women_in_jazz, (Foto: © coultour büro herden)

Women in Jazz Festival - Sarah Chaksad

Seit über zehn Jahren bereichert Sarah Chaksad mit größeren bis großen Formationen die europäische Jazzszene. Für ihre Produktionen und Konzerte wird die Schweizer Alt- und Sopran-Saxophonistin und Komponistin international gefeiert. „The concert was a real triumph. Chaksad's writing and arranging is first class and the enthusiasm shown by the band was very evident“, notierte Jazzwise im Januar 2023 über ein Konzert in Island. „Sarah Chaksads Stücke jonglieren gekonnt mit insistierenden Motiven, gedämpften Sounds, sanften Schichtungen“, befand Jazz Thing 2019 und das Jazzpodium hob ihre „ausgefuchsten Kompositionstricks mit zahlreichen motivischen Querverweisungen innerhalb der Stücke, durchführungsartiger Themenverarbeitung und fein ziselierten, durchkomponierten Backgrounds der Improvisationen“ hervor. Die Weltwoche attestierte Chaksad „eine eigene, subtile musikalische Handschrift“ und verwies auf George Gruntz und Mathias Rüegg, das Magazin Rondo lobte: „Ihre Stärke sind differenzierte, durchgearbeitete, sorgsam überlegte Partituren, in denen sie virtuos mit den Klangfarben ihrer Formation spielt.“

Viele Kompositionen von Together entstanden in einer für Sarah Chaksad emotional nicht einfachen Zeit. „Anfang 2020 ist mein Vater gestorben und dadurch war meine Verbindung zu seinem Herkunftsland Iran plötzlich unterbrochen. Um meinen Wurzeln nachzuspüren habe ich mich intensiver als je zuvor mit traditioneller persischer Musik beschäftigt.“ Ihr Vater spielte die Röhrentrommel Tombak, ihre schweizerische Mutter ist klassische Musikerin. „Melodien und Klänge aus dem Iran gehörten in meiner Kindheit und Jugend einfach dazu, wir haben sie so selbstverständlich gehört, wie bestimmte Gerichte von dort bei uns auf den Tisch kamen. Der Reichtum der persischen Musik war mir trotzdem lange nicht so richtig präsent, weil ich mich vor allem auf Jazz konzentriert hatte.“

Inzwischen ist Sarah Chaksad klar, wie sehr die eher unbewussten Erfahrungen in der Familie ihre heutigen Werke inspirieren. „Normalerweise entwickele ich zunächst die Basslinien und die Melodien, der Rest kommt sehr oft intuitiv dazu. Dass nun fast alle Stücke von Together auf ungeraden Metren basieren, hatte ich mir nicht gezielt zurechtgelegt.“ Das Spektrum reicht von 5/8 im Titelstück über 6er, 9er und 12er-Takte mit unterschiedlichen Akzentuierungen bis zum 13/8 bei Imagine Peace. Noch unmittelbarer als die pointierte Rhythmik lassen bestimmte Melodielinien, beispielsweise in Hope, an persische Traditionen denken. Am markantesten wirkt die Brücke zwischen den Kontinenten im großartigen Solo von Misagh Joolaee auf der Spießgeige Kamancheh. Sein wunderbares Spiel verleiht Chaksads musikalisch-klanglicher Imaginationskraft in Together zusätzliche Tiefe, gemeinsam kreieren sie eine besondere, ungemein intensive Stimmung.

Chaksads vielgestaltige Kompositionen reflektieren persönliche Erlebnisse und das Zeitgeschehen. Im Aufmacher des Albums, Circle, symbolisiert eine sich immer wiederholende Akkordfolge die – manchmal auch amüsanten – Kreise, die das Leben zieht. „Meine Eltern haben damals in Berlin studiert und sich dort kennengelernt, heute spiele ich mit Menschen aus Berlin und nehme in der Stadt meine Platte auf.“ Nachdenkliche Innerlichkeit und Aufbegehren spiegeln sich im ersten Teil von Lost, später signalisiert eine versöhnliche Melodie eine Art Beruhigung und Ausgeglichenheit der Gefühle. Verspielt erscheinen die gegenläufigen und ineinandergreifenden, teils repetitiv-knappen, teils strahlenden Motive von Louana, das die wechselhaften, oft etwas richtungslosen Bewegungen eines Kindes stimmig und mit Humor vertont.

Vor den Aufnahmen im legendären Berliner Hansa Studio im März 2023 spielte das Large Ensemble vier Konzerte, um einen großen Teil des Repertoires inklusive seines Potentials für Improvisationen auszuloten. Natürlich würden sich die Stücke verändern, jeder Take jedes einzelnen Titels habe im Studio einen eigenen Charakter entwickelt, unterstreicht Chaksad die Beweglichkeit ihrer Band. Das weckt Erwartungen für die im Februar anstehenden Auftritte in der Schweiz, Deutschland und weiteren Ländern.

Sarah Chaksad versteht ihr spannendes neues Album auch als eine Art Plädoyer für Zusammenhalt und Zusammenstehen, über Länder- und politische Grenzen hinweg. Together vereint den enormen Klangfarbenreichtum, die Tiefenschärfe und Dynamik einer Großformation mit eindrücklichen, individuellen Soli. Raffinierte Rhythmik, vitale Spielfreude und einige im Jazz eher seltene Einflüsse ergeben eine intellektuell wie emotional ansprechende Musik, die nicht alle Tage zu hören ist.

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