Dankbar für gute Leseorte

Im März 2018 öffnete das Literaturhaus in Halle seine Pforten. Vor der Eröffnung sprachen wir damals mit dem Leiter des Hauses Alexander Suckel. Drei Jahre später traf Kulturfalterredakteur Martin Große Herrn Suckel erneut für ein Gespräch über das Literaturhaus.

Herr Suckel, die Eröffnung des Literaturhauses ist jetzt drei Jahre her. Können Sie sich noch an die Anfangszeit erinnern?
Ja, na klar. Wir bekamen bereits Ende 2017 schon den Hausschlüssel übergeben, und im März sollte die Eröffnung sein. Da haben wir sehr viel überlegt und mussten viele Fragen klären, wie etwa: „Was braucht man denn alles für ein solche Institution. Wie geht so was? Wie organisiert man Veranstaltungen und und und …“ Wir waren ja nur zu zweit. Ich erinnere mich vor allen an die Aufbruchstimmung, die uns alle erfasst hatte.

In dieser Zeit hieß es sicher oft „Learning by doing“. Was war am kompliziertesten – oder gab es Rückschläge?
Rückblickend war es alles gar nicht so kompliziert. Gefühlt habe ich jeden Tag 15 bis 16 Stunden gearbeitet, denn es gab wahnsinnig viel zu tun.Aber ich wusste immer, wen ich bei den unterschiedlichen Problemen fragen konnte. So haben wir zum Glück keine klassischen Anfängerfehler gemacht. Wir hatten damals ein Programm von 15 bis 16 Abendveranstaltungen pro Monat, und ich bin froh, dass wir das beibehalten konnten.



An welche Höhepunkte erinnern Sie sich gern zurück?
Das ist eine schwere Frage, denn jede Veranstaltung ist einmalig, jede Veranstaltung ist eine Premiere. Ich komme ja vom Theater, daher weiß ich, wie die Gefühlslage zur Premiere ist. Mich überraschen so Abende, an denen man nicht damit rechnet, dass es voll wird. Erinnere mich an den Besuch von Ernst Paul Dörfler. Ich kannte ihn nicht weiter und wusste nicht, dass er eine Ikone der DDR-Umweltbewegung ist. An dem Abend war es mit 120 Besuchern rappelvoll. Aber auch familiäre Veranstaltungen mit zehn Besuchern sind oft großartig, gerade weil sie so familiär und intim sind.

Wonach wählen Sie die Autoren und Vortragenden Ihres Hauses aus?
Das ist ein bisschen auch Lotterie. Wir bekommen viel Material von den Verlagen. Das scanne ich immer und schaue, was gerade angesagt und wer auf Tour ist. Dazu kommen Hinweise aus dem Verein, wie von Katrin Schumacher. Sie ist Literaturexpertin beim MDR. Außerdem haben wir viele Kooperationspartner wie die MLU oder den Mitteldeutschen Verlag. Im November hatten wir zum Beispiel zwölf Veranstaltungen mit Partnern. Aus diesen vielen Quellen stelle ich dann ein möglichst abwechslungsreiches und finanzierbares Programm zusammen.

Inzwischen kommen auch bekannte Autoren, wie Ingo Schulz im Januar oder Stefan Aust im November nach Halle. Wie stellt man das an? Muss man sich einen Namen erarbeiten?
Prinzipiell sind die Verlage dankbar für gute Leseorte. Denn das Lesen vor Publikum ist inzwischen ein wichtiger Teil im Leben eines Autors und kurbelt natürlich die Verkäufe an. Aber logischerweise mussten wir uns am Anfang mit Dingen wie – Halle – Ostdeutschland – Provinz – Kenn ich nicht – auseinandersetzen. Aber das ist uns schnell gelungen. Zum einen ist das Haus wirklich schön, Halle ist eine tolle Stadt, und wir versuchen immer, möglichst gute Gastgeber zu sein. Das spricht sich dann auch schnell rum, und das Gesamtpaket ist das, was uns ausmacht.


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Was haben Sie für den Geburtstag in diesem Jahr geplant?
Es wird im März eine Festwoche geben. In dieser eröffnen wir unter anderem eine Ausstellung von Ingke Günther. Sie arbeitet im Grenzbereich zwischen Wortkunst und Bildender Kunst. Das passt natürlich sehr gut zu uns. Außerdem präsentieren wir das letzte Stück von Ferdinand von Schirach, und der Leipziger Lyriker Andreas Reimann kommt vorbei.

Im letzten Jahr konnte man das Literaturhaus auch Open-Air erleben  Ist da etwas geplant?
Auf jeden Fall. Wir haben in den letzten Jahren gemerkt, dass die Leute ab Mitte Mai nicht mehr gerne Veranstaltungen in Innenräumen besuchen. Deswegen und wegen Corona waren wir letztes Jahr im Hof der Moritzburg, des Doms oder auch in Kleingärten zu Gast. Das waren wirklich schöne Events, und das versuchen wir dieses Jahr auszubauen.

Welchen Autor oder Autorin – lebend oder nicht – würden sie am liebsten einmal einladen?
(lacht) Das ist schwer zu beantworten. Also Cormac McCarthy hier lesen zu sehen, wäre ein absoluter Traum. Ich weiß gar nicht, ob er das überhaupt noch macht. T.C. Boyle wäre ebenfalls ein Traum, aber das ist jenseits unserer Möglichkeiten.

Herr Suckel, vielen Dank für das Gespräch.