A Gaudi hab'n - Huberbuab Thomas Huber im Gespräch

Thomas Huber, staatlich geprüfter Berg- und Schiführer und der ältere der beiden Huberbuam lebt für seine Leidenschaft, das Bergsteigen. Gemeinsam mit seinem Bruder Alexander gehört er zu einer der erfolgreichsten Seilschaften unserer Zeit. Zur Fernlichtmesse (26. - 27.11. in der Kongresshalle am Zoo Leipzig) kann man ihn live erleben. Vorab sprach Kulturfalter-Redakteur Martin Große mit dem Bergsteiger.

Kulturfalter: Was ist das für ein Gefühl, an einem Ort zu stehen, an dem noch nie ein Mensch war?

Thomas Huber: Es gibt auf der Welt kaum einen Ort, an dem noch kein Mensch gewesen ist. Ob am Südpol, oder den Polarkappen – es war schon überall jemand da. Aber in der vertikalen Welt gibt es noch viele weiße Flecken und Herausforderungen, derer sich noch keiner angenommen hat oder wo noch niemand den Mut hatte, hinzugehen. Und vom Gefühl her: Ich fühle mich jedes Mal so wie ein kleiner Entdecker. Das Entdecker-Gen ist immer auf der Suche nach dem Neuen.

Wenn ihr einen Gipfel erklommen habt, gibt es dann ein Gipfelritual, oder habt ihr da oben auch mal richtig Quatsch gemacht?

Quatsch machen wir in dem Sinne nicht, aber mit meinem imaginären Seilpartner, der immer mit dabei ist, schon. Der Humor ist der beste Seilpartner. Solange er präsent ist, ist alles gut. Erst wenn der Humor nicht da ist, dann hat man Probleme. Oben schließlich gibt es einen Handschlag, und man freut sich, dass man es gemeinsam hinauf geschafft hat. Ein Ritual ist auch, dass man in sich geht und dankt, hier sein zu dürfen. Danach heißt es: ‚Jetzt schau mer das ma guat runterkommen‘. Die Reise ist erst zu Ende, wenn man zurück in der Heimat ist.

Ist der Rückweg genauso schwierig wie der Hinweg?

Der Hinweg ist schwieriger als der Rückweg. Er ist gefährlicher, aber man ist hoch konzentriert und fokussiert. Beim Rückweg lässt dann die Anspannung nach, und es schleichen sich Fehler ein; dann ist es richtig gefährlich. Ihre Art zu Bergsteigen ziemlich aufregend.



Gibt es einen Ausgleich zu den ganzen Adrenalinschüben, die sie während einer Klettertour haben?

Gibt es. Das Wichtigste ist. dass man loslässt. Ich gehe dann normal wandern und mache eine Zeitlang gar nichts. Das Heimkommen ist auch ein bisschen schwierig, weil man im Kopf immer noch den Abenteuern nachhängt. Man ist voll mit Adrenalin und Ereignissen, mit denen man gefangen war. Ich finde am besten in den Bergen Ausgleich. Ich komme von den Bergen, um dann wieder in die Berge zu gehen. Die einen Berge sind sehr schwierig und eine Grenzerfahrung, die Berge mit Familie zu erleben ist hingegen eine Wohltat fürs Gemüt, die Familie und das Auge. Ihr Vortrag heißt „Sehnsucht Torre - Ein wilder Road Trip meiner Seele.“

Worum geht es darin?

Das Vortragen macht mir Spaß. Ich möchte den Menschen zeigen, wo ich war, und möchte erreichen, dass sie danach mutiger sind, ihre Träume zu leben. Torre zeigt worum es im Leben geht. Der Torre ist als Sehnsuchtsort metaphorisch. Er steht dafür „irgendwo hinzukommen“.

Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, sich solche Sehnsüchte zu erfüllen?

(Überlegt) Eigentlich um glücklich zu sein. Egal was du tust im Leben, wenn du das Lachen verlierst, wenn der „Seilpartner Humor“ abgeschnitten wird, dann wird es bedenklich. Es ist wichtig, auch wenn es hart auf hart kommt, dass man ein lachender Mensch ist. Das man a Gaudi hat, wie wir in Bayern sagen.

Gibt es einen weiteren Sehnsuchtsort?

Ja, diese Sehnsuchtsorte können in Pakistan, der Arktis oder Patagonien sein. Sehnsucht ist eine der wichtigsten Sachen im Leben, um weiterzugehen. Die Sehnsucht animiert uns zu schauen, was liegt hinter dem Berg. Sie ist die Energie, die dich hinter den Horizont bringt. Wer keine Sehnsucht mehr hat im Leben, der bleibt stehen und wartet, glaube ich, nur darauf, dass ihn einer abholt.

Welche neuen Projekte gibt es?

Gerade keine. Wir sind vor kurzem aus Pakistan wiedergekommen und ich bin momentan in der Ankommphase. Das dauert ein halbes Jahr und dann schauen wir was kommt.



Wonach suchen Sie generell Ihre Projekt aus?

Wir wollen immer dorthin, wo es sehr schwierig ist. Das Scheitern ist deswegen oft ein Teil der Geschichte. Jetzt in Pakistan sind wir wieder gescheitert bei dem Versuch, ein anderes Team zu bergen. Unser Team war nicht bereit, weiterzugehen. Jetzt fragen wir uns: ‚Ist es das Ziel wert weiterzumachen?‘ Wenn ja, dann gehen wir wieder hin.

Gibt es einen Berg, der nicht besteigbar ist?

Nein, den gibt es nicht. Da ist mittlerweile nichts unmöglich. Klar ist, der Einzelne schafft es nicht, aber wenn in einem Team alle über sich hinauswachsen, dann ist alles möglich.

Was ist der schwierigste Punkt bei einer Besteigung? Route raussuchen? Wetterinfos? Das Losgehen?

Die höchste Anspannung ist dann, wenn es losgeht. Das ist auch die schwierigste Situation, wenn vielleicht das Wetter lange schlecht war und die Hoffnung bezüglich des Gelingens schwindet. Wenn man dann nur noch mit positivstem Denken sein Ziel schaffen könnte, muss einer stopp sagen. Das ist am schwierigsten. Wenn‘s läuft bei schönem Wetter, dann ist alles gut.

Sieht man sie auch mal am Strand?

Ja, das mach ich gerne. Die schönsten Urlaube am Strand mache ich mit der Familie. Im Meer zu baden ist wunderschön. Aber ich bin dann nicht in Iserlohn. Das taugt mir nicht. Am Strand mit wenigen Leuten, das ist o.k.

Herr Huber, vielen Dank für das Gespräch.

Der Vortrag von Thomas Huber ist am 27. November um 13.30 Uhr auf der Fernlichtmesse in Leipzig.