Denkmale auf Papier – die Halle-Zeichnungen des Stadtbaumeisters August Stapel (1801–1871)

DAuf vielfältige Weise hat der Architekt und Baumeister August Stapel, dessen Tod sich in diesem Jahr zum 150. Mal jährt, Spuren in der Stadt Halle hinterlassen. Er war zunächst im staatlichen Dienst als Bauleiter für das von Landbaumeister Ernst Friedrich Zwirner entworfene Universitätshauptgebäude, dem zwischen 1832 und 1834 errichteten „Löwengebäude“, zuständig.

Stapels beruflicher Start fiel in die Jahrzehnte nach den Napoleonischen Kriegen und in eine Phase geringer Wirtschaftskraft. Er selbst war in bescheidenen Verhältnissen in Berlin aufgewachsen und an der Preußischen Bauakademie ausgebildet worden, wo er 1831 das Examen als Baukondukteur abgelegt hatte. Die Errichtung des monumentalen Universitätsgebäudes in Halle, für die er große Anerkennung erfuhr, war sein erster Auftrag.



Im August 1833 wurde Stapel durch den Stadtrat Halles zum Stadtbaumeister gewählt. Die ihm in diesem Amt zur Verfügung stehenden Mittel waren bescheiden, der Zustand des städtischen Eigentums beklagenswert und seine Zuständigkeit breit. Neben Reparaturen an den Kirchen und der städtischen Wasserversorgung errichtete er nur wenige Neubauten, darunter 1834 den Packhof in der Ankerstraße.

Nach vielen Querelen ließ er sich bereits 1837 von seinem städtischen Amt entbinden und war fortan in Halle wieder für Bauten der Regierung zuständig. Neben dem Ausbau des Oberbergamts zählten hierzu die 1835 geplante und zwischen 1838–40 errichtete, doch schon 1892 durch den heutigen, neoromanischen Bau ersetzte Hauptpost am Joliot- Curie-Platz sowie das ab 1842 erbaute, später erweiterte Direktorenhaus im Botanischen Garten. Mit diesen Bauten bewies Stapel, dass er zur Generation der Schüler Karl Friedrich Schinkels zählte.



Darüber hinaus war August Stapel ein aufmerksamer Beobachter und genauer Erfasser des überkommenen baulichen Erbes der Stadt und des mitteldeutschen Raumes. Hierzu reiste und wanderte er viel, wobei er sich besonders für Burgen interessierte. Reiseskizzen und detaillierte Zeichnungen Stapels aus den Jahren 1832 bis 1853 sind in einer Mappe überliefert, die heute in der Marienbibliothek aufbewahrt wird. Ihr Inhalt ist vor wenigen Jahren durch den hallischen Denkmalp eger Peter Findeisen erschlossen und als Buch zugänglich gemacht worden.

In Bezug auf Halle sah August Stapel, der seit seiner Niederlassung in der Stadt dem hier ansässigen „Thüringisch-Sächsischen Verein für Erforschung des vaterländischen Alterthums und Erhaltung seiner Denkmale“ angehörte, die Schönheit und Bedeutung der baulichen und baukünstlerischen Zeugnisse in Halle, die teils noch aus dem Mittelalter, teils aus dem 16. Jahrhundert mit seiner auf das bürgerliche Bauen ausgreifenden Renaissancearchitektur überkommen waren. Halle stellte sich ihm – so Peter Findeisen – als Denkmalort dar, den er zeichnerisch zu erfassen suchte.



Er hielt die mit Maßwerk versehenen oder mit reicher Renaissanceornamentik geschmückten Portale, Fensterö nungen und Giebel und auch ganze Häuserzeilen aus Fachwerk fest, ebenso die großen Denkmale wie die Marktkirche, das Rathaus, die Moritzburg oder den Kühlen Brunnen. Neben Skizzen entstanden detaillierte, maßgetreue Wiedergaben der Bauten und ihres Zustandes und damit eine Bestandsaufnahme vor den weiteren Veränderungen und Verlusten durch die in der zweiten Jahrhunderthälfte einsetzende Großstadtwerdung Halles.

August Stapel wurde 1844 zum Königlichen Baumeister ernannt und nach Oppeln versetzt. Nach zwei Jahren an diesem Ort wurde er Königlicher Landbauinspektor in Anklam, 1850 schließlich Stadt- und Baurat in Breslau, wo er bis 1855 tätig war. Nach einem frühen Rückzug aus allen beruflichen Verpflichtungen ließ sich Stapel in Dresden nieder, wo er – selbstverständlich als Mitglied des dortigen „Königlich-Sächsischen Vereins zur Erforschung und Erhaltung vaterländischer Altertümer“ – im September 1871 starb. Seine Leidenschaft hatte den Denkmalen und ihrer Dokumentation gegolten. An viele seiner vor über 150 Jahren in Halle zeichnerisch festgehaltenen Situationen, Häuser und Details erinnern heute nur noch diese Arbeiten in der Marienbibliothek. Sie zeugen von einer besonderen Verbindung zwischen Begeisterung, technischem Verstand und künstlerischem Vermögen.