Ich weiß, wo auf dem Klavier die Tasten liegen...

Wie kam es dazu, dass Sie zum Präsidenten des Landesmusikrates gewählt wurden?

Mein Vorgänger, Herr Staatssekretär a. D. Willems, hat mich vorgeschlagen, das Kirchenchorwerk der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland hat mich nominiert und die Mitgliederversammlung hat mich im November des vergangenen Jahres gewählt.

Sind Sie schon länger im Bereich musikalische Bildung aktiv?

Ich war es in meiner Zeit als Dezernent und Landrat des Landkreises Stendal in den neunziger Jahren und als kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt von 2011 bis 2016.

Welche Aufgaben haben Sie als Präsident des Landesmusikrates?

Das Präsidium setzt die Beschlüsse der Mitgliederversammlung um. Es bestellt den Geschäftsführer. Es verabschiedet den Haushalt und genehmigt die Jahresrechnung. Es richtet Einrichtungen und Fachausschüsse ein und arbeitet mit diesen eng zusammen. Ich darf dem Präsidium vorstehen und gemeinsam mit der Vizepräsidentin sind wir Vorstand im Sinne des BGB § 26.

Haben Sie in Ihrer Kindheit/ Zeit als Schüler/ Student musikalische Bildung genossen – spielen Sie ein Instrument?

Ich weiß, wo auf dem Klavier die Tasten liegen. Die Ergebnisse des Tastendrückens reichen aber nur für die eigene Erbauung. In meiner Jugend habe ich in christlichen Gemeindechören gesungen. Am Predigerseminar Friedensau (heute Theologische Hochschule) sang jeder Seminarist (Student) im Chor mit. So auch ich. Das liegt inzwischen 40 Jahre zurück, gehört aber zu den eindrücklichen und prägenden Erinnerungen meines Theologiestudiums. Mit Prof. Wolfgang Kabus hatten wir einen außergewöhnlichen Kantor.

Welche Rolle spielt Musik in Ihrer Familie?

Mein Sohn spielt Klavier als Hobbymusiker zur Freude des jeweiligen Publikums, meine Tochter hat ein Diplom in klassischem Gesang. Ich konsumiere sehr viel Musik. Wegen meiner Erbauung hat mir meine Frau zum Ausscheiden aus dem Landtag ein Digital-Piano geschenkt.



Welche Erfolge konnte der Landesmusikrat in den letzten Jahren verzeichnen?

Das Jugendmusikfest ist ein dauernder Erfolg. Es ist einmalig in Deutschland, über ein ganzes Bundesland hin musizieren Kinder und Jugendliche vor allem für und mit ihren Altersgefährten. Mit dem „Tag des Singens“ gelang es uns, in den KiTas und Grundschulen Sachsen-Anhalts das Singen in den Mittelpunkt zu stellen. Im jedem Frühjahr veranstaltet der Landesmusikrat gemeinsam mit der Stadt und dem Städtebundtheater Halberstadt einen Kompositionswettbewerb (Orchestermusik) für Schüler und Studenten, der in Deutschland eine genauso einmalige Kreativschule ist. Auf das ganze Land bezogen, erwirkte der Landesmusikrat den Konsens aller an der Regierung beteiligten Parteien, den Kulturetat des Landes auf wenigstens 100 Mio € anzuheben.

Was sind die Herausforderungen, denen sich der Landesmusikrat in den nächsten Jahren stellen muss?

Der Landesmusikrat wird seine Aufgaben als Dachverband der Musik in Sachsen-Anhalt auch weiterhin wahrnehmen. Mit vielen anderen Akteuren wollen wir das Musik- und Musikerland voranbringen, um das Image Sachsen-Anhalts positiv zu besetzen. Weil alle Musik mit der Ausbildung in Kindheit und Jugend beginnt, sind die Themen Musikbildung und Musiklehrerausbildung auch für die Zukunft besondere Herausforderungen. Der Wettbewerb "Jugend musiziert“ braucht immer wieder Nachwuchs. Im Jahr 2019 soll der Bundeswettbewerb in Halle (Saale) stattfinden. Der Landesmusikrat strebt Vereinfachungen in der Förderpraxis des Landes für die Kulturvereine an. Diese Stärkung der Rechtssicherheit für die vielen ehrenamtlichen Vereinsvorstände ist lebenswichtig für sie.

Warum ist musikalische Bildung wichtig für Kinder und Jugendliche?

Im Reformationsjahr sei es erlaubt, Dr. Martin Luther zu zitieren: „Ich wünschte gewiss von Herzen, dass jeder die göttliche und vortreffliche Gabe der Musik lobte und priese. Ich werde von der Menge und Größe ihrer guten Eigenschaften so überschüttet, dass ich weder Anfang, Ende, noch Maß meiner Rede finden kann.“ Muss man das ergänzen? Vielleicht mit Luther: „Einst war die Musik heilig und göttlich. Im Laufe der Zeit aber geriet sie in den Dienst des Prunks und der Begierde.“ Dazwischen muss alle Kunst, auch die Musik, ihren Weg finden. Die Musik ist geeignet, Geist und Seele zu entwickeln. Das kann individuell, aber auch in Gemeinschaft geschehen.

Das Jugendmusikfest ist ein jährlicher Höhepunkt im Kulturprogramm des Landes Sachsen-Anhalt. Welches sind die Höhepunkte in diesem Jahr?

Das 22. Jugendmusikfest ist gepflastert mit Höhepunkten. Die Mischung von Kindern, Jugendlichen und Berufsmusikern bis zum 26. Lebensjahr, die geografische Verteilung über das ganze Land suchen in Deutschland ihresgleichen. Damit, dass sich im ganzen Land Kulturvereine und Gemeinderäte einbringen, wird das Jugendmusikfest von vielen Schultern getragen. Allen diesen zumeist ehrenamtlich arbeitenden Partnern sind wir zutiefst dankbar. Die Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch hat dankenswerterweise die Schirmherrschaft übernommen. Der Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf der Workshop-Arbeit zu unterschiedlichen Themen, von Chormusik über Rockbands, Streichorchester bis hin zum Jazz. Besonders hervorheben möchte ich die gute Zusammenarbeit mit Jeunesses Musicales Poland, die sich in drei Konzerten junger polnischer und deutscher MusikerInnen zeigen wird. Der Tag des Singens am letzten Schultag vor dem 3. Oktober wird wieder ein besonderer Höhepunkt sein.

Welche Veranstaltungen werden Sie sich anschauen?

Vier sind schon in meinem Kalender festgehalten: Das Eröffnungskonzert „Ein Chor für alle!“ in der Ulrichkirche zu Halle (Saale), das Streichorchesterkonzert „Die vier Jahreszeiten“ mit Schülern der Latina und Musikern des Lutosławski Youth Orchestra Poland im Magdeburger Gesellschaftshaus, die Big Band Night im Magdeburger Moritzhof und das Abschlusskonzert des Workshops für Big Bands und Jazzmusiker in Blankenburg/Kloster Michaelstein. Es können noch weitere dazukommen.

Vielen Dank für das Interview.