Eine Brücke vom Barock zum Jazz

Mit der Aufführung von Paul Mc Cartneys „Liverpool Oratio“ am 3. Mai in der Händelhalle gibt es zum zweiten Mal nach 2016 eine musikalische Brücke zwischen dem Women in Jazz Festival und den Händelfestspielen. Aufgeführt wird das Konzert von der Staatskapelle, dem Universitätschor, dem Stadtsingechor sowie den Solisten Kristin Ebner (Sopran), Marie Henriette Reinhold (Mezzosopran) Patrick Grahl (Tenor) und Clemens Heidrich (Bass). Es dirigiert der Universitätsmusikdirektor Jens Lorenz. Kulturfalter-Redakteur Martin Große sprach mit ihm über das Projekt.

Ein Brückenkonzert zwischen WIJ und Händelfestspielen - können Sie etwas über die Idee und ihre Entstehung erzählen?

Bei der Ideenfindung war ich persönlich nicht beteiligt. Die Idee entstand in Gesprächen zwischen Clemens Birnbaum, Intendant der Händelfestspiele, und Ulf Herden, dem Veranstalter des Women in Jazz Festival. Die Idee ist, dass man gegenseitig aufeinander aufmerksam macht. Auf das Liverpool Oration kam man auch in Gesprächen mit der ehemaligen Direktorin der Staatskapelle, weil man im oratorischen Bereich neben Brahms, Beethoven, Mozart und Händel auch andere Sachen zeigen wollte. Liverpool Oration ist ein Werk von Paul McCartney und Carl Davis zum 150-jährigen Bestehen des Royal Liverpool Philharmonic Orchestra im Jahr 1991.

Inwiefern schlägt das die Brücke zwischen einem Komponisten des Barock und einem Jazzfestival mit dem Schwerpunkt Frauen?

Das ist vielschichtig. Paul McCartney kommt aus dem populären Musikbereich. Die Musik hat einige Wurzeln im Jazz. Für ihre eigenen Kreationen haben die Beatles sicher auch auf den Jazz aufgebaut, denn den kannten sie ja. Das Oratorium ist jedoch ein klassisches Werk, in dem sich, aber verschiedene Musikstile wiederfinden. Das Werk besteht aus acht Bildern. Eines davon heißt „Hochzeit“, das könnte zumindest zu Beginn auch von Händel stammen. Dann wiederum gibt es Themen und Rhythmen, die man auch in einem Eleanor Rigby (ein Song der Beatles, Anm. d. Red.) wiedererkennen könnte. Es ist schon ein sehr besonderes Werk, und mir fällt keines ein, von dem ich sagen würde, es ist ähnlich. Eine Gemeinsamkeit mit dem Women in Jazz Festival ist natürlich dieses Jahr das Motto „Very british“.



Sie erwähnten, dass das Werk aus acht Bildern besteht. Was erwartet die Zuschauer?

Die Besetzung auf der Bühne ist stabil. Lediglich der Knabenchor kommt und geht in einigen Szenen. Es ist ein sehr eindringliches Werk, welches viele berührende Momente sowie, Kontraste hat. Es ist groß besetzt und, wenn alle zusammen und alle Bläser spielen, dann entstehen da große Momente. Ein Kapitel heißt zum Beispiel „Krieg“. In diesem instrumentiert das komplette Orchester den Fliegerangriff auf Liverpool. In dieser Zeit wird ein Kind geboren. Da gibt es urplötzlich einen ‚Cut‘ und auf einmal singt der Chor alleine ein A-Kapella Stück, indem es um die Familie, also Vater, Mutter, Kind, geht. In diesem Moment, wenn man so aufgeladen ist, so einen Kontrast schafft, ist das sehr emotional.

Wie lange probt man an solch einem Werk?

Das ist unterschiedlich. Das Orchester besteht aus Vollprofis, die proben da vielleicht vier bis fünf Mal. Bei den Chören gab es fünf bis sechs Proben, das bedeutet einen Monat Probenzeit. Beim Stadtsingechor weiß ich, die Probezeiten nicht. Dann gibt es, aber noch Proben mit Orchester und den Solisten, sowie den Chören und dem Orchester. Alle zusammen proben, dann in der Generalprobe.



Worauf freuen Sie sich mit Hinblick auf das Konzert am meisten?

Es ist schon eine komplexe Zeit. Ich freue mich auf die Aufführung und darauf, zu sehen, dass sich alle Beteiligten auf das Konzert freuen und das Werk den Zuhörern zu zeigen. Wir wollen natürlich das kulturinteressierte Publikum erreichen, vielleicht auch Zuhörer, die eher im Bereich Weltmusik beheimatet sind.

Ist das Konzert auch ein Versuch, neues Publikum zu gewinnen?

Auf jeden Fall. Es ist ein Angebot, was durch die Szenen geht. Also es spricht nicht nur Klassikfans und nicht nur Jazzfans an. In dieser Hinsicht baut es eine echte Brücke.

Ist es nicht schade, so viel Mühe in ein einmaliges Projekt zu stecken?

Die Frage ist auf jeden Fall berechtigt. Das Konzert ist unglaublich aufwendig. Es ist fast unbezahlbar, so etwas in einer anderen Stadt zu machen. Man müsste allein mit vier Bussen die Musiker dorthin fahren… Das ist kaum wirtschaftlich machbar und es ist auch in Halle nur durch das hohe Engagement aller Beteiligten zu stemmen.

Herr Lorenz, vielen Dank für das Gespräch.