Laufen ist reine Kopfsache

Ein großes Laufereignis warf seine Schatten voraus. Zur größten Laufveranstaltung Mitteldeutschlands am 7. September 2008 wurden über 5000 Sportlerinnen und Sportler aus ganz Deutschland und aus dem Ausland erwartet. Ein Grund dafür war die Norddeutsche Meisterschaft in dieser Disziplin. Aber auch die reizvolle Strecke zwischen Spergau und Halle lockte die Läufer an den Start und zwar so viele, dass die Organisatoren mit einem neuen Teilnehmerrekord im Halbmarathon rechneten. Kulturfalter sprach vorab mit dem ehemaligen Olympiasieger im Marathon und jetzt erfolgreichem Geschäftsmann Waldemar Cierpinski.

Kulturfalter: Herr Cierpinski, was ist die aktuelle Weltrekordszeit im Marathon?

Waldemar Cierpinski: Ganz genau weiß ich das nicht. Den aktuellen Weltrekord hält Haile Gebrselassie mit 2:04 Minuten. Gelaufen ist er den beim Marathon in Berlin. (Anm. der Red. 2:04:26 ist die Weltrekordszeit)   

Wie verfolgen Sie aktuelle Geschehnisse im Laufsport?

Die verfolge ich sehr intensiv, denn ich trainiere meinen Sohn Falk Cierpinski. Falk trainiert seit zwei Jahren intensiv den Marathonlauf. Er ist noch in einer sehr frühen Phase, deswegen ist er auch nicht bei Olympia dabei, obwohl er die aktuelle deutsche Jahresbestleistung hält. (Anm. der Red. 2:15:48, Bestzeit von Waldemar Cierpinski 2:09:55). Aber er hat sich in diesen zwei Jahren in die deutsche Elite vorgelaufen.  

Laufen Sie auch heute noch?

Ein bisschen trainiere ich auch heute noch, denn das bleibt für immer in einem drin, wenn man einmal so erfolgreich gelaufen ist. Ich bin ca. 250.000 Kilometer in meinem Leben gelaufen und allein von Essen und Trinken bleibt der Körper nicht fit. Aber das Wichtigst ist: Es muss Spaß machen. Ich laufe zweimal die Woche, spiele Tennis und gehe auch Golfen – ein Sport für alte Herren. (lacht)  



Sie fahren vom 14. bis 28. August nach Peking. Was machen Sie da?

Ich wurde von der Firma Asics eingeladen. Die haben vier Händler eingeladen, sich die Leichtathletikwettkämpfe anzuschauen, und ich bin dabei.

Würden Sie heute gern noch einmal beim Marathon mitlaufen?

Das würde ich sehr gern. Aber ich bin gesund genug, das nicht zu machen. Ich bin jetzt 58 Jahre und laufe die 10 Kilometer in ca. 40 Minuten. Ich denke, das ist genug. Ich muss keinen Marathon mehr unter drei Stunden rennen, denn ich weiß, was ich meinem Körper zutrauen kann.  

Es heißt: einmal Läufer, immer Läufer. Wie haben Sie den Absprung vom aktiven Sportlerdasein geschafft?

Nach dem Olympiaboykott von 1984 in Los Angeles beschloss ich aufzuhören und habe dann, wie es eigentlich üblich ist, langsam abtrainiert. Dann habe ich als Trainer für den SV Halle gearbeitet und auch Sportler für die olympischen Spiele in Seoul 1988 trainiert. Mit der Wende war dann klar, dass die vielen Trainer, die es beim SV Halle gab, dort nicht weiterbeschäftigt werden können. Ich habe dann schon immer mitbekommen, dass viele Sportler ihren eigenen kleinen Laden haben und Sportsachen verkaufen. Das fand ich gut, weil man so weiter mit dem Sport leben kann. So hab ich beschlossen ein Geschäft aufzumachen. Sehr viel hat mir dabei die Firma Asics geholfen. Das war wirklich gut von denen.  

Konnten Sie als Geschäftsmann auf Erfahrungen aus dem Marathonlaufen zurückgreifen?

Auf jeden Fall. Man braucht einen langen Atem, wie beim Marathon. Ich habe sehr viele Nachtschichten gemacht, um das Geschäft zum Laufen zu bringen. Aber es war eine spannende Zeit. Jetzt muss ich zum Glück nicht mehr so oft im Geschäft sein.

Was braucht man denn, um einen Marathon zu laufen?

Man braucht eine Vision. Man muss lernen seine Leistungen zu erkämpfen. Man muss Biss haben und wissen „Ich will das“. Das Laufen ist zu 50% Kopfsache. Der Körper läuft und nach 2 Stunden wird es richtig belastend. Dann kommt der innere Schweinehund und sagt „Ach komm, das muss jetzt nicht sein. Lass doch, renn das nächste Mal schneller, aber nicht jetzt.“ (lacht) Dagegen muss man dann ankämpfen.  

Werden Sie beim Mitteldeutschen Marathon auch selber das Lauftrikot anziehen?

Ja, sehr gerne. Mal sehen. Es gibt natürlich den offiziellen Teil. Ich muss die Gäste begrüßen, kontrollieren ob alles funktioniert etc. Aber zwischendurch ist immer Zeit und da werde ich auch mit dabei sein.  

Herr Cierpinski, vielen Dank für das Gespräch!

(Martin Große, Kulturfalter August 2008)


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