Angst vor dem Erfolg ist eher dämlich

Seine Tourneen sind Monate im Voraus ausverkauft, seine CD`s ein Renner und um ein Interview zu bekommen, muss man sich per Mail an dubiose Kulturagenten wenden. Die Rede ist von Dieter Nuhr. Er ist der Comedian der Stunde, der auch als Kabarettist Preise abräumt und für dessen Programm man durchaus das eine oder andere Buch gelesen haben sollte. Es läuft also alles prima für ihn. Doch wie tickt er privat? Was sind seine Vorlieben, kann er überhaupt noch normal einkaufen gehen? Im März 2008 war er zu Gast bei Wetten Dass auf der Halle Messe. Kulturfalter sprach letztes Jahr mit dem Comedian.

Kulturfalter: Ihre Auftritte sind Monate vorher ausverkauft und auch Presseanfragen gibt es zuhauf. Macht Ihnen Ihr Erfolg manchmal Angst?

Dieter Nuhr: Angst vor dem Erfolg ist ja eher dämlich. Es wächst die Angst vor dem Misserfolg. Aber es hält sich in Grenzen. Erfolg kann man ja nicht erzwingen. Ich kann nur Programme schreiben, die meinem Humor entsprechen und hoffen, dass es genügend Leute gibt, die auf meiner Wellenlänge sind.

Sie bewegen sich programmatisch auf zwei Feldern – Kabarett und Comedy. Was liegt Ihnen mehr? Oder sehen Sie sich vielleicht auch als Erneuerer einer darbenden Branche? (gemeint ist Kabarett)

Ich glaube schon, dass das Kabarett ist, was ich mache. Ich mache mir Gedanken über die Welt und bin lustig dabei. Das ist mein Verständnis von Kabarett. Die Politikeranmache ist meines Erachtens furchtbar langweilig. Früher hatte das einen Reiz, als es noch etwas von Majestätsbeleidigung hatte. Heute redet man damit den Leuten nach dem Mund. Völlig überflüssig.  



Können Sie sich noch unerkannt in der Öffentlichkeit bewegen, zum Beispiel einkaufen gehen und sich im Karstadt z.B. beraten lassen? 

Das ist eher schwieriger geworden. Ich werde überall sehr gut behandelt. Ein großer Vorteil! Allerdings fehlt mir dadurch manchmal auch ein Stück Alltagserfahrung. Selbst Handwerker geben sich bei mir Mühe. Das ist ja eher ungewöhlich.  

Bekommen Sie manchmal Rückmeldung von denen von Ihnen bevorzugt beäugten Berufsgruppen, wie Lehrer, Verkäufer, Politiker?

Es ist erstaunlich, wie wenig Beleidigte es gab, als diese Gruppen noch Zielscheibe waren. Die Leute nehmen das mit Humor, was man den Deutschen ja im Ausland gar nicht zutraut.  

Sie zitieren gern und genüsslich aus diversen wissenschaftlichen Studien – japanische Forscher und ihre Kakerlaken, Gewichtsunterschiede bei männlichen und weiblichen Gehirnen etc. – gefährliches "Uni"-Halbwissen oder rechechiertes Wissen?

Dass Uniwissen Halbwissen ist, war mir bisher unbekannt. Ich dachte, ich hätte da auch die zweite Hälfte bekommen. Vielleicht wird das mit den Studiengebühren besser. Was nichts kostet, ist halt auch nichts... Im Übrigen: Natürlich ist alles, was ich sage, auch recherchiert. Da wird man mir kaum einen Fehler vorhalten können. Wenn doch, bitte Bescheid sagen.  



Lesen Sie diesbezüglich bestimmte Zeitschriften oder Bücher?

Na klar. Von "Gehirn und Geist" über die Bildzeitung bis zu Bibel und Koran. Da hat man dann schon einen kleinen Überblick.

Ihr Bekanntenkreis – Freundin, Jochen, Lars, Eltern müssen ja für viele Programmpunkte herhalten – Können Sie sich noch unbekümmert in Ihrem Bekanntenkreis bewegen?

Ich werde häufiger Opfer von Gewalt im Familienkreis. Aber das hält sich in Grenzen.  

Was würden Sie, so es ihn gibt, Lars sagen, wenn er in 10 Jahren zu Ihnen kommt und sich darüber beschwert, dass Sie sich über ihn lustig gemacht haben?

Lars heißt in Wirklichkeit Celina. Und den Kontakt habe ich abgebrochen. Die sprichwörtliche Sensibilität der Familie war kaum noch auszuhalten...

Wenn Sie Halle hören, was fällt Ihnen zuerst ein? 

Wie groß ist die Halle, wie viele passen rein, wie ist die Akustik, wie sitzt das Publikum, kann man gut sehen... Und dann gibt es ja auch noch eine Stadt, die so heißt, ein lustiger Kalauer! 

Herr Nuhr, vielen Dank für das Gespräch!

(Martin Große, Kulturfalter Februar 2007)