Christian Wilhelm von Brandenburg (Teil 2)

Seit 1618 wurden die deutschen Lande mehr und mehr in die Anfänge des Dreißigjährigen Krieges verwickelt. Während sich die beiden protestantischen Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen noch weitgehend zurückhielten, begab sich der Administrator des Erzstifts Magdeburg Christian Wilhelm von Brandenburg (mittlerweile auch Administrator von Halberstadt) sehr früh auf die Seite der protestantischen Kriegspartei (geführt vom Dänenkönig Christian IV.) und damit in offene Konfrontation zum Kaiser. Vielleicht hoffte er auf das Kriegsglück bei der Verfolgung seiner Machtambitionen.

1625 musste Christian Wilhelm vor Wallenstein aus Halle und seinen beiden Territorien fliehen, das Domkapitel in Magdeburg begann sich zusehends von seinem Administrator zu lösen. Mit dem dänischen Patent eines Oberstleutnants versehen, stellte er Truppen auf und focht u. a. 1626 an der Seite Ernst von Mansfelds in der Schlacht an der Elbbrücke bei Dessau; Wallenstein gewann die Schlacht. Eine unergiebige diplomatische Reise Christian Wilhelms durch Europa brachte keine Erfolge. Die Abwesenheit des Regenten nutzte das Domkapitel 1628 zur Absetzung des alten Administrators und zur Postulierung des minderjährigen Prinzen August von Sachsen (seit 1625 Koadjutor) zum neuen Administrator des Magdeburger Erzstifts – Schiller vermutete in seiner „Geschichte des dreißigjährigen Kriegs“ als Motiv die Angst vor der Rache des Kaisers. Dieser hatte inzwischen ganz eigene Pläne für die reiche und politisch wichtige Pfründe Magdeburg: ein katholisches Erzbistum unter seinem Sohn Leopold Wilhelm von Habsburg. Das Restitutionsedikt von 1629 unterstützte diese Planungen und zumindest die Stadt Halle vollzog 1630 die Huldigung vor zwei Vertretern Leopolds.



Für Christian Wilhelm schienen alle Hoffnungen verloren. Die Hinwendung zu Gustav Adolf erscheint konsequent, verschärfte aber seine persönliche Lage. 1630 traf der Ex-Administrator mit dem schwedischen Gesandten Stalmann in Magdeburg ein und versuchte die Stadt sowie seine ehemaligen Territorien auf die Seite des Schwedenkönigs zu ziehen, der in Norddeutschland gelandet war. Auch in Halle gab er ein kurzes Intermezzo, mobilisierte verzweifelt Kräfte und scheiterte mit dem Versuch der Wiedergewinnung der Moritzburg.

Die Entscheidung fiel in Magdeburg. Im Mai 1631 wurde die Stadt durch kaiserliche Truppen erobert. Christian Wilhelm wurde im Kampf verletzt, gefangengenommen und durch Pappenheim in kaiserliche Gefangenschaft geführt. In Wien konvertierte der Verfemte zum Katholizismus. Er selbst führt in seinem „Speculum veritatis“ von 1633 zwar rein religiöse Gründe für den überraschenden Wechsel an, doch war die Argumentation wie auch die Person des ehemaligen Administrators vielen suspekt.



Quasi aller Ämter, aller Hoffnungen, aller Ehre beraubt, lebte Christian Wilhelm von Brandenburg, der versucht hatte, auf der großen politischen Bühne mitzuspielen, als Gefangener des Kaisers. Der Prager Frieden von 1635 und der Westfälische Frieden 1648 brachten keine wesentliche Verbesserung seiner Lage: es blieben ihm eine jährliche Rente von 12.000 Talern (aus Einnahmen des Erzstiftes Magdeburg) sowie die beiden Ämter Zinna und Loburg. Von den hohen politischen Ambitionen war nichts geblieben, sein Status erscheint als der eines gesellschaflich Geächteten. „Gestürtzet in die Flut der grösten Krieges wut“ war dann auch der Titel eines zeitgenössischen Kupferstiches. 1665 verstarb Christian Wilhelm im Kloster Zinna.

(Jürgen Engelhardt, Kulturfalter Mai 2011)