Wir haben viel gefeiert - Klaus Eberhartinger, Sänger der EAV

Er ist einer beliebtesten Moderatoren in Österreich, manchen ist er als Märchenprinz oder auch als Ba Ba Ba Bankräuber ein Begriff. Die Rede ist von Klaus Eberhartinger, dem Sänger der Ersten Allgemeinen Verunsicherung (EAV). Nachdem es einige Jahre recht still um die Comic-Satire-Band war, sind sie seit einigen Jahren wieder sehr erfolgreich und spielen inzwischen wieder vor 30.000 Leuten auf großen Open-Air-Festivals. Im März 2010 waren sie in Halle und Kulturfalterredakteur Martin Große sprach mit dem Sänger der EAV – Klaus Eberhartinger.

Kuturfalter: Was kennen Sie von Halle?

Klaus Eberhartinger: Ich kenne Halle nicht wirklich, denn ich kann mich schon immer nur schlecht an Tourstädte erinnern. Auf Tour gehe ich kaum raus aus dem Hotel und bewege mich meist immer nur in einem Radius von 500 Metern um das Hotel.Was sollte man denn kennen von Halle?

Viele verbinden Rotkäppchen, Hallorenkugeln und Salz mit Halle.

Oh Rotkäppchen kenne ich, der ist besser geworden, aber das ist nicht meiner. (lacht)



    Sie waren schon zu DDR-Zeiten in Halle und haben damals zweimal hintereinander in der Eissporthalle gespielt – Können Sie sich noch an diese Auftritte erinnern?

    An die einzelnen Auftritte kann ich mich nicht erinnern, aber die Tour war sehr lustig und interessant. Wir waren permanent von Blauhemden umgeben und haben eine Weile gebraucht zu verstehen, dass die wirkliche eine Paranoia haben. Aber die Konzerte waren wirklich gut. Von den Städten haben wir nicht viel mitbekommen. Wir sind glaube ich in fünf Städten aufgetreten und die Leute haben viel mit uns gefeiert, was zu unheimlichen Ausfällen in diversen Musikergehirnen geführt hat. 

    Wie war es Ihnen möglich, mit den Leuten nach dem Konzert in Kontakt zu kommen?

    Wir sind eingeladen worden, entweder an einem Imbiss oder in den Bars. Doch wir sind ständig bespitzelt worden. Die Leute meinten, dass wir von der Stasi umgeben waren, dass es nur so raucht. Wir haben uns daraufhin genau umgeschaut und dann ist uns aufgefallen, dass einige besonders nett waren oder einige absolut unauffällig. Ich bin auch einmal mit einem unheimlich netten Mädel nach Hause gegangen und wir mussten wegen der Stasi enorme Umwege gehen. Es war eine absolut neue Erfahrung für uns. Ich erinnere mich auch noch an den Grenzübergang auf der Rückfahrt in die Bundesrepublik. Wir waren sehr spät dran und mussten nach Hamburg und sind zu einem eigentlich geschlossenen Grenzübergang, an welchem wir das Equipment zu Fuß über die Grenze tragen mussten. Auf der anderen Seite hat dann noch im Sperrgebiet ein Bus auf uns warten dürfen.

    War es in Ihrem Fall schwer in der DDR aufzutreten?

    Das war nicht schwierig. Wir wurden von einem Kulturverein eingeladen und das war eigentlich alles ganz problemlos. Finanziell war es völlig uninteressant für uns, aber das war uns egal. Wir wollten diese Tour unbedingt machen. Interessant war auch, dass der Staat ganz zaghaft Wünsche geäußert hat, dass wir dies und jenes nicht spielen und sagen sollten, aber das war uns egal. Ich weiß nicht mehr, worum es sich handelte, aber wir haben keine Kompromisse gemacht und unser ganz normales Programm gespielt.

    "Zurück in die Zukunft" – die neue Platte klingt recht bissig. Einige Texte sind medienkritisch und richten sich gegen die allgemeine Fernsehverblödung. Was erwarten Sie für Reaktionen oder laufen Sie nach so langer Zeit im Geschäft außer der Reihe der Kritik?

    Außer der Reihe steht man in der Kritik nie. Wenn man dann ein Werk gemacht hat, ist man gespannt darauf, aber man macht es nicht für die Kritiker, und wenn diese einen kritisieren, dann hat man es richtig gemacht, so wie Rammstein es gemacht hat – eine Burneraffäre, ein Bärengag und sehr positiv. 



    Sind die Reaktionen auf Ihre Texte und Platten in Österreich anders als in Deutschland?

    Nein, die Reaktionen unterscheiden sich nicht so sehr. Es sind überall dieselben unterschiedlichen Blickwinkel. Leute, die Schlager hören wollen, werden damit nicht soviel anfangen können, und das ist überall ähnlich. 

    Wenn man in Österreich ist oder Österreicher kennt, fällt auf, dass die Österreicher erstaunlich viel am medialen Leben in Deutschland teilhaben, dennoch witzelt man ein wenig über den Piefke aus dem Norden – wie nah sind sich Piefkes und Ösis?

    Durch die Verkabelung und Satelliten ist das deutsche Fernsehen schon sehr nah und zappen ist ja Kulturgut. Ich liebe zum Beispiel die Sendung Stromberg. Naja und mit den Piefkes und Ösis – das kommt von früher her, aber das ist heute anders. Früher waren die Piefkes die großkotzigen reicheren großen Brüder aus dem Norden und wir die kleinen Verwandten im Süden, die immer auf den Tourismus angewiesen waren. Wegen des Geldes haben wir früher eine gewisse Unterwürfigkeit entwickelt, aber das hat sich zum Glück  ausgeglichen. Den deutschen Großindustriellen, der alles kauft, gibt es nicht mehr und inzwischen gibt es die besseren Jobverhältnisse bei uns. Gerade im Hotelgewerbe sind unglaublich viele Deutsche in Österreich beschäftigt. Inzwischen ist es eher ein Nord-Süd-Gefälle. Die humorlosen Brüder aus dem Norden sind ja die Bayern, die sind gemütlicher, langsamer und konservativer. Da sitzt der König Ludwig in jedem zweiten Genick. So präsent ist der Kaiser bei uns nicht mehr. Wir haben uns, je weiter man in den Süden kommt, eher bei den Italienern angesteckt, aber generell ist dies etwas für Klischeereiter und nicht so mein Ding. Ihr habt halt die Ossis und Wessis und Sachsen, und wir die Burgenländler, die Tiroler und Wiener. 

    Hat sich im Laufe der Zeit Ihr Publikum verändert?

    Wir sind älter geworden und das Besondere ist, dass in den letzten Jahren das Publikum jünger geworden ist. Seit der Platte „100 Jahre EAV“ ist das zu beobachten. Wir spielen einen Großteil der Konzerte in Deutschland und sind kritischer, ernster und auch bösartiger geworden. Die Show ist nicht so sehr an alten Sachen aufgebaut, sondern die neue Sachen dominieren. Es ist kein „Best of“ Programm. 

    Was hätten Sie ohne die EAV gemacht?

    Damals habe ich Soziologie studiert und wäre nach meiner Dissertation sicher im Therapiebereich gelandet. Aber alles wäre möglich gewesen. Ich war immer politisch und mich hätte es irgendwohin gezogen, doch die Leidenschaft für Medizin hätte und habe ich mir bewahrt. 

    Gibt es etwas, was Sie gern machen möchten, aber noch nie getan haben?

    Eine richtig gute Talkshow.

    Und wie müsste diese aussehen?

    Sie müsste unterhaltsam sein, aber es müsste wirklich gute Unterhaltung sein, nicht so etwas Unsägliches, ob die Freundin einen mit dem Hund betrogen hat. Keine Realityshow, sondern wirkliche Realität. Es gibt auf der Welt genügend Realität und Katastrophen. Tägliche Katastrophen, auf die keiner hinschaut. Mir schwebt etwas vor, wie es Oprah Winfrey macht in ihrer Show. Äußerlich sind es seichtere Themen in ihrer Show, aber schnell kommt sie von denen zu tiefgründigen und ernsteren Themen und trotzdem ist es Unterhaltung – gute Unterhaltung.

    Herr Eberhartinger, vielen Dank für das Gespräch!

    (Martin Große, Kulturfalter 01.03.2010)