Ohne Tournee kann ich nicht leben

Jürgen von der Lippe weilte im Februar wieder für mehrere Tage in Halle. Seine insgesamt fünf Auftritte waren wie so oft ausverkauft. Kulturfalter nutzte die Chance und versuchte, das Geheimnis der bunten Hemden und seiner großen Fanbasis in Halle zu ergründen.

Kulturfalter: Herr von der Lippe, wenn man Ihre Tourkalender der letzten Jahre anschaut, sieht man immer, dass Sie viele Termine in Halle haben. Wie kam es dazu, haben Sie besonders viele Fans in Halle?

Jürgen von der Lippe: Eine direkte Erklärung dafür habe ich nicht. Was das Steintor angeht, bin ich nach den Besucherzahlen der Rekordhalter. Ich denke aber, dass dies viel mit dem Haus zu tun hat. Hier wird ein gutes Programm gemacht. Wenn man die alten Plakate sieht und sieht, wer hier schon alles gespielt hat, dann merkt man das ganz deutlich. Ich denke, dass ein guter Programmmacher einer solchen Spielstätte sich sein Publikum erzieht. Und ich habe mir auch in den letzten 20 Jahren Mühe gegeben, bei jedem Programm einen Zahn zuzulegen. Wichtig war, das Stammpublikum davon zu überzeugen wiederzukommen.  

Wie gut kennen Sie die Stadt Halle inzwischen?

Weniger als man vermuten würde. Ich wohne mit meinem Team immer in demselben kleinen Hotel in Brehna. Das ist schon traditionell, da waren wir das erste Mal und fahren immer wieder hin. Auch wenn ich viele Tage hier bin, habe ich kaum einen Tag frei. Ich kenne eine kleine Tennisanlage in der Nähe des Hotels, aber die gibt es leider nicht mehr. Und wir fahren immer denselben Weg hierher und den kenne ich auch. Das ist wichtig in so einem Tourbetrieb, solche kleinen Rituale. Es klingt zwar komisch, aber außer dem Theater kenne ich nichts. 



Woran arbeiten Sie gerade?

Ganz konkret schreibe ich am übernächsten Buch. Ich lese auch im Moment ganz viel für die nächste Staffel „Was liest du?“. Dafür muss ich ca. 100 Bücher im Jahr lesen. Im Januar habe ich Lieder geschrieben. Und die Staffel von „Frei von der Lippe“ bereite ich auch gerade vor. Ich habe im meinem ganzen Leben noch nicht so hart gearbeitet wie zurzeit.  

Sie stehen seit 30 Jahren auf der Bühne. Bleiben da einzelne Auftritte in Erinnerung?

Auf jeden Fall. Ich bin einmal Open-air vor 20.000 Leuten in Gera aufgetreten. Ich war der einzige Solist. Geplant war eine halbe Stunde und dann mal schauen, wie es läuft. Zum Schluss ist eine Stunde daraus geworden und 20.000 Leute haben brüllend gelacht. Das ist schon ein Gefühl, das vergisst man sein ganzes Leben nicht mehr. Das sind schon ganz hübsche Sachen, da hat man am ganzen Körper Gänsehaut.  

Schüttelt man so einen Auftritt aus dem Ärmel?

Es ist ja ein Programm, was man beherrscht, aber es ist die Gesamtsituation, die muss man ebenfalls beherrschen. Da kann viel schieflaufen. Das Publikum muss einen mühelos verstehen können, das ist Open-air immer eine haarige Geschichte und wenn das klappt, ist es immer noch schwer genug. Und man muss sich mögen, das ist zum Glück in 99,8 Prozent der Fall, aber manchmal eben auch nicht und das ist dann furchtbar. 



Es gibt eigentlich kaum etwas, was Sie noch nicht gemacht haben. Was würden Sie gerne noch einmal tun?

Es wird weniger. Zu Synchronschwimmen, Ausdruckstanz, Malerei, Filmregie oder einen Arzt spielen wird es wohl nicht mehr reichen. Aber ich liebe Ritter und Cowboys und einen alten König Arthur oder Sherrif würde ich gern einmal spielen. Na ja und Theater spielen, das habe ich mir erfüllt in Düsseldorf. Beim Filmset bei „In aller Freundschaft“ war es spannend, denn die haben hohe Schlagzahlen, was die am Tag produzieren müssen. Da musste ich mit komplett gelerntem Text ankommen und das fällt mir bei fremden Texten nicht leicht. Da freut man sich dann. Es ist ein bisschen eine Herausforderung und das mache ich sehr gerne. Auch schreibe ich jährlich ein Buch, lese Hörbücher ein und ich mache auch gern einmal eine Lesung. Das ist eine ganz andere Art der Kommunikation mit einem Publikum, das nicht aller 20 Sekunden einen Lacher erwartet. Doch ohne Tournee kann ich mir mein Leben nicht vorstellen.  

Ihre bunten Hemden sind inzwischen legendär. Wie viele haben Sie davon im Schrank?

So viele sind das gar nicht. Das Ganze ist ja aus meiner Weigerung entstanden, auf der Bühne Anzüge zu tragen. Schließlich sind die Kostümleute vom Fernsehen darauf gekommen. Und das diese so farbig sind, hat mit dem Hintergrund der Bühne zu tun. Man muss sich ja farblich davon absetzen. Naja und auf Tour habe ich natürlich immer eine gewisse Auswahl bereit, aber es sind wirklich nicht so viele. Ich würde sie privat nicht tragen, weil ich nicht privat den Eindruck erwecken möchte, auf mich aufmerksam zu machen.

Herr von der Lippe, vielen Dank für das Gespräch!

(Martin Große, Februar 2009)

 

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