Interview mit dem Landschaftsfotograf David Köster
Der Hallenser David Köster gehört zu den besten Landschaftsfotografen Deutschlands und wurde für seine Arbeiten bereits mehrfach mit international renommierten Preisen ausgezeichnet. Er fängt mit seiner Kamera dramatische Bergkulissen und arktische Eiswelten, aber auch die Natur vor seiner eigenen Haustür – in Halle und Umgebung – ein. In seinem Buch „Der Start in die Landschaftsfotografie“ lüftet David Köster das Geheimnis atemberaubender und emotionaler Landschaftsfotos. Er nimmt den Leser mit auf eine Reise um die Welt und zeigt, wie man die Natur am besten in Szene setzen kann. Schritt für Schritt erklärt er dabei – wie er es nennt die „sieben Elemente der Landschaftsfotografie“: Fotoausrüstung, Einstellungen, Motiv, Bildgestaltung, Licht, Schärfe und Bildbearbeitung. Mit praktischen Workshops und Checklisten und beeindruckenden Beispielfotos weckt er außerdem die Lust, nach draußen zu gehen und tolle Fotos zu machen. Kulturfalterchefredakteur Martin Große sprach mit dem Fotograf und Autor über sein Buch und seine Fotos.
Kulturfalter: Was fasziniert Sie an Landschaften?
David Köster: Landschaften sind für mich der Inbegriff der Schöpfungskraft, des ewigen Wirkens der Elemente. Schon immer war ich fasziniert von dem unendlichen Schauspiel der Formen und Strukturen, Licht und Farben. Landschaften haben für mich auch etwas Kontemplatives, eine spirituelle Bedeutung. Nirgendwo fühle ich mich dem Puls der Natur so nah wie in epischen, wilden Landschaften. Ich mag die Disziplin der Landschaftsfotografie aber auch wegen der spannenden Melange aus Naturerlebnis, modernem Abenteuer, Kreativität und Technik.
Wollten Sie schon als Kind Fotograf werden?
David Köster: Nein, überhaupt nicht. Aber bereits als Kind war ich fasziniert von Landschaften und interessierte mich überhaupt sehr für die große Welt, die ja für uns DDR-Bürger faktisch recht begrenzt war. Mit Vorliebe habe ich Reisedokus und Reiseberichte verschlungen. Auch habe ich noch gut in Erinnerung, wie ich bereits als Kind beim obligatorischen Ostsee-Urlaub fasziniert von der Weite und dem Licht an der Küste war und stundenlang den Wellen und den Wolken zusehen konnte. Da ich ein recht kreativer Mensch bin, war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis ich anfing, meine Eindrücke draußen in irgendeiner künstlerischen Form zu verarbeiten. Mein Medium wurde dann die Fotografie.
In Ihrem Buch ist das ein ganzer Abschnitt, aber können Sie in wenigen Worten sagen, wie man das beste Motiv in einer Landschaft findet?
David Köster: Gern. Am wichtigsten ist aus meiner Sicht, dass man sich vor Ort Zeit lässt und nicht einfach drauf losknippst. Wenn man sich Zeit nimmt, kommt man nicht nur physisch an, sondern auch mental. Dann kann man das Wesen einer Landschaft bewusst erfahren und sie mit allen Sinnen wahrnehmen. Die Bildideen kommen ganz automatisch. Auch sollte man sich Zeit nehmen, eine wirkungsvolle Perspektive und einen guten Standort zu finden. Um sein Motiv wirkungsvoll auf dem Foto zu inszenieren, ist es hilfreich, sich mit den Grundlagen der Bildkomposition zu beschäftigen: Goldener Schnitt, Drittelregel und sonstige Gestaltungsregeln, die man nicht nur in der Fotografie, sondern zum Beispiel auch der Malerei oder Architektur findet.
Einige der schönsten Bilder von David Köster:
An welchen Orten sind Sie schon überall für Ihre Bilder gewesen? Ist Ihnen ein Ort besonders in Erinnerung geblieben?
David Köster: Eine schwierige Frage. Tatsächlich habe ich im Prinzip schon alle Kontinente mit Ausnahme der Antarktis/Arktis bereist. Je wilder und einsamer, desto besser. Wenn ich auf die Schnelle einige Favoriten benennen sollte, wären es Kasachstan, Grönland, Patagonien und die Seychellen.
Nur wenige Menschen schaffen es, mit Fotografie ihr Geld zu verdienen. Neben dem reinen „Fotos machen“ gehören sicher noch mehrere Tätigkeiten zu Ihrem Berufsalltag. (Fotos nachbearbeiten, Bücher schreiben, Marketing, Website….) Können Sie diese beschreiben?
David Köster: Da haben Sie absolut Recht. Als freier Fotograf fotografiert man (leider) weniger, als man gemeinhin annehmen könnte. Damit ich meine Bilder überhaupt erstellen kann, muss ich Locations von zu Hause aus scouten, Touren organisieren, reisen. Später dann die Bilder entwickeln und für die verschiedenen Kanäle aufbereiten. Das eigentliche Fotografieren ist „nur“ einer von vielen Bausteinen im fotografischen Prozess. Auch für administrative Tätigkeiten geht viel Zeit drauf, zum Beispiel Webseite pflegen, Social-Media-Kanäle bedienen, Interviews geben, Bilder vermarkten, Rechtemanagement, Marketing und Promotion, Kundenaufträge abarbeiten, Buchhaltung/Steuern. Dazu kommt dann, dass ich verschiedenste Standbeine bediene. So gebe ich Fotoworkshops und Trainings, schreibe Artikel für Reise- und Fotozeitschriften oder Onlineportale, bin Autor von Fotoratgebern und Markenbotschafter für verschieden Firmen der Fotoszene.
Haben Sie ein paar Tipps für Menschen, die vielleicht auch Geld mit ihren Fotos verdienen wollen?
David Köster: Zunächst einmal müssen die Bilder natürlich professionellen Ansprüchen genügen, damit sie von Unternehmen und Agenturen genutzt werden können. Wenn dem so ist, kann man versuchen, sie Bildagenturen, Zeitschriften oder Verlagen anzubieten. Oder man versucht Kunstdrucke seiner Bilder zu verkaufen, beispielsweise indem man an Ausstellungen teilnimmt oder selbst eine organisiert. Allerdings muss man dazusagen, dass es heute auf Grund der Marktlage ziemlich schwer ist, mit Landschaftsfotos Geld zu verdienen. Genau aus dem Grund habe ich auch verschiedene Standbeine aufgebaut.
Haben Sie ein Lieblingsbild – ein eigenes oder fremdes oder beides?
David Köster: Wenn ich spontan ein Bild benennen sollte, wäre es „Patagonia Star“, ein Foto, welches ich auf einer Trekkingtour durch Argentinien aufgenommen habe. Hier schaut der Betrachter über ein weites Tal mit einem mäandernden Fluss zu den Wahrzeichen Patagoniens, Cerro Torre und Fitz Roy, und einer Gletscherlagune. Eingerahmt wird die Szenerie von herbstlicher Vegetation und der gerade untergehenden Sonne. Ein spezielles Lieblingsbild von anderen Fotografen habe ich nicht, bin aber schon lange großer Bewunderer von „alten Meistern“ wie Sebastiao Salgado, Steve McCurry, Art Wolfe oder Ansel Adams und übrigens auch den romantischen Landschaftsmalern wie Caspar David Friedrich.
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Fotografieren Sie lieber am Tag oder in der Nacht?
David Köster: Beides hat seinen Charme. Tagsüber kann man besser mit natürlichem Licht arbeiten, und alles geht leichter von der Hand. Hier bevorzuge ich die Zeiten rund um Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Nachts kann man dafür Sterne, Milchstraße oder in den Polarregionen auch Nordlichter fotografieren und das Mondlicht oder künstliche Lichtquellen für seine Bilder nutzen. Außerdem hat man die Locations meist für sich allein. Dafür ist die Nachtfotografie deutlich anspruchsvoller und folgt eigenen Gesetzen.
Was macht ein Bild für Sie besonders?
David Köster: Ein Bild ist dann für mich besonders, wenn es emotional ist. Damit meine ich zum einen, dass das Bild beim Betrachter ein Gefühl auslösen soll, zum Beispiel Überraschung, Fernweh, Sehnsucht oder der Wunsch, an diesen Ort zu reisen. Zum anderen bedeutet das für mich, dass das Bild den ganz individuellen „Spirit“, die Atmosphäre des aufgenommenen Ortes oder der Situation zu transportieren vermag. Wenn es dann auch noch technisch und handwerklich perfekt ist, ist es ein besonderes Foto.
Viele Menschen finden die Polarlichter in Island einmalig und wunderschön. Welches ist Ihr Lieblingsmotiv?
David Köster: Mein liebstes Polarlicht-Bild von Island ist eines, das ich an der Gletscher-Lagune Jökulsarlon aufgenommen habe. Abgesehen von der atemberaubenden Schönheit der Kulisse ist das Besondere an diesem Bild das rote Polarlicht, welches ziemlich selten auftritt.
Arbeiten Sie alleine, oder kommen noch Leute auf Ihre Fototouren mit?
David Köster: Sowohl als auch. Meistens bin ich allein unterwegs, weil ich mich dann besser und ohne Ablenkung auf die Natur einlassen kann und auf niemanden Rücksicht nehmen muss, sondern meinem eigenen Takt folgen kann. Manchmal reise ich aber auch mit anderen Landschaftsfotografen zusammen. Meist dann, wenn es an sehr entlegene Orte geht, bei denen es aus logistischen und finanziellen Gründen, aber auch aus Sicherheitserwägungen heraus besser ist, als Team unterwegs zu sein.
In Ihrem Buch „Der Start in die Landschaftsfotografie: Das Geheimnis atemberaubender Bilder“ geben Sie viele Tipps und verraten einige Tricks. Wie kam es dazu, dass Sie das Buch geschrieben haben?
David Köster: Der Ursprung der Idee entstammt aus der Zeit, als ich selbst noch fotografisch am Anfang stand. Als Autodidakt habe ich mir das Fotografieren weitgehend über Bücher beigebracht. Es gab auch damals schon einige Fotoratgeber, allerdings eher wenige, die sich explizit mit der Landschaftsfotografie beschäftigen. Sie waren außerdem entweder zu kompliziert und theoretisch. Oder genau umgekehrt, zu oberflächlich und daher auch wenig hilfreich, um ganz praktisch Landschaftsfotografie zu lernen. All das war Ansporn genug für mich, einfach ein eigenes Buch zum Einstieg in die Landschaftsfotografie zu verfassen, so wie ich es mir damals selbst gewünscht hätte. Ursprünglich hatte ich geplant, ein Buch im Eigenverlag herauszugeben, und hatte bereits sukzessive begonnen, ein Manuskript zu schreiben. Wie es der Zufall wollte, kam dann im Frühjahr letzten Jahres der Humboldt Verlag auf mich zu und fragte mich, ob ich nicht genau so ein Buch dort veröffentlichen wolle. So kam dann eins zum anderen.
Wo geht es als nächstes hin für neue Landschaftsbilder?
David Köster: Ich sitze im Prinzip schon auf gepackten Koffern. In zwei Tagen geht es dann nach Sibirien, genauer nach Kamtschatka, wo uns spektakuläre Vulkanlandschaften und Braunbären aus nächster Nähe erwarten.
Vielen Dank für das Interview.