150 Jahre Deutscher Alpenverein (DAV) und 133 Jahre Sektion Halle (Saale)

Von zwei Professoren der halleschen Universität, Dr. Lastig und Dr. Wangerin, wurde 1886 zur Gründung einer Sektion des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins eingeladen, „weil es zweifellos in ganz Deutschland keine zweite Stadt von der Bedeutung Halle’s gäbe, die nicht eine Sektion besitzt“. Der Österreichische Alpenverein war 1862 und der Deutsche Alpenverein 1869, vor nunmehr 150 Jahren, entstanden, 1873 hatte die Vereinigung stattgefunden. Die Alpen waren als attraktives Reiseziel entdeckt worden, der Alpinismus befand sich in voller Entwicklung, und die Sektionen hatten sich zum Ziel gesetzt, mit dem Bau von Wegen und Schutzhütten zur touristischen Erschließung der Bergwelt beizutragen. Bei ihrer Gründung hatte die Sektion in Halle 22 Mitglieder, nach fünf Jahren waren es fast 500, und es begann eine sehr wechselvolle Vereinsgeschichte.

Die Hallenser waren ehrgeizig und machten das Südtiroler Gebiet um den Ortler, 3905 m, damals der höchste Berg in Österreich-Ungarn, zu ihrem „Arbeitsgebiet“. Sie bauten von Sulden aus den Stecknerweg auf den Eisseepass, 3133 m, und errichteten dort 1897 die Hallesche Hütte. Der Zugang wurde nach Albert Steckner benannt, der die treibende Kraft im Hüttenausschuss der Sektion und später ihr Erster Vorsitzender war und der einer in Halle bekannten Bankiers-Familie entstammte. Die Hallesche Hütte war die höchstgelegene bewirtschaftete Hütte der Ostalpen und erfreute sich außerordentlicher Beliebtheit. Im Jahr 1904 hatte sie 1611 Besucher, 1913 wurde sie vom sächsischen König Friedrich August III. besucht. Von hier aus führte die Gletschertour nach Süden zum Monte Vioz, 3535 m, auf dem die Sektion im Jahr 1911 ihre zweite Hütte errichtete.



Die erstaunlichen finanziellen und logistischen Leistungen unserer Vorväter erklären sich aus dem Wirtschaftsboom der Gründerzeit und dem Eifer des Sektionsvorstandes. Diese Höhepunkte der Sektionsgeschichte fanden ein brutales Ende durch den Ersten Weltkrieg, in dem die Mitgliederzahl einbrach, das Sektionsleben erstarb und die Hallesche Hütte abbrannte. Die verbliebene Vioz-Hütte blieb zwar erhalten, ging der Sektion aber durch die Abtretung Südtirols an Italien verloren.

In der Weimarer Republik stieg die Zahl der Mitglieder auf über 1000 an, das touristische Vereinsleben blühte auf, und es wurde 1925 eine Hütte in Österreich, das Zittelhaus auf dem Hohen Sonnblick, 3106 m, erworben. In Hitlerdeutschland ließ sich der DAV ideologisch gleichschalten, im Zweiten Weltkrieg ruhte die Sektion, und nach der Kapitulation des Deutschen Reiches verboten die Alliierten den DAV. In Westdeutschland konnte er 1950 wiedergegründet werden; 1954 bildete sich in Frankfurt (Main) die „Exilsektion Halle (Saale)“ aus alten Hallenser Mitgliedern.



In der DDR wurde der Alpenverein nicht mehr zugelassen, die Idee des Alpinismus lebte jedoch im Stillen fort. Wenngleich hinter dem „Eisernen Vorhang“ kaum jemand noch in den Westen reisen durfte, blieb die Alpen-Sehnsucht in Ostdeutschland bestehen, bei Altmitgliedern des DAV sowie allen Bürgern, die sich eingeschlossen fühlten. So wurde 1986 unter dem verschleiernden Titel „100 Jahre Bergsteigen in Halle“ unter den Kennern insgeheim des 100. Geburtstages des DAV gedacht. Das Wandern und Bergsteigen verlagerte sich auf neue Ziele nach Osteuropa in das sogenannte sozialistische Ausland und in die Sowjetunion, wobei die rigiden Reisebeschränkungen oft trickreich umgangen werden mussten. Auch wenn die bergsportlichen Unternehmungen 45 Jahre lang vor allem von staatlichen Organisationen ideologisch gelenkt waren, gab es in den aktiven Betriebssportgemeinschaften, in privaten Gruppen und in Familien viel Gemeinschaftssinn, persönliche Freiheit und erfüllte Abenteuerlust. Nach dem Fall der Berliner Mauer und der friedlichen Revolution in der DDR nahmen einige Hallenser Alpinisten rasch Kontakt zum in der Bundesrepublik lange schon etablierten Hauptverein in München auf und bereiteten die Wiederbelebung der alten Sektion vor. Am 7. Juni 1990 traten achtzig Hallenser Alpinisten zusammen, darunter zwei Altmitglieder des DAV, und nahmen an ihrem „Geburtsort“ die Wiedergründung der Sektion Halle (Saale) vor. Vom Punkt null an bot die wiedergeborene Sektion bergsportliche Aktivitäten an und erfuhr großen Zulauf. Mit fast 1500 Mitgliedern ist der Alpenverein aktuell einer der größten Sportvereine der Stadt und bietet Kindern wie Erwachsenen Vorträge sowie ein breit gefächertes Programm alpiner Sportarten an, wie Wandern, Bergsteigen, Klettern und Skilaufen. 2011, an ihrem 125. Geburtstag, errichtete die Sektion zur Erinnerung an die Hallesche Hütte auf dem Eisseepass ein Denkmal. Sie setzte den Stecknerweg instand und beteiligt sich in diesem Jahr mit einer Hochtour zur Eisseespitze an der Feier zum 150-jährigen Bestehen des Deutschen Alpenvereins.

(Autor/in: Ernst Fukala)

Weitere Informationen und Kontakt unter: www.alpenverein-halle.de und info@~@alpenverein-halle.de