Curt Goetz – Pionier des Films

Die Hallenser betrachten ihn liebevoll als einen der Ihren und setzten ihm vor einigen Jahren sogar hinter dem neuen theater ein Denkmal. Dabei war er eigentlich Schweizer, wurde am 17. November 1888 in Mainz geboren und brachte die meiste Zeit seines Lebens außerhalb Halles zu. Aber er ist in der Saalestadt aufgewachsen, weshalb er ihr gleich zu Beginn seiner Memoiren eine Liebeserklärung gemacht hat, die ihm die Hallenser nie vergessen haben. – Wer war dieser Curt Goetz, der eigentlich Kurt Götz hieß?

Seine Mutter hatte in Halle eine Privatklinik betrieben, in der er bereits als Kind Patienten mit Puppenspiel erheiterte. Dies verhalf ihm zu seinem ersten Engagement als Schauspieler, denn es war ein ehemaliger Patient, der Direktor des Theaters in Rostock, der sich 1907 gerade in dem Moment an den Jungen erinnerte, als Goetz nach einem Jahr unregelmäßigem Schauspielunterricht in Berlin neunzehnjährig vor dem frühen Aus seiner Ausbildung stand. Die Mutter hatte die Klinik schließen müssen und war in wirtschaftliche Not geraten, so dass es für die weitere Ausbildung des Sohnes scheinbar keine Perspektive mehr gab. Direktor Schaper aber engagierte das junge Talent nach Rostock, von wo Goetz über das „Intime Theater“ in Nürnberg bereits nach vier Jahren ans Kleine Theater / Lessingtheater nach Berlin kam – eine unglaublich steile Karriere.



Trotz guter Gage empfand Goetz seine Arbeit als Schauspieler schon früh als „nur reproduktiv“ und begann selbst Stücke und – zunächst unter Pseudonym – auch Drehbücher für Filme zu schreiben. Während der Nazizeit emigrierte Goetz mit seiner zweiten Frau Valerie von Martens zunächst in die Schweiz, dann in die USA. Er blieb auch dort weiter „produktiv“, aber das Film-Business in Hollywood blieb ihm fremd und unsympathisch, weshalb er eine schöpferische Pause einlegte und eine Zeitlang eine Hühnerfarm betrieb. Nach dem zweiten Weltkrieg kehrte er zu erneuter Tourneetätigkeitmit eigenem Ensemble nach Europa zurück und ließ sich dauerhaft in der Schweiz nieder, wo er am 12. September 1960 mit fast 72 Jahren starb.

Die Stücke von Curt Goetz sind fast ausnahmslos Komödien; aber das darin enthaltene Verständnis von Komödie hat mit Klamauk, mit der heutigen „Comedy“ nichts zu tun. Vielmehr regiert ein feinsinniger Humor, der wohl den Menschen mit seinen Schwächen aufs Korn nimmt, dabei aber immer den Takt wahrt und die Liebe zu eben diesem schwachen Menschen erkennen lässt. In „Dr. med. Hiob Prätorius“, einem seiner bekanntesten Stücke, das auch mehrfach verfilmt wurde, lässt Goetz den Titelhelden sagen: „Humor ist nicht erlernbar. Neben Geist und Witz setzt er vor allem ein großes Maß an Herzensgüte voraus, an Geduld, Nachsicht und Menschenliebe. Darum ist er so selten.“



In einer Zeit, in der das Theater begann, abstrakt zu werden und sich zunehmend selbst zu thematisieren, setzte Goetz ganz bewusst auf Unterhaltung. Gerade in Zeiten von Krieg, Inflation, Hunger und Not wollte er die Menschen erheitern und trösten. Einmal hat er gesagt: „Wenn ich ins Theater gehe, dann will ich lachen und will ich weinen. Und wenn ich nach Hause gehe, dann will ich mich nicht genieren, dass ich gelacht und geweint habe.“ Sein Publikum dankte ihm seinen so ernsten und zugleich leichten Humor mit vielen schriftlichen und mündlichen Rückmeldungen.

Valerie von Martens schreibt in den gemeinsamen Memoiren, die schönste und liebste sei ihnen die eines Berliner Jungen gewesen: „Man wees nich, wat et is. Det is bei Ihn’n so ... so fromm, ... wie in de Kirche."

(Eberhard Schulz, Kulturfalter Januar 2008)