EastboundClikk, Moskitozz und Pettar im Interview

Am 12. November 2017 veröffentlichen EastboundClikk (EBC), Moskitozz und Pettar ihre neuen Werke. Dazu veranstalten die halleschen Hip-Hop-Größen zusammen eine Threelease-Party am 18. November im La Bim. Vorher haben sich die Jungs Zeit genommen, und dem Kulturfalter einige Fragen rund um die lokale Musikszene, Live-Shows und die neuen Releases beantwortet.

Neue Releases sind ein toller Anlass, eine Party zu feiern. Doch leider hat das ganze einen etwas bitteren Beigeschmack, denn das wird euer letztes Event im LaBim sein. Wird euch dieser Ort fehlen? Welche Erinnerungen verbindet ihr mit der Location?


EBC: Das ist tatsächlich eine Katastrophe für die hiesige Kulturszene. Wir pflegen seit langer Zeit eine enge Verbindung zum LaBim. Wir konnten hier Videos drehen, für unsere großen Orchestra-Projekte proben und natürlich auch Konzerte geben. Besonders in Erinnerung geblieben, ist uns das Radiokonzert auf Corax mit Liveband.

Pettar: Ich habe im LaBim einige Live-Veranstaltungen besucht. Zum Beispiel durfte ich auch bei der letzten Releaseparty von Eastbound Clikk zu ihrer EP „Dynasty of dicke Rhymes“ selbst mal wieder auf die Bretter, um etwas Live-Luft zu schnuppern. Es ist eine sehr gemütliche Location und wahnsinnig schade, dass die der halleschen Clubszene bald fehlen wird.

Nach vielen Jahren im Showbizz – sind Aufregung und Vorfreude überhaupt noch ein Thema für euch? Was macht ihr kurz vor dem Auftritt - gibt es ein Ritual?

EBC: Nein eigentlich nicht. Solche Konzerte sind einfach immer der pure Stress und nur Mittel zum Zweck, um unsere heißen Scheiben zu promoten (lachen). Nein, im Ernst: live spielen ist einfach immer unser Ding gewesen. Natürlich ist man vorher ein wenig angespannt und fragt sich: „Funktioniert das live?“, „Kriegen wir das Publikum früh mitgerissen?“, „Wie wird der Sound sein?“ Mit den Jahren sind wir aber schon relaxter geworden. Wir haben viel erlebt und können damit umgehen, wenn auch mal was nicht so funktioniert. Die Aufregung kurz vor der Stage-Time bleibt natürlich. Bei uns hat jeder so sein Ritual - vor großen Konzerten zieht sich der eine Teile des „Braveheart“-Soundtracks rein, der andere geht nochmal die Texte durch. Kurz vor Betreten der Bühne bilden wir nochmal einen Kreis und singen „Go Down Moses“ und „Swing Low“. Und dann geht das los!

Moskitozz: Egal ob Aufregung oder andere Geisteszustände, sobald der Beat läuft, geht es uns nur ums Rappen.

Pettar: Meine „vielen Jahre“ im Showbizz sind ja schon eine Weile her. Ich habe mir seit 2010 eine ausgiebige Elternzeit gegönnt, und stand im Mai für EBC zum ersten Mal wieder auf einer Bühne. Daher bin ich schon sehr aufgeregt und gespannt, wie die Leute auf mich und meine Musik reagieren werden. Ein wirkliches Ritual habe ich nicht. Bei meinem allerersten Auftritt im Jahr 2006 war ich extrem nervös, und habe vorher acht Bier getrunken – kein besonders empfehlenswertes Ritual (lacht).

Wenn man etwas Neues veröffentlicht, dann ist das auch immer ein Schritt ins Ungewisse – alles muss fertig sein, man kann nichts mehr verändern. Wie schwierig ist es, so ein Projekt zu beenden und nicht immer noch was zu finden, das man verändern möchte?

EBC: Ja das ist so eine Sache, das muss man lernen. Nachdem wir fünf Jahre an unserem Debutalbum „Die Absolute Freshheit“ geschraubt haben, und immer wieder neue Ideen eingeflossen sind, ist das Projekt gescheitert, und wir mussten nochmal von vorne anfangen. Damit haben wir uns sozusagen selbst eine Lektion erteilt. Heute ist es so, dass wir Songs lieber erst finalisieren und die zusätzlichen Ideen dann lieber in späteren Tracks verarbeiten.

Moskitozz: Der Teufel liegt im Detail, aber irgendwie kommen wir am Ende immer auf einen gemeinsamen Nenner. Je schneller man mit einer Sache abschließt, desto eher kann man sich neuen Dingen widmen.

Pettar: Ich glaube, dass man immer wieder etwas finden kann, was man hätte besser machen oder vielleicht auch weglassen können. Ich bin eigentlich kein sehr detailverliebter und akribischer Vertreter unserer Zunft, aber bei all meinen bisherigen Releases ging es mir so.

Der Fakt, dass ihr alle zusammen eure neuen Werke feiert und auch schon seit vielen Jahren zusammenarbeitet zeigt, dass die Szene doch recht fair und gemeinschaftlich ist. Trotzdem macht am Ende ja jeder sein eigenes Ding – eine eigene Platte, ein eigenes Album. Wo hört die Zusammenarbeit auf und wo fängt das Streben nach eigenem Erfolg an?

EBC: Also die Zusammenarbeit ergibt sich meist aus gemeinsamen Sessions – also wenn wir uns treffen, und zusammen Musik machen. Wenn dann mehrere Leute Interesse an einer Idee haben, dann versucht man das Projekt umzusetzen – mal klappt das, mal nicht. Es macht schon jeder sein Ding, aber wir versuchen trotzdem, uns gegenseitig zu unterstützen und zu motivieren, denn Zusammenarbeit schafft auch immer Synergien.

Pettar: Das Hauptaugenmerk für mich liegt darauf, Spaß an der Sache zu haben. Früher hab ich mit meinem damaligen Partner Biber (in unserer Formation BP) einfach alles an Beats zusammengesammelt, was wir kriegen konnten. Darauf haben wir dann gerappt, und so entstanden in drei Jahren immerhin drei Mixtapes und etliche Gastbeiträge. Damals haben wir aber auch ganz schön auf die Quali gesch****n. Es fühlt sich natürlich gut an, wenn ich etwas fertig habe, aber meinen persönlichen Erfolg messe ich an den Hörern. Es ist ein tolles Gefühl, wenn sich Leute tatsächlich meiner Musik und den Texten auseinandersetzen. Ich denke, auf dem Level, auf dem wir uns bewegen, ist es viel wichtiger, gemeinsam Spaß daran zu haben, als irgendwelche Verkaufs- oder Klickzahlen zu erreichen. Darüber freue ich mich natürlich auch und gönne es den Kollegen von EBC und Moskitozz ebenso, aber das ist nicht mein Antrieb. In einem Song für meine Handballmannschaft aus dem Jahr 2008 endet die Strophe mit „Wir kämpfen, denn wir wollen uns das Bier danach verdienen.“ – das sagt doch recht viel über meinen musikalischen Ansporn (lacht).



EBC: Zwischen euren bisherigen Veröffentlichungen lag bisher immer mindestens ein Jahr. Liegt es an eurem Jubiläum, dass „Dynasty of dicke Rhymes“ jetzt schon nach einem halben Jahr von „Tesla & Gogh“ gefolgt wird? Was steckt hinter dem Titel?

EBC: Sehr gut aufgepasst! Das gibt ein Bienchen ins Muttiheft (lachen). Wir haben einfach über längere Zeit verschieden Tracks gesammelt, die soundtechnisch doch recht unterschiedlich sind – das war immer schon eine unserer Stärken (oder Schwächen?). Auch aus dem Grund, nicht ewig an einem Release zu basteln, haben wir uns dazu entschlossen, lieber kleinere Formate zu veröffentlichen. Unsere letzte EP „Dynasty of dicke Rhymes“ klingt eher oldschool. „Tesla & Gogh“ hat jetzt einen eher elektronischeren Stil. Das Wortspiel muss jeder für sich selbst interpretieren, man darf gespannt sein.

Moskitozz: Eure Platte trägt den Titel „Team Tod“, das klingt irgendwie nicht sehr optimistisch – was hat es mit dem Titel auf sich? Ihr habt in dieser Produktion mit Verz zusammengearbeitet – wie ist diese Verbindung entstanden?

Moskitozz: Team Tod steht für kosmischen Horror - einen erdachten, uralten Rap-Kult im Stile H.P. Lovecrafts – in diesem Sinne hat El Punto für uns auch dieses wunderschöne Cover gestaltet. Der Tod ist etwas Allgegenwärtiges und genauso unumgänglich, wie unsere Scheibe. Der Kontakt zu Verz besteht schon sehr lange. Dieses Mal haben wir uns endlich explizit die Zeit genommen, an einer Platte rumzufuhrwerken.

Pettar: Du bist Familienvater - wie lassen sich Familienleben und Musik verbinden? War dir dieser neue Lebensabschnitt Inspiration für „Get Happy Or Die Cryin“? Wie ist deine neue EP entstanden?

Pettar: Meine Familie ist Inspiration und Antrieb für mich, denn im Endeffekt dreht sich mein ganzes Leben jetzt um sie. Eigentlich finden sie in fast jedem Song dieser EP ihre Erwähnung, meine Kids haben sogar einen Skit beigesteuert. Wer den Pettar von früher noch kennt, wird feststellen, dass er jetzt angekommen ist. Auch wenn es früher in den Texten um andere Themen ging, war der Wunsch nach dem, was ich jetzt habe, immer schon hörbar. Familie und Musik unter einen Hut zu bringen, ist nicht leicht. Wenn ich nach der Arbeit nach Hause komme, verbringe ich Zeit mit meiner Frau und den Kindern, bevor ich dann zu Ben ins Studio oder zu Flow gehe, um Mucke zu machen.

Ihr seid ja jetzt alle schon eine ganze Weile dabei – wie hat sich die Hip Hop Szene in Halle seit den Anfängen eurer Musikkarriere verändert?

EBC: Früher ging es viel um Freestyle Battles in Halle. Das HipHopHalle.de Forum hat damals einiges angestoßen. Es gab gemeinsame Sampler und die damit verbundenen Releasepartys mit bis zu 20 Acts an einem Abend. Da hat sich die „Szene“ automatisch häufiger getroffen. Heute ist es eher so, dass diese gemeinsamen Partys kaum noch in dieser Größenordnung existieren.

Moskitozz: Rapper kommen und gehen, doch die wenigsten halten durch.

Pettar: Es ist auf jeden Fall alles professioneller geworden. Wie ich bereits sagte, haben wir früher einfach Beats gesammelt und darauf gerappt. Vor zwei Wochen hab ich zum ersten Mal ein Musikvideo gedreht, es gibt jetzt einen Promoplan für die Releasparty und Deadlines. Das artet schon fast in Arbeit aus (lacht). Ich bin sehr dankbar für die große Masse an Unterstützung, die ich im Zuge der Entstehung dieser EP bekommen habe. Auf die ganze Szene bezogen – es gibt viele Acts aus Halle, die ich feiern kann. Ich habe nur das Gefühl, dass jeder so seins macht und die Gemeinschaft, die ich früher aus den HipHopHalle Zeiten noch kenne, etwas verloren gegangen ist. Aber möglicherweise schätze ich das auch falsch ein, da ich in der Szene momentan nicht wirklich drin stecke.

Haben sich gleichzeitig auch eure Fans verändert? Also kommen eher die langjährigen Kenner oder trauen sich auch neue Leute zu den Konzerten?

EBC: Unsere Erfahrung ist, dass das Publikum von der Location abhängt. Natürlich ist unser Stammpublikum am Start, aber wir spielen sehr oft vor Leuten, die uns noch nicht Live on Stage erlebt haben. Das macht den Reiz aus.

Moskitozz: Das ist irrelevant für unser Schaffen.

Pettar: Dazu kann ich nicht wirklich was sagen, das kann ich nach dem Release und der Party sicher besser beurteilen.

In zwei Wochen sind eure Releases. Ist dann schon wieder Platz für Neues? Gibt es schon Pläne oder Ideen für die nächsten Projekte?

EBC: Nach der Party werden wir uns erstmal ausruhen und die ganze Patte verjubeln. Wenn das Geld dann alle ist, müssen wir wieder ran, das ist wie bei den Großen. Vielleicht können wir dann mal ins Dschungelcamp, da ist das Jahr gesichert (lachen).

Moskitozz: Ideen und Pläne gibt es zuhauf, doch alles zu seiner Zeit.

Pettar: Pläne und Ideen gibt es immer und der Drang, Neues zu schaffen, ist auf jeden Fall da. Meine Texte schreib ich immer und überall, aber was daraus wird, das werden wir sehen. Beats sammeln, Rappen, produktiv sein - darum geht es mir in erster Linie.

Kann man auf weitere Konzerte oder gar eine Tour gespannt sein?

EBC: Gespannt sein darf man immer. Wir haben keine Bookingagentur und nur begrenzte Zeit, deshalb ist eine Tour mit sehr viel Aufwand verbunden. Aber das wäre schon mal was: Bookinganfragen bitte an booking@eastboundclikk.de.

Moskitozz: Hier und da.

Pettar: Eine Tour werde ich nicht machen, aber ab und an nehme ich gerne Auftritte war. Früher sind wir zu Jams gefahren und vor teilweise drei Leuten aufgetreten, von denen zwei mit uns dorthin gefahren sind. Das soll nicht abgehoben klingen, aber dafür ist mir meine Zeit mittlerweile echt zu schade. Hin und wieder bringen die Jungs von Salty Soundz einen bekannteren Act auf eine hallesche Bühne, und Moskitozz konnten dabei bereits ihre Live-Qualitäten als Voract unter Beweis stellen, so was würde mich auch mal reizen.