DDR Bands aus alten Zeiten: So rockt/e der Osten

Ostrock ist ein eigenes Genre: Nicht nur ältere Musikfans hören den Sound der DDR-Bands sofort heraus. Einige Ost-Künstler waren damals verboten, andere gibt es bis heute – und sie haben enormen Erfolg. Mit unserer DDR-Bands Liste rufen wir Erinnerungen wach und freuen uns gemeinsam mit Ihnen an den schönsten nostalgischen Werken. Früher gab es die meisten Songs beim DDR-Plattenlabel Amiga, heute laufen sie regelmäßig auf digitalen Oldie-Sendern wie SCHWARZWALDRADIO.

Geliebt und immer gern gehört: Welche DDR Bands gab es?

Die Art

In Westdeutschland eher wenig bekannt, hat Die Art im Osten der Republik ohne Frage Kultstatus. 1985 gründete sich die Postpunk-Band in Leipzig und spielt ihre Songs mit nur einer kurzen Unterbrechung bis heute. In der Wendezeit der DDR waren die vier Jungs musikalisch prägend. Die Lyrics waren schon immer düster mit melancholischem Touch, dazu griffige Rocksound, teils punkig, teils aber auch Richtung Dark Wave. In der ersten Zeit sang die Band hauptsächlich in Englisch, danach wandte sie sich, vielleicht mit wachsendem Selbstbewusstsein, der deutschen Sprache zu. Zu den 80-Jahre DDR-Underground-Tapes gehörten: “Would You Mind Us Looking For?”, “Just Another Hit”, “Dry” und “Just Another Hit Again”. Allein schon damit schrieben sie sich in die Annalen der Musikgeschichte ein, seither gehört Die Art für alle Zeiten zu den unvergessenen DDR-Punk Bands.

Puhdys

Wer über Ostrock-Bands spricht, der muss unbedingt die Puhdys erwähnen. 1969 gegründet, hielt die musikalische Energie bis zum letzten Konzert 2016 in der Hauptstadt Berlin. Keine Rockband war in der DDR beliebter als diese – und ihr Erfolg schwappte schon früh bis in die BRD. Was auf einer Bühne im sächsischen Freiberg begann, setzte sich wie ein Lauffeuer fort. Zündend war vor allem der erste deutsche Hit im Jahr 1971: „Türen öffnen sich zur Stadt“, geschrieben von Wolfgang Tilgner. 1973 übertraf „Wenn ein Mensch lebt“ den Erfolg dieses Songs noch einmal um Längen, es handelte sich um die Titelmelodie des DEFA-Kultfilms „Die Legende von Paul und Paula“. 1979 stand die Band mit Udo Lindenberg in Westberlin auf der Bühne – wer durfte damals so etwas schon?

Karat

Was wäre der Deutschrock ohne Karat? Peter Maffays großer Hit „Über Sieben Brücken“ stammt ursprünglich von dieser genialen DDR-Band. Die Gründung erfolgte 1975 in Ost-Berlin, das erste Album hieß schlicht wie die Band „Karat“. Nomen est omen, sollte man meinen: Karat ist eine Einheit zur Bestimmung von Edelsteingewichten, entsprechend edel war von Anfang an die Musik, die sich vom üblichen Einheitsbrei abhob wie ein Diamant von billigem Modeschmuck. Das Album „Der Blaue Planet“ katapultierte die Herzblut-Musiker auf den siebten Platz der westdeutschen LP-Charts. In beiden Deutschlands zusammen verkaufte sich die Platte mehr als 1 Million Mal. Während der Wende machte sich in der Band Lethargie breit, doch spätestens 1991 war Karat mit voller Wucht zurück. Und sie gibt’s immer noch, doch von den Gründungsmitgliedern ist nur Ulrich „Ed“ Swillms übrig.

City

Auch diese DDR-Ostrock Band ist noch aktiv: Der Geburtsort von City liegt in Ost-Berlin, das Geburtsjahr lautet 1972. Zu Anfang war der Name noch etwas sperriger, er verschlankte sich von „City Rock Band“ ganz schlicht auf City. 1975 stieg Toni Krahl als Sänger ein, der Durchbruch kam 1977 mit dem Song „Am Fenster“. Wer diesen Hit von damals kennt, summt die Melodie bestimmt jetzt vor sich hin. 1978 kam die LP gleichen Namens auf den Markt, und es gab direkt zwei goldene Schallplatten aus Griechenland und aus der BRD. Bezüglich des Westens hatten City das große Los gezogen: Die Musiker gehörten zu den wenigen, die jenseits des eisernen Vorhangs auftreten durften. Ihr Album „Dreamland“ war die erste DDR-LP für den englischsprachigen Markt, für damalige Verhältnisse eine Revolution. Als 1982 der Bassist Georgi Gogow die Band verließ und das prächtige Haarkleid der City-Mitglieder sich lichtete, kam der Slogan: „Ohne Bass und Haare mit City durch die 80er Jahre“ auf. Auch die 90er und die Jahrtausendwende hat City geknackt, noch immer stehen die Stars auf der Bühne.

Rammstein

Genau genommen ist auch die Kultband Rammstein altes DDR-Fundgut. Die Bandmitglieder stammen aus dem Osten, Till Lindemann und Richard Kruspe lernten sich zu DDR-Zeiten in Schwerin kennen. Damals war Lindemann noch Mitglied in der Fun-Punk-Band First Arsch und Kruspe spielte seine Gitarre für Das elegante Chaos. Nach der Wende wechselte der Gitarrist in Lindemanns Lager, 1993 hoben sie gemeinsam mit einigen anderen unheilbaren Rockmusikern die Band Tempelsprayers aus der Taufe und produzierten englischsprachigen Metal-Sound. Ab 1994 nahmen die Jungs – jetzt als „Rammstein“ – ihre ersten deutschsprachigen Songs auf, darunter „Das alte Leid“, „Seemann“, „Weißes Fleisch“ und „Rammstein“. Die Band avancierte zum bedeutendsten deutschen Rock Import und dem bekanntesten Vertreter der Neuen Deutschen Härte, mit einer Spannweite bis hin zu Alternative Metal, Hard Rock und Industrial Metal.



Bis heute gehalten: Welche DDR-Bands gibt es noch?

Von den oben genannten DDR-Musiker-Bands sind fast noch alle aktiv: Die Art, Karat, City, Silly, Berluc und Rammstein sind nicht mehr von der Bühne zu bekommen, ganz im Gegenteil, bei ihren Auftritten blühen die Rock-Senioren erst richtig auf. Sie sind damit nicht alleine, denn auch andere DDR-Sänger und musikalische Koryphäen haben sich in die 20er Jahre des neuen Jahrtausends gerettet. Dazu gehören zum Beispiel:

Nina Hagen

Ihre Kindheit verbrachte die schrille Ulknudel in Ost-Berlin, geboren wurde sie 1955. Eine zweite Jahreszahl prägte ihre Geschichte fast wie die Geburt: 1974 wurde ihre Familie aus der DDR ausgewiesen, weil Ninas Mutter mit dem Liedermacher Wolf Biermann liiert war. Die „Godmother of Punk“, schon damals bekannt durch ihr nörgelndes „Du hast den Farbfilm vergessen, mein Michael“, hatte damit den Freibrief erhalten, noch schräger zu werden als sie ohnehin schon war. Später zog es sie nach London und in die Vereinigten Staaten, wo wie ebenfalls zu einer Berühmtheit wurde. Auffallen konnte sie schon immer sehr gut, und diesen Job hält sie bis heute professionell durch.

Dritte Wahl

Kurz vor dem Mauerfall, im Jahr 1988, fanden die Mitglieder der Band Dritte Wahl zueinander. Das Begrüßungsgeld wandelte Gitarrist Gunnar Schroeder in ein Verzerrer-Pedal für sein Instrument um. Seither bereichern die Ex-DDR-Musiker die deutsche Punk-Szene mit immer neuen Songs. Sänger Marco Busch verstarb 2005 an Krebs, Schroeder übernahm sein Mikro und damit den Leadgesang. Der Erfolg blieb ihnen auf den Fersen, 2015 stieg ihr Studioalbum „Geblitzdingst“ als erster Tonträger der Band in die deutschen Album-Charts ein. 2017 und 2020 wiederholte sich diese steile Leistung mit den Alben 10 und 3D. Ja, Dritte Wahl gibt es noch, und wie es sie gibt!

Welche Bands wurden in der DDR verboten?

Die DDR war kein leichtes Pflaster, wenn es darum ging, frei seine Meinung in die Welt zu singen. Bestimmte Bands und Sänger durften gar nicht erst auftreten oder ihre Musik verbreiten, sogar eine ganze Musikrichtung schaffte es auf die rote Liste: 1965 verbot das Politbüro die Verbreitung von Beatmusik in sämtlichen Medien. Walter Ulbricht glaubte, dieses Genre sei der „Versuch westimperialistischer Drahtzieher, die akustische Kriegsvorbereitung in die DDR zu tragen“. Die Butlers erhielten in Leipzig ein unbefristetes Auftrittsverbot, dazu vier weitere Rockgruppen allein in dieser einen Stadt.

Schon allein das Wort "Band" wurde verbannt, stattdessen mussten sich moderne Musikgruppen Combo nennen, zum Beispiel die Klaus Renft Combo.

Wer sich auf die Suche nach DDR-Sängern der 80er begibt, bleibt irgendwann an Schleim-Keim kleben. Die Punk-Band aus dem Erfurter Ortsteil Stotternheim veröffentlichte 1983 ihr Album „DDR von unten“, das es offiziell allerdings nur in Westdeutschland gab. Damals standen die Musiker bereits im Fokus der Stasi, was schließlich dazu führte, dass Sänger Dieter Ehrlich, genannt Otze, in die Rolle eines inoffiziellen Mitarbeiters der Staatssicherheit gepresst wurde. Bis zur Wende gehörte Schleim-Keim zum musikalischen Untergrund, aufgelöst hat sich die Band aber erst 1996.



(N)Ostalgie im Radio:

Bei aller Ostalgie: So ähnlich wie den genannten verbotenen Künstlern ging es leider allzu vielen. Wer nicht staatskonform genug war, flog raus. Heute können wir sie alle frei und ungezwungen hören, die DDR ist genau wie die zugehörigen Repressionen Geschichte. Im Oldie Radio haben die DDR-Bands ihren festen Platz gefunden, zwischen allerlei anderen historischen Schätzen aus der Zeit vor dem magischen Jahr 2000. Auch diejenigen, die es leider längst nicht mehr gibt, wie zum Beispiel Electra. Da kommen die Erinnerungen ins Rollen an Zeiten, als die Welt noch eine ganz andere war …