Blaue Gorillas in Halle

Hinter dem Namen Bright Blue Gorilla verbirgt sich das aus Los Angeles stammende Künstlerehepaar Robyn Rosenkrantz und Michael Glover. Seit 20 Jahren reisen sie nun schon rund um die Welt. Sie ist Schauspielerin, Bookerin und Musikerin. Er schreibt Drehbücher, führt Regie und ist selbst eingefleischter Musiker. Für Kulturfalter nahmen beide sich Zeit um über ihre Filme, ihre Musik und das ständige Leben aus dem Koffer zu erzählen.

Kulturfalter: Wo waren Sie, bevor Sie nach Halle gekommen sind?

Robyn Rosenkrantz: Wie waren auf Tour in den Niederlanden. Direkt vor Halle waren wir in Leipzig.  

Waren Sie früher schon mal in Halle?

Ja, bei unserem ersten Besuch haben wir unseren zweiten Film „The mind of Henry Lime“ gezeigt und waren bei Radio Corax zu Gast. Dieses Mal werden wir auch bei Radio Sputnik zu Gast sein. Als wir das letzte Mal da waren, ist uns etwas Lustiges passiert. Wir sind am Fluss entlanggelaufen, was sehr schön war. Und plötzlich haben wir dieses Tier gesehen. Es sah aus wie eine Art Wasserratte oder ein Biber, wir hatten keine Ahnung was es war, aber es ist uns in Erinnerung geblieben, erst vor ein paar Tagen haben wir unseren Freunden davon erzählt. (Anm. der Red. Das Tier was Robyn und Michael da erblickten, war wohl die allseits beliebte Bisamratte oder auch Nutria)  



Sie zeigen immer Ihren Film und spielen das Konzert direkt im Anschluss. Wie kam es zu dieser Idee und wie funktioniert es?

Ja, in den meisten Fällen spielen wir erst ein Akustikkonzert, oft schon im Kinosaal, und schauen uns dann gemeinsam mit dem Publikum den Film an. Auf diese Weise bekommt man eine persönlichere Beziehung zum Publikum. Ich kenne keine Band, die das sonst so macht und glaube, dass es eine tolle Möglichkeit ist, die Leidenschaft zum Film mit der zur Musik zu verbinden. In Halle ist es etwas anders, da es sich um zwei verschiedene Veranstaltungsorte handelt. Wir werden also nach dem Film gemeinsam mit dem Publikum hinüber in das Objekt 5 laufen, wo wir im Anschluss unser Konzert spielen. Das wird ein spannendes Experiment.  

Sie sagen, dass Sie alles selbst machen. Die Organisation, die Musik, die Filme. Ganz ehrlich, wie viele Personen sind tatsächlich an Ihrer Tour beteiligt?

(lacht) Das sind wirklich nur mein Mann und ich. Wir haben uns verschiedene Dinge über die Jahre selbst beigebracht. Ich fing eines Tages an in Clubs anzurufen und zu fragen, ob wir dort spielen dürfen. Mein Mann hat eine Zeit lang bei MTV gearbeitet und dort gelernt, wie man Videos schneidet und bearbeitet. Das Tolle wenn man wirklich alles selbst macht ist auch, dass einem keine Grenzen gesetzt sind. Wir können tun und lassen, was wir wollen. Nichtsdestotrotz haben wir natürlich viel Unterstützung von Menschen aus aller Welt bekommen, durften bei ihnen schlafen, essen und spielen. Dafür bin ich ihnen auch heute noch unglaublich dankbar.  

Sie sind viel unterwegs. Wo waren Sie schon überall und wie reisen Sie?

Wie reisen immer mit dem Zug. Auch etwas, was ich an Europa mag. Seit 20 Jahren sind wir nun schon mit unseren Koffern unterwegs. In Amerika ist man immer so isoliert, jeder fährt in seinem Auto stundenlang den Highway entlang, was auch entspannend sein kann. Ich genieße jedoch mehr, mich im Zug zu bewegen und viele verschiedene Menschen kennenzulernen. Unsere Reisen sind oft unsere größte Inspirationsquelle. Neben Europa haben wir uns auch in Indien verliebt. Die Kultur, das scharfe und besonders gute vegetarische Essen als auch die Kleider haben es mir sehr angetan.  

Gibt es ein Land, was Sie unbedingt noch bereisen wollen?

Oh ja, viele. Auf jeden Fall möchten wir aber nach Neuseeland und Australien. Es soll wunderschön dort sein.  

Wie kann ich mir das vorstellen, Sie reisen mit zwei Koffern im Zug durch Europa? Wie transportieren Sie die ganzen Instrumente?

Tatsächlich schaffen wir es alles in ein paar Taschen unterzubringen. Michael hat eine spezielle Fußtrommel entwickelt, welche es ihm ermöglicht sowohl zu trommeln als auch Bassgitarre zu spielen, gleichzeitig. Und das Praktische an dieser Trommel ist, dass sie in eine Tasche passt. Ich spiele nur Gitarre und die bekomme ich natürlich leicht in meinem Gitarrenkoffer unter.  



Wie sahen Ihre Anfänge in Europa aus und welche war Ihre erste Station?

Wir beide machten schon immer Musik, wir waren Straßenmusiker. Nun wollten wir reisen und mit unserer Musik Geld verdienen. Wir fuhren also nach Holland, haben dort einen Typen getroffen, welcher meinte er habe ein Apartment, was drei Wochen leer steht und ob wir nicht dort wohnen wollten. Später lernten wir dann auch noch einige Musiker kennen und jemand stellte uns sein Tonstudio für ein paar Stunden kostenlos zu Verfügung. So nahm alles seinen Anfang. Ich telefonierte alle Clubs in ganz Holland ab, ob wir bei ihnen spielen dürfen und plötzlich kam der Zeitpunkt, an dem die Besitzer uns anriefen und buchten. (lacht) Es war fantastisch. Wir hatten dann eine Zeit lang einen professionellen Booker, allerdings bescherten uns die Auftritte nicht genug Geld und mein Mann war drauf und dran wieder nach L.A. zu fliegen. Ich wollte aber definitiv da bleiben, es war unser Traum und der sollte in Erfüllung gehen. Also fing ich an wieder selbst zu telefonieren und uns Auftritte zu beschaffen. Es klappte. Ich sage immer, wenn du etwas wirklich willst, spring ins kalte Wasser und stell dich dem Risiko.  

Wo fühlen Sie sich zu Hause?

Europa ist toll, weil es so viele verschiedene Länder und Kulturen zu sehen gibt. Und ich finde es toll, dass man hier überall mit dem Fahrrad fahren kann. Man sollte mir ein Fahrrad in L.A. geben. Undenkbar, dabei ist es so toll und hält auch noch fit. Trotzdem sind wir in Amerika aufgewachsen und lieben Los Angeles. Eigentlich fühlen wir uns überall auf der Welt zu Hause. Die Menschen, die wir kennenlernen, nehmen uns immer so herzlich auf.  

Welche Musik hören Sie selbst gern und wie würden Sie Ihre Musik beschreiben?

Es ist lustig. Aber wir hören eigentlich nicht sehr viel Musik. Ich liebe es jedoch mit anderen Bands auf einem Konzert zu spielen. Aufgewachsen sind wir mit Musikern wie Bob Dylan und den Beatles. Unsere eigene Musik ist wohl eine Mischung aus Folk, Rock, Pop und Blues. Für mich ist allerdings nicht der Stil oder das Genre entscheidend, entscheidend ist, ob ein Song gut ist. Wir hatte auch mal eine New Wave Phase, das alles spielt keine Rolle. Der Song muss gut sein. Wir lassen uns nicht von einem Stil einengen.  

Wie kann ich mir eine Filmproduktion bei Ihnen vorstellen?

Unseren aktuellen Film „Karate film Café“ haben wir in L.A. gedreht und produziert. Wir haben damals einfach unsere Freunde in Europa angerufen. Wir sagten ihnen, dass wir nicht das Geld haben den Flug zu bezahlen und auch sonst könnten wir ihnen kein Honorar zahlen, aber wir werden sie bei Freunden unterbringen und für reichlich Essen sorgen. Letztendlich kamen 9 Leute, zwei aus Berlin, zwei aus Dänemark und fünf aus den Niederlanden, alle Schauspieler, die wir auf unseren Reisen kennengelernt haben. Ich war total begeistert und so drehten wir 45 Tage am Stück mit zwei Tagen frei und es lief großartig, stressig aber gut. Es war ein Gefühl als wären wir eine große Familie.  

Ihr Stil erinnert sehr an Hippies. Können Sie sich damit identifizieren oder können Sie diese Schublade nicht mehr hören?

Das habe ich in der Tat schon oft gehört. Ich selbst sehe uns nicht als Hippies, aber wahrscheinlich assoziiert man das mit der Kleidung. Ich würde uns eher als „musical yogi gipsi“ bezeichnen. Aber in der Tat meditieren wir jeden Tag und machen eine Art Thai Chi, das hilft uns abzuschalten. Wir achten auch auf ein sehr gesundes Leben, sind Vegetarier und nehmen keine Drogen. Früher haben wir wahrscheinlich etwas mehr Rock´n´Roll gelebt, aber wenn man alles selbst organisiert und umsetzt, erfordert es eine große Disziplin. Drogen und Alkohol sind da nicht besonders hilfreich.  

Wo sind Sie nach Halle und was wird die Zukunft bringen?

Unsere nächste Show spielen wir in Dänemark. Voraussichtlich am 18. Mai fliegen wir dann wieder nach L.A., drehen unseren nächsten Film und nehmen eine neue CD auf. Wir werden wahrscheinlich ein bis zwei Jahre dort bleiben. Was für uns eine recht lange Zeit ist. Mehr als sechs Monate halten wir es selten an einem Ort aus. Das Fernweh ist einfach zu groß.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Rosenkrantz!

(Carolin Franke, März 2009)

 

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