung. Cothenius hatte erkannt, dass die Anerkennung systematischer Forschungsarbeit eines finanziellen Mäzenatentums bedurfte.

Cothenius wurde 1743 zum 534. Mitglied der Leopoldina ernannt und wirkte lange Jahre als ihr 13. Vizepräsident („Direktor Ephemeridium“). Er war ein einflussreicher Berliner Gelehrter, unter anderem Leibarzt Friedrichs des Großen von Preußen. Er wirkte aber auch als oberster Arzt der Armee und zugleich als Arzt des Waisenhauses zu Potsdam. Studiert und 1732 promoviert hatte er in Halle bei Friedrich Hoffmann. Cothenius schrieb in seinem Testament die Gestaltung der Medaille genau vor. Die Vorderseite zeigt das Brustbild des Stifters im Profil. Die Umschrift nennt Namen und Titel. Die Rückseite trägt in einem Lorbeerkranz in sechs Zeilen die Inschrift: Praemium virtutis salutem mortalium provehentibus sancitum: Als Anerkennung der Tüchtigkeit derer, die das Wohl der Sterblichen fördern. Darunter steht das Sterbedatum des Stifters, der 5. Januar. Oben und unten wird die Verleihung und der Name des Ausgezeichneten eingraviert. Die Medaille gestaltete der 1723 geborene Jacob Abraham, der ab 1750 bis zu seinem Tode im Jahr 1800 in der Berliner Münze wirkte. Er entstammte einer jüdischen Familie von Stempelschneidern und Medailleuren.



Erste Preisträger waren 1792 die Ärzte Freiherr von Wedekind und Anton Gramberg. 1795 folgte unter anderem der Jenenser Mediziner Christian Wilhelm Hufeland und im Jahr 1800 der Begründer der modernen Forstwirtschaft, Heinrich Cotta. Im September 1863 beschloss die Akademie, „künftig von Zeit zu Zeit nach allgemeiner Abstimmung einem deutschen Verfasser irgendeiner neueren, besonders wichtigen naturwissenschaftlichen oder ärztlichen Arbeit als Zeichen der freudigen Anteilnahme der Akademie an fortgehender Bereicherung der Wissenschaft die große goldene Medaille von Cothenius“ zu verleihen. Die Akademie verband mit der erneuerten Stiftung die Überzeugung, dass die Medaille dadurch „einen weit höheren ideellen Werth für den Empfänger erhalten mußte“. Bis heute bestimmt der gesamte Senat der Akademie durch schriftliche Wahl die Verleihung.



1864 erhielt sie der berühmte Zoologe Ernst Haeckel, 1901 der Berliner Anatom Rudolf Virchow, 1914 der Hallenser Physiologe und spätere langjährige Akademiepräsident Emil Abderhalden, 1943 der Chemiker Otto Hahn, 1959 die Physiker Georg von Hevesy und Petr Kapica. Die Medaille wurde aber auch 1972 an den halleschen Stomatologen Erwin Reichenbach oder 1985 an den Bonner Klimaforscher Hermann Flohn und im gleichen Jahr an den Erfinder des Computers, Konrad Zuse, verliehen.

Seit 1954 wird die Cothenius-Medaille an einen hervorragenden Forscher für ein großes Lebenswerk als höchste Auszeichnung der Akademie neben der Ehrenmitgliedschaft vergeben. Über 120 berühmte und bekannte Namen zieren inzwischen diese Ehrenliste. Die lange Kontinuität dieser nun über 200 Jahre verliehenen Medaille ist schon erstaunlich, wenn nicht sogar einmalig. Es dürfte weltweit kaum andere Editionen mit einer ähnlichen Wirkungsgeschichte geben. Das hier abgebildete Exemplar wurde im Jahr 1878 dem Astronomen Johan August Gyldén verliehen, der von 1871-1896 die Sternwarte in Stockholm leitete, die Atmosphäre und den Lichtwechsel veränderlicher Sterne und die Kometen erforschte. Es handelt sich um die erste in Halle von der Leopoldina verliehene Preismedaille, der noch hoffentlich viele folgen werden.

(Ulf Dräger, Kultufalter September 2008)